Unglück in Höxteraner Kaserne: Der Schreck sitzt tief

Höxter. Auch am Tag nach dem Unglück mit 17 Verletzten beim Übergabe-Appell in der Höxteraner Kaserne ist der scheidende Kommandeur Michael Gorzolka noch sichtlich gezeichnet von dem, was sich unter seiner Verantwortung ereignet hat: Mitten in seiner Rede ging ein heftiger Gewitterschauer nieder, eine ungewöhnlich starke Windböe erfasste frontal das Festzelt, das auseinandergefetzt wurde und zusammenbrach.

Auch mit etwas Abstand ringt Gorzolka um die richtigen Worte. Wiederholt immer wieder die Dankbarkeit darüber, dass keiner der Ehrengäste und Soldaten sehr schwer verletzt worden war – auch wenn vier immer noch in Krankenhäusern versorgt werden müssen.

Tatsächlich wird mit etwas Distanz immer klarer, wie viel Glück alle Beteiligten hatten, zu denen auch ich als Reporter und Fotograf gehöre, der mit einer gut schmerzenden Prellung davonkam.

Das Unglück war nicht vorhersehbar. Zwar hatten wir Medienkollegen noch zu Beginn des Appells einen Blick aufs Wetterradar geworfen und wegen des lilafarbenen Regenbandes genervt reagiert, weil verregnete Bilder selten gut wirken. Doch der Starkregen war außergewöhnlich heftig. Ebenso wie die unerwartete frontale Windböe.

In wenigen Sekunden lag das Zelt in Trümmern Zuerst riss sich die Zeltplane los, dann hob der Boden ab, Eisenstangen flogen umher. Menschen wurden getroffen, versuchten, vor dem Chaos in die umstehenden Hallen zu fliehen. In wenigen Sekunden lag das Zelt in Trümmern. Ein Film, der vor dem inneren Auge immer wieder abläuft, gerade, wenn man mit besagtem Abstand etwas zur Ruhe kommt.

Er ist an dieser Stelle aber nicht zu Ende. Denn schon in den Sekunden des Unglücks beginnen die herbeigeeilten Bundeswehrsoldaten, die Lage zu kontrollieren. Einige halten die Reste des Gestänges fest, damit es keinen Schaden mehr anrichten kann, andere beginnen, die Verletzten zu versorgen. Waffen, die zu Dekorationszwecken auf dem Appellplatz aufgestellt waren und weggeflogen sind, werden gesucht – und schnell gefunden.

Weil ich niemandem helfen kann, beginne ich – natürlich unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte und der Verhältnismäßigkeit – erste Bilder zu machen. Zwar ist vom ersten Augenblick an klar, dass dies ein Vorfall größerer Tragweite ist. Die Schmerzen und das ganze Ausmaß werden erst deutlich später spürbar. Ebenso fehlt in diesen Minuten noch der notwendige journalistische Abstand – wie auch, wenn man Teil des Geschehens ist?

Schnelle Erleichterung: Keine Schwerstverletzte oder Tote Viele Rettungswagen, Notärzte, Feuerwehr und ein Rettungshubschrauber sind binnen kurzer Zeit vor Ort. Die Bundeswehr hat längst zu gewohnter Ordnung gefunden, Befehle werden gerufen, Aufgaben verteilt. Hier zeigt sich, wie gut die Truppe in der Krise funktioniert. &bdquo;Bundeswehr at its best“, wird Kommandeur Gorzolka seine Soldaten später loben.

Erleichterung macht schnell die Runde, weil offenbar keine Schwerstverletzten oder gar Tote zu beklagen sind. Bei der Wucht, mit der das Zelt zusammenstürzte, darf man das durchaus Glück nennen. Spätabends, nachdem alles geschrieben und gesagt ist, schaue ich mir auf dem Sofa noch mal das Video unseres Mitarbeiters an, der direkt neben mir stand. Es beeindruckt und entsetzt mich. Der Film im Kopf ist real.

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