Zustellung mangelhaft: Bad Oeynhausener erstattet Anzeige gegen die Post

Bad Oeynhausen. Die papierlose Zukunft naht in Riesenschritten: Mit einem Fingerwisch wählen Menschen virtuell ihre Lebensabschnittsgefährten, es gibt elektrische Krankenakten und selbst vor Gericht rascheln Richter immer seltener mit Papier. Viele Behörden haben sogar ihre Faxgeräte abgeschafft, trotzdem verschicken sie einen Teil ihrer Korrespondenz weiterhin als Brief - mit der Post.

Ein gesetzlicher Betreuer aus Bad Oeynhausen bekommt täglich viele solcher Briefe von Amtsgerichten, Krankenkassen, Sozialämtern oder Rentenversicherungsträgern. Er ist für die Post seiner Klienten verantwortlich, weil Gerichte ihm diese Fürsorge aufgetragen haben. Da fällt es auf, wenn der Briefkasten leer bleibt. Tagelang hat der Betreuer gar keine Post bekommen - und dann alles auf einmal.

Die unzuverlässige Briefbeförderung ist für die Klienten des Betreuers aus Bad Oeynhausen ein Risiko. Zahlreiche dieser Briefe sind nämlich mit Fristen versehen. Nach eigener Auskunft konnte er nur noch gerade so die Fristen seiner Klienten einhalten oder eine Verlängerung herausholen, erzählt er im Gespräch mit der NW. Der Betreuer wohnt und arbeitet in einem Außenbezirk der Kurstadt. Seinen Namen möchte er zum Schutz seiner Schützlinge nicht öffentlich nennen; er ist der Redaktion bekannt.

Klecker-Zustellung ist ein Risiko für die Betreuten Briefe an seine Klienten sind nachweislich am 3. Januar verschickt worden, haben ihn aber Mitte Januar erreicht. Briefe von Mitte Januar landeten in einem Stapel von 33 Briefen Ende Januar in seinem Briefkasten. Zuvor entdeckte der Betreuer schon Anfang Dezember einen Stapel von 24 Sendungen in seinem Briefkasten, die offenbar mehrere Wochen unterwegs waren. Offenbar hat die Post zahlreiche Briefe an den gesetzlichen Betreuer ungeachtet der verpflichtenden Zustellungsquoten wochenlang gesammelt.

Der Betreuer erstattete Strafanzeige gegen die Post. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld bestätigt auf Nachfrage den Eingang dieser Anzeige vom 27. Januar. Nach Angaben von Pressedezernent Philipp Kalbertodt wirft der Betreuer der Post vor, dass die Postlaufzeit bis zu 14 Tage und teilweise sogar vier Wochen betragen habe. Die Staatsanwaltschaft ermittele derzeit in der Sache gegen Unbekannt, so Kalbertodt.

Die Deutsche Post bedauerte die Unregelmäßigkeiten auf Nachfrage der NW. Pressesprecher Rainer Ernzer erklärte die Verzögerungen mit hohen Krankenständen und einem erhöhten Sendungsaufkommen. Das habe zu Engpässen bei der Zustellung geführt, so Ernzer: &bdquo;Da kam eins zum anderen.“ In dem fraglichen Zeitraum sei eine Aushilfe eingesetzt worden, von dem sich die Post inzwischen getrennt habe: &bdquo;Das Personal ist nicht mehr bei uns.“ Die Laufwege der Briefe seien &bdquo;deutlich länger als gewünscht“, bestätigt der Post-Pressesprecher: &bdquo;Wir müssen uns für die schlechte Leistung bei den betroffenen Kunden entschuldigen.“

Post bittet um Entschuldigung Die Sache mit der Post hat den Betreuer viele Telefonate, E-Mails und damit ziemlich viel Arbeitszeit gekostet, die er nicht bezahlt bekommt. In einem Fall, berichtet er, wäre sein Schützling wegen der fehlenden Post fast von einem Tag auf den anderen ohne Sozialleistungen gewesen. Dem Betreuer blieben bloß 24 Stunden, um einen Folgeantrag fürs Wohngeld zu stellen. Hätte er diese Zeit verstreichen lassen, wäre der Anspruch seines Klienten auf das Geld erst einmal verwirkt gewesen. &bdquo;Das hat mit Ach und Krach geklappt“, berichtet er.

Der Betreuer ist für etwa 20 Menschen zuständig. Sie leben in Behinderten- und Pflegeeinrichtungen in der ganzen Region. Der Betreuer lebt und arbeitet aber in Rehme-Babbenhausen. Bis vor wenigen Monaten gabs keine Probleme mit der Post. Und eigentlich, das betont er im Gespräch mit der NW ausdrücklich, ist er mit der Arbeit seiner Zustellerin auch vollauf zufrieden. Die Probleme hätte erst begonnen, als diese Stammzustellerin nicht da war.

Normalerweise seien ein bis zwei Tage Zeit selbst bei erhöhtem Sendungsaufkommen für die Zustellung ausreichend, erläutert Ernzer. Zugleich wies er darauf hin, dass ein normaler Brief nicht an feste Laufzeiten gebunden sei. Wenn Behörden Post mit wichtigen Fristen verschicken, müssten sie den Brief so frankieren, dass die Zustellung garantiert werde. Als Beispiel nannte der Pressesprecher den Express-Brief. Wenn der die Adressaten nicht binnen der garantierten Frist erreiche, sei die Post regresspflichtig. Bei normalen Briefen jedoch nicht.

In Bad Oeynhausen arbeiten 16 Zusteller Die Probleme bei der Post-Zustellung haben nach Auskunft des Post-Pressesprechers nur einen Teil der Kunden in Bad Oeynhausen betroffen. &bdquo;Das ist wirklich sehr unglücklich gelaufen“, sagte Ernzer. Ein Briefzusteller trage jeden Tag zwischen 1.300 bis 1.500 Briefe aus. In Außenbezirken sei das wegen der längeren Strecken auch mal nur 800 Briefe, in einigen Außenbereichen womöglich sogar bloß 400.

Das Briefgeschäft schrumpft allerdings - wohl auch wegen der fortschreitenden Digitalisierung - seit Jahren. Das Paketgeschäft dagegen wachse stetig. Um die Sendungsmengen besser steuern zu können und die Arbeit für die Zusteller gleichmäßiger zu verteilen, habe die Post deshalb vom Gesetzgeber mehr zeitlichen Spielraum bei der Briefzustellung bekommen.

Für die Post in Bad Oeynhausen arbeiten derzeit 16 Zusteller, neun davon sind als Briefträger und sieben als Verbundzusteller auch mit Paketen unterwegs. Der Zuschnitt der Verteilbezirke verändere sich ständig. &bdquo;Wir passen die Bezirke regelmäßig an“, erklärte Ernzer. Ziel der Post ist es, die Verbundzustellung auszuweiten und damit das schrumpfende Briefgeschäft zu kompensieren.

Inzwischen bekommt der Betreuer die Post seiner Klienten wieder regelmäßig - und nicht in größeren Batzen auf einmal. Die Deutsche Post hat unterdessen angekündigt, bundesweit 8.000 Stellen zu streichen.

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