„Ich bin gekränkt“: Behörden verweigern Gütersloher den Familienbesuch aus der Türkei

Gütersloh. &bdquo;Ich bin gekränkt. Und ich frage mich die ganze Zeit, was habe ich falsch gemacht?“ Kemal Budak ist enttäuscht. Der 55-Jährige hatte seine in der Türkei lebende Nichte auf einen Besuch nach Gütersloh eingeladen. Doch die Behörden habe der 23-jährigen Alisa Günes die Einreise verweigert und das beantragte Visum abgelehnt.

&bdquo;Sie sollte zur Hochzeit einer anderen Nichte kommen“, erzählt der Familienvater, der seit 35 Jahren in der Druckvorstufe bei Mohn Media beschäftigt ist. Um den Besuch, für den seine Nichte aus der Türkei ein Visum braucht, zu organisieren, hatte Kemal Budak sich an die Ausländerbehörde der Stadt Gütersloh gewandt.

&bdquo;Es hat Wochen gedauert, bis ich alle geforderten Unterlagen zusammen hatte, ich musste mehrere Lohnabrechnungen einreichen und habe hin und her telefoniert“, erzählt er. Er musste eine &bdquo;Verpflichtungserklärung“ abgeben.

Gütersloher Behörde erfährt nicht, was aus Visumsanträgen wird &bdquo; Generell gilt: Die sogenannte Verpflichtungserklärung muss vom Einladenden abgegeben werden, damit ein Gast über die deutsche Vertretung im Ausland ein Besuchsvisum beantragen kann. In ihr erklärt der Einladende, dass er alle Kosten des Lebensunterhalts des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit sowie der Ausreise übernehmen wird“, erläutert Monika Olszewski, Sprecherin der Stadt Gütersloh. Zu dem konkreten Fall von Kemal Budak darf sie aus Datenschutzgründen jedoch keine Stellung nehmen.

333 solcher Verpflichtungserklärungen bewilligte die Ausländerbehörde der Stadt Gütersloh im vergangenen Jahr, im Vorjahr waren es 460. Etwa 15 Prozent würden bereits im Vorfeld abgelehnt, weil beispielsweise die Voraussetzungen - passender Wohnraum und anderes - nicht gegeben seien.

Ob nach der Verpflichtungserklärung ein Visum bewilligt werde oder ob das Visum möglicherweise gar nicht mehr benötigt oder die Reise gar nicht angetreten werde, werde der Gütersloher Behörde nicht mitgeteilt, so die Stadtsprecherin.

So begründet die Behörde die Ablehnung des Visums Jedenfalls hielt der gebürtige Türke Kemal Budak, der seit 1995 einen deutschen Pass hat, im Herbst die beglaubigte Verpflichtungserklärung in der Hand und organisierte, dass diese ins deutsche Konsulat in der Türkei kam. &bdquo;Ich bin extra nach Hannover gefahren, um jemanden zu bitten, dass er die Unterlagen mitnimmt“, erzählt Kemal Budak. Er war guter Dinge, dass die Dinge nun ihren Lauf nehmen würden. &bdquo;Vor Jahren habe ich schon einmal eine Verwandte eingeladen, da war das mit dem Visum kein Problem“, sagt er.

Am 25. November erhielt seine Nichte dann jedoch ein Schreiben vom Generalkonsulat in Istanbul, dass sie kein Besuchsvisum bekomme. Begründung: &bdquo;Es bestehen begründete Zweifel an Ihrer Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten auszureisen.“

&bdquo;Was für ein Quatsch“, sagt Kemal Budak. &bdquo;Meine Nichte spricht kein Deutsch, hat ihre Arbeit in der Türkei und hat dort auch gerade erst geheiratet.“ Der Gütersloher versteht die Welt nicht mehr. &bdquo;Es wäre ja okay gewesen, wenn man mir vorher gesagt hätte, das wird nichts. Aber das ist jetzt doch nur eine Ausrede!“

Auswärtiges Amt verwahrt sich gegen gewisse Vorwürfe Allerdings, eine nähere Auskunft, wie die Behörde zu ihrem Urteil gekommen ist, bekommt er nicht. Er könne sich ja einen Anwalt nehmen und binnen eines Monats gegen die Entscheidung Widerspruch einlegen.

