Polizei und Händler alarmiert: Osteuropäische Diebesbanden schlagen in OWL zu

Bielefeld. Jährlich registriert die Polizei in OWL mehrere tausend Fälle von Ladendiebstahl. Besonders beliebt bei den Langfingern: Elektrogeräte, Beautyprodukte und Alkohol. Doch Händler und Polizei besorgt noch eine weitere Entwicklung. Denn offenbar sind auch Banden unterwegs, die gezielt klauen.

Laut jährlicher Kriminalstatistik der sieben Polizeibehörden in OWL wurden in 2024 insgesamt 10.052 Taten erfasst. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr insgesamt nur leicht verändert. Dass die Summe der Fälle aber deutlich höher ist als während der Corona-Jahre mit entsprechenden Maßnahmen (auch im Handel), wundert wenig. Und: Die aktuellsten Zahlen von Ladendiebstahl sind insgesamt höher als vor der Pandemie.

In Bielefeld fielen 3.203 Fälle von Ladendiebstahl auf, ein Jahr zuvor waren es etwa 50 weniger. Im Kreis Lippe meldet die Polizei 1.061 Ladendiebstähle, im Kreis Höxter 488, im Kreis Gütersloh 1.533 – in allen drei Kreisen hat sich die Fallzahl im Vergleich zu Vorjahr kaum verändert und ist fast exakt so hoch. Im Kreis Minden-Lübbecke erfasste die Polizei zudem 1.258 Fälle – hier war die Zahl aber sogar leicht rückläufig. Ähnliches gilt für den Kreis Paderborn, wo die Zahl 2024 bei insgesamt 1.540 lag. Im Kreis Herford meldet die Behörde in ihrer Statistik 969 Diebstähle, hier waren die aufgeflogenen Fälle rückläufig.

Experten und Studien: Dunkelziffer ist enorm Klar ist jedoch auch: Geht es nach Studien oder Expertenaussagen, dann wird nur ein Teil der Fälle von Ladendiebstahl zur Anzeige gebracht – zum Beispiel, weil er nicht bemerkt wird. Die Dunkelziffer dürfte also um ein Vielfaches höher sein. &bdquo;Ein Aufhellen der enormen Dunkelziffer ist aus Polizeisicht kaum möglich“, sagt Erich Rettinghaus, NRW-Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. &bdquo;Hier müssen wir auf die Händler hoffen, die entsprechenden Maßnahmen zu treffen. Zum Beispiel Kamera, technischen Schutz vor Diebstahl oder mehr Ladendetektive.“

Jan-Erik Weinekötter, Hauptgeschäftsführung Handelsverband Ostwestfalen-Lippe , berichtet derweil von &bdquo;milliardenschweren Verlusten“ bundesweit für die Händler durch Ladendiebe. Der Schaden sei auch in OWL immens. Laut Angaben verschiedener OWL-Polizeibehörden stehen bei den Kriminellen verschiedene Güter derweil hoch im Kurs. Ein Sprecher der Polizei Minden-Lübbecke zählt auf: Kosmetika, Parfüms, Elektronikartikel, Babynahrung, Lebensmittel wie Alkohol und Bekleidung. Eine Bielefelder Polizeisprecherin berichtet zudem, dass aus Kleidungsgeschäften gezielt Markenwaren gestohlen werden.

Welche Geschäfte unter Langfingern besonders beliebt sind Generell, so heißt es aus allen Kreispolizeibehörden, erstrecke sich das Phänomen über nahezu alle Formen von Geschäften: beispielsweise von Drogeriemärkten und Elektrogeschäften bis hin zu Baumärkten. Ein Herforder Polizeisprecher fasst es zusammen: Insgesamt seien große Geschäfte eher betroffen als kleinere. Die Gütersloher Polizei stellt zudem fest: Gerade Supermärkte ohne Videoüberwachung oder Geschäfte, in denen die Ware wenig gesichert sind, stehen besonders im Visier.

Laut Polizei sei in einigen Fällen der Hintergrund &bdquo;Beschaffungskriminalität“ denkbar. Heißt: Durch den Diebstahl von Produkten, die womöglich weiterverkauft werden, soll beispielsweise eine Drogen- oder Spielsucht finanziert werden. So fallen entsprechende Personen beispielsweise in Bielefeld oftmals als Täter auf.

Klau-Banden sind unterwegs in OWL Was einzelnen Polizeibehörden auch auffällt: Offensichtlich sind in OWL Banden unterwegs, die gezielt bestimmte Produkte stehlen. Eine Sprecherin der Polizei Lippe berichtet: &bdquo;Vor allem in Drogeriemärkten werden durch Banden Diebstahlsdelikte mit Zielrichtung Parfüm, hochwertige Kosmetikprodukte, Rasierklingen, elektrische Zahnbürsten begangen.“

Mehr noch: Oftmals reisen die Tätergruppen gezielt aus dem Ausland an, um in OWL zu stehlen – zum Beispiel aus Georgien, Litauen oder Rumänien, berichtet die Sprecherin weiter. Ähnliches bestätigt auch ein Sprecher aus dem Kreis Paderborn, ebenso eine Sprecherin aus Gütersloh. Demnach habe es das Phänomen schon vor Corona gegeben. In dem Kreis Gütersloh im Fokus: hochwertige Spirituosen und Kaffeebohnen. Es gebe darüber hinaus den Verdacht, dass es sich in manchen Fällen um &bdquo;Diebstahl auf Bestellung“ handeln könne.

Weinekötter berichtet, dass das Problem mit kriminellen Klau-Banden in OWL in den vergangenen Jahren zugenommen habe. &bdquo;Das muss dringend gestoppt werden. Oftmals wandern die Gruppen von Stadt zu Stadt und reisen dann wieder ins Ausland. Hier müssen die Strafverfolgungsbehörden grenzübergreifend gut zusammenarbeiten“, fordert er.

Warnung: Ladendiebe könnten Mitarbeiter angreifen Laut Polizeigewerkschafter Rettinghaus sind die Banden teilweise gut organisiert und gehen mit großer krimineller Energie vor. Er berichtet: &bdquo;Es gibt Fälle, bei denen gezielt Minderjährige Diebstähle begehen sollten – denn die Tätergruppen wissen genau, dass Kinder laut deutschem Gesetz noch nicht bestraft werden können.“

Rettinghaus betont generell: &bdquo;Die Strafen bei Ladendiebstahl sind gering. Das Risiko, erwischt zu werden, ebenfalls. Das macht es für Kriminelle so verlockend.“ Dabei seien generell selbst Konsequenzen für Täter, die erwischt wurden, kaum abschreckend. Weinekötter sieht das ähnlich. &bdquo;Das Strafmaß bei Ladendiebstahl ist zu gering. Für die Händler ist das enorm frustrierend.“ Generell sei es für Mitarbeiter in den Geschäften auch nicht ungefährlich, einen Langfinger zu stellen. &bdquo;Man weiß nie, ob er für seine Flucht auch Gewalt anwenden würde“, warnt Weinekötter.

Derweil sieht Rettinghaus eine mögliche Erklärung für die hohen Zahlen von Ladendiebstählen: &bdquo;Generell ist vieles teurer geworden – die Versuchung, ein Produkt nicht zu zahlen, könnte dadurch insgesamt höher sein.“

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