BMW-Diebstahl in Beverungen: Besitzer jagt Diebe mit Zweitwagen

Kreis Höxter/Beverungen. Das Auto parkte vor der Tür, war in Sicherheit, wie die arglosen Besitzer meinten. Doch mitten in der Nacht sprang der Motor des BMW X 1 eines Beverungers an - und rollte wenig später davon. Nur weil er vom Motorgeräusch wach wurde und sich mit dem Zweitwagen auf die Jagd nach den Autodieben begab, hat er seinen Wagen heute wieder. Die jungen Diebe mussten sich für die Tat jetzt vor der Jugendschöffenabteilung des Amtsgerichts Höxter verantworten.

Seit Jahren werden auch im Kreis Höxter immer wieder hochwertige Autos des Luxussegments mit einer bestimmten Methode gestohlen. Eigentlich sollen sogenannte Keyless-Go-Systeme den Fahrern das Leben erleichtern. Beim Keyless-Go-System reicht es, dass sich die Besitzer mit dem Schlüssel dem Fahrzeug annähern - schon geht die Tür auf. Diese praktische technische Spielerei haben sich Bartoz K. (20) und sein Kompagnon Franciszek P. (21; Namen geändert) zunutze gemacht.

In einem Wohngebiet in Beverungen hatten sie sich Ende Oktober laut der Anklageschrift von Staatsanwalt Henrik Dahnke zunächst erfolglos an einem Mercedes AMG versucht. Da der aber offenbar nicht über ein Keyless-Go-System verfügte, blieb ihr Versuch, ihn mit einem Funkstreckenverlängerungsgerät zu öffnen, erfolglos.

Womöglich hat sie das schnelle Geld in den Kreis Höxter gelockt Beide Angeklagten tragen kurze Haare, an den Seiten sind sie fast militärisch kurz geschoren. Franciszek P. hat einen trainierten Oberkörper, trägt ein graues Shirt. Bartoz K. ist dünn, sein jungenhaftes Gesicht trägt fast asketische Züge, der Rollkragen seines beigen Pullovers stößt an sein Kinn.

Es war wohl das schnelle Geld, das die beiden in den Kreis Höxter gelockt hat. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem bandenmäßigen Diebstahl vor. Rechtsanwalt Dariusz Balicki, einer der beiden Anwälte von Bartoz K., erklärt, sein Mandant sei unter dem Vorwand angeworben worden, ein Fahrzeug abzuholen. Dass sie dabei allerdings eine unerlaubte Öffnungsmethode benutzen sollten, habe der junge Mann wohl erst später erfahren.

Die Diebe haben die Rechnung ohne den Halter gemacht Nachdem der erste Diebstahlsversuch gescheitert war, machten sie sich weniger hundert Meter entfernt in der Nachbarschaft erneut an den Versuch, die Keyless-Technik auszutricksen. Bei einem BMW X1 (Wert 50.000 Euro) hatten sie Erfolg - allerdings hatten sie die Rechnung ohne den Halter gemacht. Nach der Öffnung setzten sich die beiden Männer hinter das Steuer - und fuhren los. Doch der Besitzer, der direkt im Haus nebenan schlief, wachte auf.

Der Mann bemerkte, dass sein Auto davonfuhr - stieg in den Zweitwagen und raste hinterher. Parallel griff er zum Telefon und rief die Polizei. &bdquo;Es war wie eine Übersprunghandlung“, sagt der Autobesitzer nach der Verhandlung im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“.

Eine wilde Verfolgungsjagd durch Beverungen Eigentlich wollten die beiden Männer den Wagen sofort nach Polen ausliefern - dass sie verfolgt wurden, merkten sie aber rasch. Sie verfranzten sich in Beverungen, landeten in einer Sackgasse. &bdquo;Der Wagen ist dann vor eine private Hausmauer gefahren, eine Person war flüchtig“, berichtet die Einsatzleiterin der Polizei als Zeugin vor Gericht. Schaden: 10.000 Euro.

Die Täter konnten zunächst flüchten, nachdem die Polizei einen Hubschrauber anforderte, machte dessen Wärmebildkamera die Flüchtigen rasch in einem Gebüsch an der Weser ausfindig. Beide wurden festgenommen. Bis zum Verhandlungstermin blieben sie in Untersuchungshaft in der JVA Herford.

Täter haben große kriminelle Energie aufgebracht Franciszek P. war bereits schon einmal vom Amtsgericht Köthen wegen Diebstahls eines BMW X5 rechtmäßig verurteilt worden. Bartoz K. entschuldigte sich persönlich bei dem Besitzer des BMW X1, auch sein Komplize räumte die Tat ein und bat um Vergebung. Die Angeklagten verstehen kein Deutsch, eine Dolmetscherin übersetzte alles, was Richterin und Staatsanwalt sagten, auf Polnisch.

Staatsanwalt Dahnke betonte die kriminelle Energie, die beide Täter aufgebracht hätten, um die Fahrzeuge öffnen zu können. &bdquo;Beide sind mit weiteren Personen im Höxteraner Land eingefallen und haben versucht, Pkw zu entwenden.“ Rechtsanwalt Thorsten Fust zielte darauf ab, dass sich durch wenige technische Veränderungen seitens der Hersteller verhindern ließe, dass Keyless-Go-Fahrzeuge so leicht ausgetrickst werden können, &bdquo;die machen es den Tätern sehr einfach“.

Zwei Todesfälle werfen Beschuldigten aus der Bahn Richterin Nicole Höhmann sah die Tat als erwiesen an - und verurteilte Franciszek P. (21) auch, weil er bereits in Köthen verurteilt worden ist, zu zwei Jahren auf Bewährung. Für ihn gilt das Erwachsenenstrafrecht. Bei Bartoz K. sieht sie, den Ausführungen der Jugendprozesshilfe folgend, eine Reifeverzögerung. Heißt: Für ihn wird noch das Jugendstrafrecht angewendet.

Als mildernd macht das Gericht für Bartoz K. geltend, dass er den Tod seiner Mutter und seiner Großmutter nicht verarbeitet habe - das habe ihn laut seines Verteidigers Balicki aus der Bahn geworfen und in die Hände der Diebstahlsbande getrieben.

Die beiden Beschuldigten werden aus der U-Haft entlassen Ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung verhängte sie gegen den 20-Jährigen. Zugleich hob sie den Haftbefehl gegen die beiden Verurteilten auf - damit können sie die Untersuchungshaft verlassen. Die drei Verteidiger der Angeklagten wie auch der Staatsanwalt verzichteten auf Rechtsmittel.

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