&bdquo;Wir bitten um Verständnis, dass wir uns aus Gründen des Schutzes der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht zu Visaeinzelfällen äußern können“, heißt es auf Nachfrage der Redaktion beim Auswärtigen Amt.

Dort verwahrte man sich auch gegen den Vorwurf, dass mit einer höheren Ablehnungsquote der Stimmung im Land Rechnung getragen werden könnte: So eine Vorgabe existiere nicht. &bdquo; Die wäre im Übrigen mit den geltenden rechtlichen Regelungen, wie dem Visakodex, nicht vereinbar. Es gibt keine Beschlüsse, die Visavergabe an türkische Staatsangehörige restriktiver zu handhaben“, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.

Stadt Gütersloh verweist an die deutsche Auslandsvertretung Türkische Staatsangehörige würden für die Einreise nach Deutschland ein Visum benötigen. &bdquo;Dies kann entweder ein Schengenvisum für kurzfristige Aufenthalte bis zu 90 Tagen oder ein nationales Visum für langfristige Aufenthalte sein“, erläutert das Auswärtige Amt.

Die Vergabe eines Schengenvisums richte sich nach dem Visakodex, der die schengen-einheitliche Rechtsgrundlage für die Prüfung von Schengenvisaanträgen und die Voraussetzungen für eine Visumserteilung darstelle. &bdquo;Diese rechtlichen Voraussetzungen müssen bei jedem Visumantrag erfüllt werden. Die Bearbeitung und Entscheidung eines Visumantrags erfolgt immer einzelfallabhängig.“

Auch bei der Stadt Gütersloh, an die sich Kemal Budak nach der Ablehnung noch einmal gewandt hatte, hieß es: &bdquo;Die Entscheidung über ein Visum obliegt der deutschen Auslandsvertretung.“

Ärger über Erreichbarkeit der Gütersloher Ausländerbehörde

Besonders verärgert ist der Deutsch-Türke auch über die aus seiner Sicht schlechte Erreichbarkeit der Ausländerbehörde in Gütersloh. &bdquo;Nur zwei Stunden am Dienstagvormittag - das lässt sich mit meiner Arbeit im Drei-Schicht-System kaum schaffen.“ Schließlich habe sogar seine Abteilungsleiterin, die von seinem Fall hörte, eine E-Mail an die Stadt geschrieben, um für ihren Mitarbeiter einen Kontakt zu erreichen - ergebnislos.“

Die Kritik der schlechten Erreichbarkeit will Claudia Wiegelmann, Leiterin des Fachbereichs Bürger- und Ausländerangelegenheiten, nicht auf sich sitzen lassen. Den Bürgerinnen und Bürgern würden verschiedene Möglichkeiten geboten, sich an die Ausländerbehörde zu wenden und verlässliche Auskunft zu erhalten.

Sie schreibt: &bdquo;Die jeweiligen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter sind unter anderem telefonisch entweder Dienstagmorgen oder Mittwochnachmittag erreichbar. Die Ausländerbehörde bietet alternative Zeitfenster am frühen Morgen oder am Nachmittag an, sodass insbesondere Berufstätige die Gelegenheit haben, während ihrer Pausenzeit anzurufen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine E-Mail mit Kontaktdaten und einem individuellen Rückmeldewunsch an die zuständige Sachbearbeitung zu senden – die entsprechenden Namen, Telefonnummern und Mailadressen sind dann meist bereits bekannt. Von dort erfolgt dann eine Rückmeldung per Telefon oder E-Mail.“

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