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Vandalismus-Alarm

„Hier wird alles zugepflastert“: Arminia-Ultras verunstalten Dorf in Gütersloh

Gütersloh. Das Endspiel um den DFB-Pokal ist bald acht Wochen her, doch der Hype um Arminia Bielefeld hält immer noch an. In einem Stadtteil von Gütersloh bahnt sich die Fan-Liebe vor allem visuell ihren Weg.

Mit unzähligen Aufklebern, Schmierereien und Graffiti-Tags scheint eine kleine Gruppe von Anhängern des Fußball-Zweitligisten in Isselhorst ihrer Zuneigung Ausdruck verleihen zu wollen. „Sie kleben und kleistern was das Zeug hält. Das Straßenbild verändert sich seit Wochen beinah täglich. Das kann so nicht weiter gehen, es reicht“, findet Udo Plaßmann und reißt einen kreisrunden Aufkleber vom Ampelmasten.

Optische „Duftmarken“ von vermeintlichen Fußballfans, die damit ihr Territorium markieren, gehören vor allem in Großstädten schon lange zur Normalität. Jetzt haben sie auch im knapp 5.000 Einwohner großen Dorf im Norden Gütersloh vermehrt Einzug gehalten. Etliche Verteilerkästen sind in Arminias Vereinsfarben schwarz-weiß-blau angesprüht worden. „Dazu werden jede Menge Verkehrsschilder, deren Pfosten und Laternenmasten mit Aufklebern verziert“, berichtet Udo Plaßmann beim Rundgang: „Man kann hinlaufen, wo man will – hier wird alles zugepflastert.“

Auch vor den neuen Buswartehäuschen machen die Sprayer keinen Halt. - © Christian Bröder
Auch vor den neuen Buswartehäuschen machen die Sprayer keinen Halt. (© Christian Bröder)

An der Hauptkreuzung im Ort, wo die Haller und Steinhagener Straße aufeinander treffen, wird das kreative Treiben der unbekannten „Künstler“ besonders deutlich. Jede Ampel ist mit Stickern beklebt. Ein Mast ist komplett lackiert. Dahinter befindet sich ein „bepinselter“ Verteilerkasten mit den Hinweisen „Avanti Ultras Arminia“ und „Lokal Crew“. In der vergangenen Woche seien noch Schilderpfosten besprüht worden, sagt der 58-Jährige, „und auch die neuen Buswartehäuschen werden nicht verschont. Es hat überhand genommen.“

Schaltkästen: Zusätzliche Farbschicht könnte zu Schwierigkeiten führen

Die Anzahl der Ärgernisse nimmt zu: Da sind Graffiti an der Transformatorstation und der noch halbwegs verschont gebliebene (da bis jetzt nur mit zwei Stickern beklebte) Verkehrsspiegel gegenüber der alten Brennerei Elmendorf. „Auch in Richtung Grundschule waren sie unterwegs. Selbst vor Ampelsignalen wird nicht Halt gemacht, was einen gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr darstellt“, sagt Udo Plaßmann. Rund um den örtlichen Supermarkt Dreesbeimdieke sind zwei Schaltkästen besprüht worden, allein sieben Stück auf dem Postdamm.

Etliche solcher Schaltkästen haben die vermeintlichen DSC-Ultras besprüht. Allein auf dem Postdamm zwischen Gütersloh und Isselhorst sind es sieben Stück. - © Christian Bröder
Etliche solcher Schaltkästen haben die vermeintlichen DSC-Ultras besprüht. Allein auf dem Postdamm zwischen Gütersloh und Isselhorst sind es sieben Stück. (© Christian Bröder)

Auch ein Problem: Mittlerweile entwickeln sich einzelne der „Kunstwerke“ zu Spielfeldern von wettkampfartigem Gehabe. „Über die Farbe auf den Kästen hat jemand in pink ‚Fuck DSC‘ geschrieben. Am nächsten Tag ist das wieder übersprüht worden“, hat Udo Plaßmann beobachtet: „Die battlen sich hier förmlich.“

Dabei könnten mehrere Farbschichten auf Glasfaser-Verteilerkästen zu Schwierigkeiten führen, denn die Kabel und Komponenten seien speziell für den Betrieb bei bestimmten Temperaturen ausgelegt. „Eine zusätzliche Beschichtung könnte die Wärmeableitung beeinträchtigen“.

