Einflussreicher Salafist aus NRW soll Fans betrogen haben

Bielefeld/Düsseldorf. Gepflegter Bart, lässige Designer-Klamotten, am Arm eine dicke Uhr. Dehran A. alias Abdelhamid gibt sich in sozialen Medien oder bei seinen Vorträgen modern. Was der 33-Jährige dabei verbreitet, ist das komplette Gegenteil. Der Prediger wird als Salafist eingestuft – also als Anhänger einer extremistischen Strömung des Islams. In der Szene hat er es zum Star geschafft und enormen Einfluss auf junge Menschen. Doch jetzt bröckelt sein Ansehen: Der Salafist soll Spenden veruntreut haben.

So sehen es zumindest die Polizei und die Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz haben Dehran A. schon länger im Visier, seit 2018 ist er dort bekannt. Mit seinem &bdquo;extremistisch-salafistischen Islamverständnis“, wie es in einem internen Polizeidokument heißt, spräche er vor allem Jugendliche und junge Erwachsene an. Bereits seit Mitte 2022 gilt er als sogenannte &bdquo;Relevante Person“ - als jemand, der eine besondere Rolle in der extremistischen Szene einnimmt oder sogar schwere politisch motivierte Straftaten unterstützen könnte.

Abdelhamid gibt sich derweil stets harmlos. In sozialen Medien präsentiert er sich als Helfer und ruft immer wieder zu Spendenaktionen auf. Mal unterstützt er Sammelaktionen von Moscheevereinen. Mal sammelt er selbst Spenden. Dies, so die Behörden, tat er mindestens seit etwa 2021 in 19 Fällen. Zielkonten seien dabei das eigene oder Konten seiner Schwester oder Frau. Im Rahmen von Finanzermittlungen haben Polizei und Staatsanwaltschaft nun festgestellt, dass die eingehenden Zahlungen durch Dehran A. entweder in bar abgehoben oder für die Finanzierung seines eigenen Lebensunterhaltes verwendet worden sein sollen. Am Mittwoch schlug die Polizei bei dem Prediger in Düsseldorf zu – Festnahme.

Abdelhamid trat bereits in OWL auf Die Staatsanwaltschaft geht von einem Schaden von mehr als 350.000 Euro aus. Die Polizisten stellten bei ihm mehrere Tausend Euro Bargeld, mehrere Rolex-Uhren und einen Mercedes-AMG sicher – Ausdruck seines luxuriösen Lebensstils.

Schon im April 2023 gab es eine Durchsuchung bei dem Salafisten, es ging ebenfalls um unterschlagene Spendengelder. Auch damals wurden zwei hochwertige Autos sichergestellt. Doch offenbar, so die Staatsanwaltschaft, ließ sich Abdelhamid davon nicht beeinflussen – und sammelte weiter Spenden. Eine Bitte um Rückruf ließ der Anwalt von Dehran A. bisher unbeantwortet.

In Ostwestfalen-Lippe ist er, der nach Informationen dieser Redaktion gebürtig aus Lippstadt stammt und nordmazedonische Wurzeln haben soll, kein Unbekannter. Vor gut einem Jahr machte diese Redaktion einen Vortrag von Abdelhamid in einer Herforder Moschee öffentlich, die vom Verfassungsschutz ebenfalls der Salafisten-Szene zugerechnet wird.

Salafisten-Szene im Wandel - Abdelhamid ein Vorreiter Schon damals zeigte sich, welchen Einfluss der Prediger auf Jugendliche hat: Eine dreistellige Zahl von Besuchern kam in die Moschee, vor allem junge Menschen. Videos zeigen, dass in der Einrichtung kaum noch Platz war.

Dehran A. hat es mit seinem Alias Abdelhamid zu enormer Prominenz geschafft. In sozialen Medien folgen ihm Hunderttausende. Bei anderen Auftritten erreichte er schon eine vierstellige Besucherzahl. Für Verfassungsschützer dürfte A. eine Art Sinnbild für den Wandel der Szene sein. Statt in traditionellen Gewändern geben sich einige Salafisten-Prediger inzwischen als &bdquo;Influencer“, wie sie wohl jeder junge Mensch durch soziale Medien kennt. &bdquo;Sie nutzen eine einfache Sprache, kokettieren mit einem Gangster-Image, das in Sprache und Erscheinungsbild der Gangster-Rap-Kultur ähnelt“, berichtet der NRW-Verfassungsschutz. Dabei halten sie sich nicht ausschließlich an islamische Regeln.

Wollte der Salafist nach Dubai ziehen? &bdquo;Insbesondere jüngere Menschen sind in Teilen von den propagierten Rollenbildern fasziniert und können hierüber Zugang zum extremistischen Salafismus finden“, warnt der Nachrichtendienst. &bdquo;Dieser stellt immer weniger Ansprüche, wird immer stärker vereinfacht und wurde damit einem breiteren Publikum zugänglich.“ Abdelhamid, der Anfang des Jahres ein Waffenverbot erhielt, wird in diesen Entwicklungen immer wieder als Erster genannt.

Die Islamismus-Bloggerin Sigrid Herrmann beobachtet das Treiben schon lange. &bdquo;Die Kunstfigur Abdelhamid ist sozusagen der große Bruder, der Fragen zur Religion klärt. Das Rezept seines Erfolges dürfte sein, dass er menschlich, nahbar wirkte und auf Deutsch predigte“, sagt sie. &bdquo;Dass knallharte Regeln vermittelt wurden, war da dann nicht mehr relevant: Der sympathische Bruder zeigt den Weg, wie man eine gute Muslima, ein guter Muslim wird.“

Mit ihrer Festnahme sind die Behörden dem Prediger offenbar zuvorgekommen. Denn, so heißt es in geheimen Berichten, gibt es Hinweise, dass Abdelhamid bald nach Dubai ausreisen wollte. Dort habe er mindestens einen Großteil seines Lebens verbringen wollen. Der Verdacht von Staatsschützern: Er habe sich Überwachungsmaßnahmen entziehen wollen.

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