Kriminelle und Extremisten in Sicherheitsbranche: OWL-Experte schlägt Alarm

Bielefeld. Der Bedarf in der Sicherheitsbranche ist groß: Nachtleben, Objektschutz, Veranstaltungen oder Flüchtlingsunterkünfte. Überall werden fähige Security-Mitarbeiter gesucht. Doch Recherchen zeigen immer wieder, dass das Sicherheitsgewerbe auch viele Personen mit einem problematischen Hintergrund anlockt – zum Beispiel Kriminelle, Rocker, Clan-Mitglieder oder Extremisten.

Die Sicherheitsbehörden beobachten diese Tendenz schon länger. Dem Landeskriminalamt NRW (LKA) sind Personen aus dem Rocker- und Clanmilieu und anderen kriminellen Gruppierungen bekannt, die im Sicherheitsgewerbe tätig sind. Oftmals arbeiten sie an prägnanten Stellen, zum Beispiel als Türsteher. In der Vergangenheit sorgten auch Personen aus dem extremistischen Spektrum für Schlagzeilen, beispielsweise Rechtsextreme, die Flüchtlingsunterkünfte sichern.

In Ostwestfalen gibt und gab es Verbindungen zwischen Sicherheitsbranche und der Rocker-Szene. Hier waren Mitglieder beispielsweise für die Sicherheit im Rotlichtmilieu zuständig. Ein besonderes Beispiel ist bereits einige Jahre her: Mitglieder eines Rocker-Clubs aus Lippe, die teils klare Bezüge zum Rechtsextremismus aufweisen, waren als Türsteher einer großen Bielefelder Diskothek tätig.

Salafisten waren in Paderborner Stadion tätig Doch auch Anhänger andere Szenen haben in der Branche Fuß gefasst. Vor Jahren beispielsweise sorgten zwei tschetschenische Salafisten aus Paderborn für Schlagzeilen, die unter anderem beim SC Paderborn als Ordner tätig waren. In NRW sind dieser Redaktion mehrere Personen aus dem salafistischen Spektrum bekannt, die laut eigenen Angaben bei Sicherheitsunternehmen tätig sind oder waren.

Kai Deliomini kennt Beispiele wie diese. Er ist Geschäftsführer des Bielefelder Sicherheitsunternehmens BeSure und seit Jahren auf die Ausbildung von Personal für die Branche spezialisiert. Er beobachtet, dass die Ansprüche an die Sicherheitsbranche immer größer werden und sich das Tätigkeitsfeld immer mehr erweitert. &bdquo;Mittlerweile sind wir oft genug auch für öffentliche Sicherheit zuständig, zum Beispiel auf Weihnachtsmärkten oder in Einkaufszentren, statt nur im privaten Bereich, wie bei Unternehmen“, erklärt er.

Kriminelle dürften nicht in Sicherheitsbranche arbeiten Dass auch Kriminelle in der Branche tätig sind, dürfte es laut Deliomini eigentlich nicht geben. Immerhin müssen Sicherheitskräfte bei der Anmeldung durch die Arbeitgeber unter anderem auf Zuverlässigkeit geprüft werden, beispielsweise durch polizeiliche Führungszeugnisse und eine Überprüfung und Genehmigung durch das Bewacherregister. &bdquo;Mehrfach Vorbestrafte dürfen nicht in der Branche arbeiten“, sagt er. Auch der Verfassungsschutz liefert mögliche Erkenntnisse über rechtsradikale, islamistische oder sonstige extremistische Bestrebungen der Anwerber, berichtet eine Sprecherin des Nachrichtendienstes in NRW.

Deliomini weiß aber auch: An die geltenden Vorgaben halten sich nicht alle Unternehmen. &bdquo;Es gibt immer schwarze Schafe unter den Sicherheitsbetrieben“, sagt er. Er sieht die Verantwortung jedoch auch bei anderen. &bdquo;Auch die Auftraggeber können verhindern, dass Kriminelle oder Extremisten hier tätig sind. Denn sie können sich Auskünfte über die Leute einholen, die für sie arbeiten sollen“, erklärt Deliomini. Und auch der Staat sei in der Pflicht. &bdquo;Eigentlich müssten die Behörden kontrollieren, wer bei den Sicherheitsunternehmen tätig ist. Tun sie aber nicht oder nur in absoluten Ausnahmefällen.“ Er betont: &bdquo;Die Unternehmen, die sich nicht an die Regeln halten und trotzdem Kriminelle oder Extremisten beschäftigen, werden nicht erwischt.“

LKA warnt vor Rockern oder Clans in der Branche Dabei sehen Sicherheitsbehörden ein erhebliches Risiko. &bdquo;Durch Aktivitäten krimineller Milieus im Bereich des Sicherheitsgewerbes kann dessen eigentliche Zielrichtung ins Gegenteil verkehrt werden. Beispielhaft sei hier eine Tätigkeit im Bereich der Türsteherszene genannt, da dieser bei Missbrauch seiner Tätigkeit den Drogenhandel in einem Objekt kontrollieren kann“, sagt ein LKA-Sprecher. &bdquo;Auch verfügen Mitarbeitende im Sicherheitsgewerbe oft über sensible Informationen, die in den falschen Händen für kriminelle Zwecke genutzt werden könnte.“ Als Beispiel nennt er Einbruchskriminalität.

In der Türsteherszene sind die Verbindungen zu Rockern und Clans oft ersichtlich. Erich Rettinghaus, NRW-Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, berichtet, gerade das Türstehergeschäft sei ein profitables Feld für kriminelle Gruppen. Und: &bdquo;Oft werden solche Personen bei den Diskotheken direkt angestellt, dadurch gelten andere Voraussetzungen für sie. Darüber hinaus muss die Anstellung vonseiten der Disco-Betreiber nicht immer ganz freiwillig sein“, sagt er. Möglich, dass Rocker oder Clans Druck ausübten, um &bdquo;die Türen“ zu übernehmen.

Wie Arminia Bielefeld vorgeht Die Zuverlässigkeit von Sicherheitspersonal ist auch in anderen Bereichen ein kritisches Thema, so bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen. Arminia Bielefeld beschäftigt bei Heimspielen einen Großteil des Personals selbst, berichtet ein Sprecher. Ein anderer Teil, der bei den Auswärtsfans für Sicherheit sorgt, seien externe Anbieter.

Ein Vereinssprecher berichtet, grundsätzlich könne jede Person im Ordnungsdienst im Stadion eingestellt werden – sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfülle, wie unter anderem Zuverlässigkeit, die durch ein Führungszeugnis geprüft wird. Erkenntnisse von Verfassungsschutzbehörden fließen hier offenbar nicht mit ein. Zudem durchlaufen die potenziellen Kandidaten das vereinseigene Ausbildungsteam, werden sorgfältig geprüft.

Laut Deliomini leide die Branche generell an einem Personalmangel. &bdquo;Personen für die Branche zu gewinnen, wird nicht unbedingt einfacher“, sagt er. Vielleicht sei das auch einer der Gründe, wieso sich die &bdquo;schwarzen Schafe“ der Branche nicht an die Regeln halten.

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