Nachbarschaftsstreit eskaliert - Löhner Familie kämpft gegen jahrelangen Terror

Löhne. Es ist ein sonniger Sonntagmorgen im Mai. Die Familie Brinker sitzt auf ihrer Terrasse, um zu frühstücken. Auf einmal bemerkt der Familienvater aus dem Augenwinkel, wie sich eine Gestalt durch den Garten bewegt. Er steht auf und sieht, wie sich der Nachbar an den Zaunelementen zwischen den beiden Grundstücken zu schaffen macht.

&bdquo;Was machst du denn da?“, fragt er. Da greift sich plötzlich der Nachbar eine metallene Einschlaghülse, die auf dem Boden liegt, und schlägt zu. Der damals neunjährige Sohn der Brinkers steht daneben und bekommt alles mit.

Der Gewaltausbruch ist die bislang heftigste Eskalation in einem jahrelangen Nachbarschaftsstreit. Der Familienvater landet im Krankenhaus, der Nachbar vor Gericht. Jetzt, rund zwei Jahre später, gibt es ein Urteil. Und die Familie Brinker berichtet der Neuen Westfälischen, wie alles angefangen hat und wie der Nachbar sie über viele Jahre terrorisiert hat.

Vor dem Terror waren die Nachbarn befreundet Sie wollen mit ihrer Geschichte denen Mut machen, die vielleicht in einer ähnlichen Situation stecken. Den Namen der Beteiligten hat die NW geändert, auch um alle weiteren Personen zu schützen, die mehr oder weniger in die Fehde zwischen den Nachbarn involviert waren.

&bdquo;Das kam von heute auf morgen“, sagt Thomas Brinker. Bis etwa 2019, berichten er und seine Frau Kerstin, war das Verhältnis zwischen den Nachbarn eigentlich gut. &bdquo;Wir waren befreundet.“ Plötzlich sei das aber vorbei gewesen, es herrschte Funkstille. Was genau der Auslöser war, wissen Brinkers bis heute nicht.

Kurz vorher habe man sich geeinigt, zwischen den beiden Terrassen einen Sichtschutz aufzustellen, &bdquo;damit man sich nicht immer direkt auf den Teller guckt“. Das sei von beiden Seiten befürwortet worden, die Rechnung sollte ursprünglich geteilt werden.

Nachbar bespuckt immer wieder das Auto der Löhner &bdquo;Ich habe dann den Zaun aufgestellt und bezahlt.“ Er sei dann mit der Rechnung rübergegangen, aber der Nachbar habe davon auf einmal nichts mehr wissen wollen. Seine Lebensgefährtin, der Haus und Grundstück eigentlich gehören, hätte wohl bezahlt. &bdquo;Aber er wollte das partout nicht. Ich habe dann keinen Cent gesehen.“

Das war aber nur der Anfang. Im Laufe der Zeit sei das Verhalten des Nachbarn immer extremer geworden. Eine ganze Zeit lang habe er zum Beispiel immer wieder ihr Auto angespuckt, berichtet Kerstin Brinker. &bdquo;Ich habe dann immer wieder die Feuchttücher, mit denen ich das sauber gemacht habe, mit einem Zettel in den Briefkasten gesteckt, auf dem ich ihn ermahnt habe, das doch bitte zu lassen.“ Irgendwann habe dann wahrscheinlich die Lebensgefährtin die Tücher im Briefkasten gefunden. &bdquo;Dann war das erst einmal vorbei.“

Überhaupt scheint der Nachbar besonders auf Garage, Einfahrt und die Grundstücksgrenze fokussiert. Ob er sich aber möglicherweise in eine andere Vorstellung von der Grundstücksgrenze hineinsteigert, und das der Grund für sein Verhalten ist, kann nur spekuliert werden. Die Eigentumsverhältnisse seien eindeutig geklärt. Er habe auch nie etwas Genaueres zu seinen Motiven gesagt, berichten Brinkers, die vermuten, dass der Nachbar schlicht neidisch ist.

Übergriffe des Nachbarn sind von Kameras dokumentiert Immer wieder hätten sie versucht, den Konflikt irgendwie zu lösen. &bdquo;Zweimal hatten wir auch den Schiedsmann hier, aber die Nachbarn sind zum Termin nicht aufgetaucht“, sagt Thomas Brinker. Irgendwann sei klar gewesen, dass alle Moderation und Kommunikation nicht helfe. Auch in der Lebensgefährtin, die ja die eigentliche Eigentümerin ist, konnte die Familie keine Unterstützung finden. &bdquo;Die hat ihn auch immer wieder in Schutz genommen.“

Es folgte eine Schikane auf die Nächste: Das Auto wurde zerkratzt, Beschimpfungen – zum Beispiel bei Schnee – darauf geschrieben. Er habe Wasser in die Garage der Familie geleitet, die Blumen rausgerissen, Zaunpfosten ausgegraben und entwendet.

