Detmold. Die Residenzstadt hat jetzt 33 Stolpersteine. Mit 33 Namen von Menschen, die unter dem Nazi-Terror schwere persönliche Schicksale erlitten haben. „Genau das macht das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte aber besonders greifbar. Und genau deshalb war die Verlegung weiterer fünf Stolpersteine in unserer Stadt besonders eindrücklich, bedrückend und Gemeinschaft stiftend“, resümiert die Stadt in einer Pressemitteilung.
Wichtige Stationen der Geschichte von Eduard, Wilhelm und Emma Höveler, die einst an der Oerlinghauser Straße 122 zu Hause waren, haben Annette Kreiling und Gerd Vogel an Ort und Stelle vorgetragen. Sie sind zwei der sechs Enkel der Familie Höveler, die zum Teil von weither angereist waren, um bei der Gedenkstunde dabei zu sein. Als Zeugen Jehovas wurden Eduard, sein Bruder Wilhelm und dessen Ehefrau Emma Höveler von den Nationalsozialisten verfolgt, mussten Zwangsarbeit und Konzentrationslager ertragen, haben das Martyrium jedoch lebend überstanden und wurden schließlich befreit.
Kusselberg-Schüler übernehmen Pflege
Schülerinnen und Schüler der benachbarten Kusselberg-Schule, die sich künftig um die Pflege der Stolpersteine kümmern, haben das Gedenken mit einem Mut machenden gemeinsamen Lied begleitet und sangen: „Wir wollen aufstehen, aufeinander zugehen, voneinander lernen, miteinander umzugehen“.
Zwei weitere Stolpersteine wurden im Anschluss in der Innenstadt enthüllt, vor dem Haus Lange Straße 36 – dem Gebäude, in dem Frieda und Eduard Kauders einst ihr Schuhgeschäft „Teutonia“ führten und zugleich auch zu Hause waren. Dass dies das einzige Geschäft in Detmold war, in dem Stiefel für die Wehrmachtsoldaten erhältlich waren, hielt die Nationalsozialisten nicht davon ab, das Ehepaar jüdischen Glaubens zu denunzieren, zu beschimpfen und zu demütigen, um sie schließlich über Bielefeld und Theresienstadt bis nach Auschwitz zu deportieren.
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Schülerinnen und Schüler des Leopoldinums machten in einem bedrückenden szenischen Spiel klar, wie machtlos Frieda und Eduard Kauders der Nazi-Willkür ausgeliefert waren. Sie wurden am Ende ermordet. Ein Ensemble unter der Leitung von Dirk Brinkschmidt sorgte für die musikalische Begleitung des „besonderen Akts des Gedenkens, der Erinnerung und der Verantwortung“, wie Schulleiterin Dr. Alexandra Nolte die Verlegung der Stolpersteine beschrieb. Sie betonte zudem die Wichtigkeit des „Ortes der Mahnung und der Hoffnung“.
Gymnasiasten des Leopoldinums werden sich als Paten künftig um die Pflege der kleinen Gedenktafeln aus Messing und Beton kümmern. Mit einem jüdischen Segenswunsch schloss Petra Hölscher, Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, das bewegende Gedenken in der Innenstadt: „Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens – die Stolpersteine halten die Erinnerung wach und sorgen dafür, dass die Verstorbenen immer ein Teil unserer Stadtgemeinschaft bleiben.“
Hass und Hetze an der Tagesordnung
Gemeinsam mit Vertretern der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe und Schülern der Kusselberg-Schule sowie des Gymnasiums Leopoldinum hatte Bürgermeister Frank Hilker die neuen Gedenksteine enthüllt. „Hass und Hetze sind traurigerweise in diesen Tagen an der Tagesordnung. Deshalb ist es wichtiger denn je, dass wir immer wieder daran erinnern, was in dem dunkelsten Kapitel der deutschen Vergangenheit geschehen ist“, wird er zitiert.
Der Künstler Gunter Demnig hatte vor etwa 30 Jahren die Idee, überall im Land Stolpersteine zu verlegen.