Betrug beim „Idiotentest“? Ermittlungen gegen MPU-Berater aus OWL

Bielefeld/Herford. Die Sicherheitsbehörden aus OWL ermitteln gegen ein Netzwerk, das Hunderten Verkehrssündern unter anderem durch falsche Zeugnisse ihre Führerscheine wiederbeschafft haben soll. Im Fokus der Wirtschaftsermittler stehen eine Fahrschule aus dem Kreis Herford sowie mehrere Personen, darunter auch Mediziner. Was steckt hinter den Vorwürfen rund um den Betrug bei Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen, kurz MPU?

Juli dieses Jahres: Ermittler durchsuchen im Auftrag der Bielefelder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität die Räume einer Fahrschule im Kreis Herford. Auch Mediziner und Psychiater besucht die Polizei an diesem Tag. Insgesamt geht es um 17 Objekte in NRW und Niedersachsen. Ein Fahrlehrer aus dem Kreis Herford soll den Personenkreis für sein kriminelles Geschäft um sich geschart haben. Die Staatsanwaltschaft führt das Verfahren unter anderem wegen Steuerhinterziehung und Herstellung falscher Gesundheitszeugnisse.

Nach Ansicht der Ermittler lief die Masche nach einem klaren Muster ab: Verkehrssünder, die ihren Führerschein verloren hatten und diesen nur durch eine erfolgreiche MPU zurückbekommen konnten, sollen zur Vorbereitung in die Fahrschule gekommen sein. Bis zu mehreren Tausend Euro sollen die Kunden gezahlt haben – dafür, dass das Netzwerk falsche Zeugnisse ausgestellt oder die Personen genauestens gebrieft habe, was sie zu sagen haben.

Fremdhaare für Alkohol- und Drogentests besorgt? Sogar Haare von Unbeteiligten soll ein Mann für die Kunden organisiert haben – in passender Farbe. Mit Haarproben müssen die Verkehrssünder nachweisen, dass sie keine Drogen nehmen. Eine Medizinerin aus OWL soll die Fremdhaare unter Angabe falscher Tatsachen in ein Labor im Kreis Lippe geschickt haben, wo das Wunschergebnis bescheinigt wurde: keine Hinweise auf Drogenkonsum oder Alkoholgenuss. Das Labor wusste von den falschen Angaben der Ärztin nichts.

Zudem soll es einen Anfangsverdacht gegen einzelne Personen geben, die negative Corona-Testergebnisse gefälscht haben sollen. Weitere Ermittlungen laufen wegen möglichen Betrugs im Zusammenhang mit Bildungsgutscheinen, um bestimmte Führerscheinklassen zu erlangen. Auch ärztliche Untersuchungen und Begutachtungen für die Erteilung oder Verlängerung von Fahrerlaubnissen könnten manipuliert worden sein.

Gruppe könnte Millionen-Summe eingenommen haben Laut aktuellem Stand der Ermittlungen soll das Netzwerk mehr als 200 Kunden betreut haben. Die Einnahmen könnten im sechs- oder gar siebenstelligen Bereich liegen. Die Polizei stellte bei den Durchsuchungen Bargeld, Dokumente und Datenträger sicher. Die Auswertung läuft noch. Für alle Beteiligten, so betont ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, gilt die gesetzliche Unschuldsvermutung. Weitere Angaben zu dem Verfahren wollte er nicht machen.

Der beschuldigte Fahrlehrer aus dem Kreis Herford äußerte sich am Telefon nicht. Erst stritt er ab, etwas von den Ermittlungen gegen ihn gewusst zu haben. Später betonte er, nicht über &bdquo;die Sache“ sprechen zu wollen.

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Anfang des Jahres beschäftigten sich Experten aus Justiz und Medizin beim Deutschen Verkehrsgerichtstag mit dem möglichen Betrug bei MPU-Beratungen. Der Arbeitskreis, so heißt es in einem Schreiben an die Politik, beobachte solche Straftaten zunehmend. Diese müssten &bdquo;mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln des Strafrechts bekämpft werden“.

Ein Verkehrsjurist, der anonym bleiben möchte, berichtet: &bdquo;Um als MPU-Berater tätig zu werden, braucht es nur eine kurze Weiterbildung. Das kann ein Einfallstor für Personen sein, die das schnelle Geld wittern und dabei auch vor dubiosen Mitteln nicht zurückschrecken.“

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