Udo Plaßmann fallen farbliche Veränderungen schon von Berufswegen sofort ins Auge. Der Maler- und Lackierermeister hat seit 30 Jahren einen eigenen Betrieb (fünf Mitarbeiter) in Isselhorst und ist aktives Mitglied der örtlichen Werbegemeinschaft. „Ich möchte betonen, dass ich nichts gegen Arminia habe und mich keinem Verein zugehörig fühle, sondern einfach nur verhindern möchte, dass die Sache hier eskaliert.“

Auf dem Weg zum Bäcker am Wochenende sei es für ihn mittlerweile zur Routine geworden, Schilder und Ampelmasten von Aufklebern zu befreien.

Beschmieren und Bekleben: Das sagen die Polizei und Arminia Bielefeld

Wer sich hinter den Urhebern der Schmierer- und Klebereien verbirgt, kann Udo Plaßmann nur vermuten: „Es sollen mal vier Jugendliche beobachtet worden sein. Jetzt sind Sommerferien. Wer weiß, vielleicht treiben die Übeltäter noch mehr ihr Unwesen.“ Bei der Gütersloher Kreispolizeibehörde ist bislang noch kein Anzeige erstattet worden. Auch dem in Isselhorst ansässigen Bezirksdienst der Polizei sind noch keine Beschwerden zu Ohren gekommen.

„Das Ganze wäre ein Fall von Sachbeschädigung und damit als Antragsdelikt zu behandeln. Derjenige, der geschädigt worden ist, müsste demzufolge eine Strafanzeige stellen“, klärt Polizeisprecher Mark Kohnert auf. Eine Sachbeschädigung wird nach Paragraph 303 des Strafgesetzbuches (StGB) geahndet. Daraus geht hervor: Wer eine fremde Sache beschädigt, zerstört oder unbefugt verändert, der wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Mittlerweile Routine: Auf dem Weg zum Bäcker am Wochenende befreit Udo Plaßmann die Ampelmasten von neuen Aufklebern des DSC. - © Christian Bröder
Mittlerweile Routine: Auf dem Weg zum Bäcker am Wochenende befreit Udo Plaßmann die Ampelmasten von neuen Aufklebern des DSC. (© Christian Bröder)

Arminia Bielefeld setzt sich kritisch mit dem Thema auseinander. Man stehe in regelmäßigem Austausch mit den Fan-Gruppierungen sowie zuständigen Behörden, erklärt DSC-Pressesprecher Malik Schacht: „Unser Standpunkt ist eindeutig: Das Bekleben von Verkehrsschildern oder das Beschmieren von Hauswänden und anderen öffentlichen Flächen lehnen wir ausdrücklich ab. Solche Aktionen stehen nicht im Einklang mit dem Selbstverständnis unseres Vereins und dem respektvollen Miteinander, das wir fördern möchten.“

Fußball-Zweitligist setzt auf Dialog gegen Fehlverhalten

Die Handlungsmöglichkeiten bleiben für einen Fußballklub wie Arminia Bielefeld jedoch überschaubar, das weiß auch Klubsprecher Malik Schacht. „Unsere Einflussmöglichkeiten sind begrenzt, da das Anbringen von Aufklebern oder Graffiti meist im privaten Rahmen erfolgt – spontan, kostengünstig und unabhängig vom Verein.“

Die entsprechenden Materialien würden nicht aus dem offiziellen DSC-Sortiment stammen. Man führe jedoch Gespräche mit und stünde in regelmäßigem Austausch mit den Fanvertretungen – „insbesondere bei solchen Vorfällen“.

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