&bdquo;Sogar einen Scheißhaufen hat er uns in die Einfahrt gelegt“, sagt Kerstin Brinker. Fast alle diese Übergriffe sind über die Überwachungskameras auf dem Grundstück dokumentiert worden. Dazu habe er sie, Freunde, Angehörige und sogar die Anwältin der Familie bedroht.

Nachbar filmt in Löhne Kinder im Pool Am Anfang hätten sie die ersten Dinge noch nicht zur Anzeige gebracht. Als der Nachbar dann aber den Sohn und andere Kinder beim Spielen im Pool gefilmt habe, sei es genug gewesen. Das war im Jahr 2020. &bdquo;Da haben wir dann die Polizei gerufen, als er damit nicht aufgehört hat.“

Die Polizei habe ihnen dann geraten, die Grenzüberschreitungen des Nachbarn immer anzuzeigen. Und das hätten sie dann auch gemacht. 14 Anzeigen sind so inzwischen zusammengekommen. &bdquo;Alle diese Anzeigen lagen jetzt bei der Verhandlung auf dem Tisch“, sagt Thomas Brinker. So sei dem Nachbarn auch genau nachzuweisen gewesen, dass er schon Monate vorher Gewalt angedroht hatte, bevor er letztlich zuschlug.

Alles zu dokumentieren und Straftaten anzuzeigen raten die Brinkers entsprechend allen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden – auch wenn nicht jede Anzeige auch zu etwas führe. &bdquo;Das geht auch online“, sagt Kerstin Brinker. Nur bei den ersten Malen hätten sie eine Anzeige auf dem klassischen Weg aufgegeben. Irgendwann sei das fast zur Routine geworden. &bdquo;Abends auf dem Sofa“, kommentiert ihr Mann.

Nachbarschaftsstreitigkeiten ziehen sich oft über Jahre Trotz der wiederholten Anzeigen habe der Nachbar jedoch nur noch weiter aufgedreht. &bdquo;Der belächelt unser Rechtssystem regelrecht“, sagt Kerstin Brinker. Macht das nicht auch irgendwann mürbe? &bdquo;Ja“, gibt Thomas Brinker zu. Er habe zwischendurch auch darüber nachgedacht, klein beizugeben, wegzuziehen. Gerade weil die Situation auch dem Sohn durchaus zu schaffen gemacht hat. Seine Frau meint jedoch: &bdquo;Ich sehe das nicht ein.“ Aufgeben würde bedeuten, dem Nachbarn zu geben, was er will. Und: &bdquo;Das ist ja hier unser Zuhause.“

Sie seien gewarnt worden von den Schiedsleuten und der Anwältin, dass sich solche Streitigkeiten meist über Jahre hinziehen. &bdquo;Bei uns sind es jetzt sechs Jahre. Und am Ende haben wir gewonnen“, betont Thomas Brinker.

Der Sohn, der immer noch Angst vor dem Nachbarn hat, erarbeitet sich nun beim Kung Fu mehr Selbstbewusstsein. Und auch der Rest der Familie lässt sich nicht kleinkriegen. Auch wenn es sie Schlaf und Nerven gekostet hat, das Urteil bestätigt die Familie nun, auch weiterhin nicht aufzugeben.

Löhner Nachbar wurde zu vier Jahren auf Bewährung verurteilt Gleich zwei Mal haben sie recht bekommen. Erst vor dem Amtsgericht Bad Oeynhausen, wo der Mann für seine brutale Vorgehensweise zu einem Jahr und vier Monaten verurteilt wurde. Und dann noch vor dem Landgericht Bielefeld, wo der Nachbar nur durch ein Geständnis die Strafe so weit abmildern konnte, dass sie für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Dennoch scheint der Nachbar nicht wirklich dazugelernt zu haben. Vor Kurzem hat er begonnen, mit Überwachungskameras die Straße und das Grundstück der Familie Brinker zu filmen – was ihm jetzt wieder eine Anzeige bescherte. Was das für seine Bewährung bedeutet, wird sich noch zeigen.

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