„Lernen, zu töten“: Streit um stärkere Präsenz der Bundeswehr an Schulen in NRW

Düsseldorf/Bielefeld. Die NRW-Landesregierung fordert, dass Vertreter der Bundeswehr stärker mit jungen Leuten ins Gespräch kommen – direkt in Schulen. &bdquo;Die Bundeswehr ist auch Teil unserer demokratischen Ordnung. Schülerinnen und Schüler haben das Recht, sich ein eigenes Bild zu machen, sich eine fundierte Meinung zu bilden“, sagt die Vize-Ministerpräsidentin, Mona Neubaur (Grüne), dieser Redaktion. Widerspruch folgt prompt.

Die Zeitenwende betreffe die ganze Gesellschaft, auch Schulen und Hochschulen, sagt Neubaur. Es gehe nicht um Werbung oder Rekrutierung, sondern um Aufklärung auf Augenhöhe. &bdquo;Junge Menschen haben ein Recht auf ehrliche Informationen über die Welt, in der sie aufwachsen und leben. Ich halte nichts davon, diese Realität auszublenden.“ Frieden in Europa sichere man nicht durch das &bdquo;Prinzip Hoffnung oder Wegsehen“.

Offen für eine stärkere Präsenz der Bundeswehr an Schulen zeigt sich auch die CDU, die in NRW mit den Grünen regiert. Das CDU-geführte Schulministerium in NRW &bdquo;begrüßt“ es, wenn Schulen Jugendoffiziere der Bundeswehr einladen, um mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen, heißt es auf Anfrage. &bdquo;In Zeiten geopolitischer Umbrüche ist es wichtig, sachlich und reflektiert über Sicherheitspolitik und Verteidigung zu sprechen. Dazu leistet die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag.“ Klar geregelt sei seit 2012 in einer Verordnung, dass die Jugendoffiziere nicht für den Dienst &bdquo;werben“ dürfen.

Jugendoffiziere werden für Schulbesuche ausgebildet Innerhalb der Truppe gibt es eine klare Aufgabenverteilung. &bdquo;Wir selbst gehen in der Regel nicht in die Schulen“, heißt es vom Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillon 130 in Minden. Zuständig sei das Landeskommando NRW, das Jugendoffiziere ausbilde, damit diese in Schulen über die Arbeit der Bundeswehr informieren.

Dennoch formulieren Beteiligte aus dem Bildungsbereich Bedenken. &bdquo;Ich tue mich wirklich schwer damit, die Bundeswehr verstärkt in Schulen zu begrüßen“, sagt die Leiterin des Gymnasiums Heepen in Bielefeld, Gabriele Kipp. Auch wenn die Jugendoffiziere nicht in den Klassen für die Truppe werben dürften, so würde ja indirekt dennoch Werbung gemacht, meint Kipp. &bdquo;Ich finde: Wenn junge Leute Interesse am Dienst in der Bundeswehr haben, dann finden sie den Weg schon dorthin. Dafür braucht es keine Gespräche in der Schule.“

Auch Eltern formulieren ihre Skepsis. &bdquo;Wenn ich zur Bundeswehr gehe, lerne ich, zu töten. Das ist nun mal der Grundsatz, das darf man nicht vergessen“, sagt Hinrich Pich, Vorsitzender der Landeselternkonferenz in NRW. Es sei aber in Ordnung, wenn Vertreter der Bundeswehr mit Schülern über die Geschichte und über die veränderte Sicherheitslage sprechen würden, sagt Pich. &bdquo;Es darf nicht um Rekrutierung gehen.“ Wichtig sei, das Neutralitätsgebot zu wahren – und in den Schulen auch über Berufe wie das Handwerk, die Feuerwehr oder Polizei zu sprechen.

Gewerkschaft: Schulen sind keine Rekrutierungszentren Die Präsenz von Jugendoffizieren in Schulen sei &bdquo;problematisch“, weil Schulen keine Rekrutierungszentren für das Militär sein dürfen, sagt auch Ayla Celik , Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Schulen sollten Orte der Bildung, des kritischen Denkens und der friedlichen Konfliktlösung sein – nicht der militärischen Einflussnahme.

In den Augen von Grünen-Politikerin Neubaur ist s icherheitspolitische Bildung heute ein Teil politischer Bildung. &bdquo;Ja, die Skepsis gegenüber der Bundeswehr an Schulen war lange groß – und einseitige Einflussnahme muss auch unbedingt weiterhin ausgeschlossen bleiben“, sagt Neubaur. Wenn aber klare Regeln gelten würden, wie Besuche der Bundeswehr in Schulen ablaufen sollen, könne man das &bdquo;verantwortungsvoll gestalten“. Entscheidend sei: &bdquo;Nur wer informiert ist, kann auch mitreden und kann eine Entscheidung für seine eigene Zukunft und die des Landes treffen.“

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