Wenn Niesen zu Knochenbrüchen führt: 205.000 Menschen leiden in Westfalen an Osteoporose

Bielefeld. Die Skeletterkrankung Osteoporose ist weit verbreitet, verläuft jedoch zunächst still. Deshalb bemerken viele Betroffene den Knochenschwund erst, wenn es gefährlich wird und schon alltägliche Bewegungen zu Knochenbrüchen führen. Allein in Westfalen-Lippe sind aktuell 205.000 Menschen davon betroffen, vor allem Frauen.

Eine repräsentative Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK Nordwest als größter Krankenkasse in OWL zeigt regionale Unterschiede in der Verteilung der Volkskrankheit. Die Auswertung offenbart auch gute Nachrichten, denn die Zahl der Erkrankten sinkt - obwohl die Bevölkerung älter wird.

Was ist Osteoporose? Osteoporose ist eine der häufigsten Skeletterkrankungen in Deutschland und bezeichnet die Abnahme der Knochensubstanz, weshalb die Erkrankung auch Knochenschwund genannt wird. Mit zunehmendem Alter kommt der Knochenstoffwechsel aus dem Gleichgewicht, wodurch sich mehr Knochenmasse ab- als aufbaut.

Die Folgen können laut Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Nordwest, verheerend sein, denn die Knochen werden porös und verlieren an Stabilität. Das Risiko für Brüche und damit einhergehende Komplikationen steige, weil nicht mehr nur Stürze, sondern auch alltägliche Bewegungen oder kräftiges Niesen poröse Knochen brechen lassen.

Welche Symptome treten auf? Im Frühstadium zeigt Osteoporose nach Angaben des Dachverbands Osteologie kaum Symptome. Patienten klagten häufig über ein Schwächegefühl im Rücken, das sich jedoch nicht genau lokalisieren lässt. Weitere Anzeichen können ein gekrümmter Rücken und die Verringerung der Körpergröße sein.

Eindeutig würden sich die Symptome erst im fortgeschrittenen Stadium zeigen. &bdquo;Aus Angst vor Brüchen folgt häufig, dass Patienten ihre gewohnten Alltagsaktivitäten einschränken. Diese Beeinträchtigung kann ein Fortschreiten der Erkrankung begünstigen“, ergänzt Ackermann.

Gibt es Risikofaktoren? Der Mangel von Kalzium oder Vitamin D, die Einnahme bestimmter Medikamente wie Kortison oder Erkrankungen wie Rheuma können ebenso wie eine genetische Disposition nach Angaben des Dachverbands Osteologie eine Osteoporose begünstigen.

Zudem steige die Zahl der Betroffenen mit dem Alter an. Die Auswertung der AOK zeigt, dass in Westfalen-Lippe bei den 35- bis 49-Jährigen weniger als ein Prozent der Bevölkerung von Osteoporose betroffen sind. Der höchste Wert wird bei Frauen mit 27,9 Prozent und bei Männern mit 7,2 Prozent in der Altersklasse über 90 Jahren erreicht.

Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer

Frauen erkranken demnach in allen Altersklassen deutlich häufiger als Männer, was an den hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren liegt. Der niedrige Östrogenspiegel führe dazu, dass vermehrt Knochensubstanz abgebaut werde. &bdquo;Bei Männern hat das Testosteron einen ähnlichen Effekt auf die Knochen, jedoch sinken die Testosteronspiegel bei Männern mit dem Alter im Vergleich zum Östrogen bei Frauen deutlich langsamer.“

Gibt es regionale Unterschiede in der Verteilung? In Westfalen-Lippe zeigt die Auswertung der AOK mitunter starke Schwankungen. In Münster sind lediglich 2,9 Prozent der Bevölkerung betroffen und in Herne und Bottrop 5,4 Prozent. In OWL sind die Werte in den Kreisen Paderborn (3,5 Prozent), Gütersloh (3,6) und Herford (3,7 Prozent) sowie in Bielefeld (3,9) am niedrigsten und in den Kreisen Lippe (4), Minden-Lübbecke (4) und Höxter (4,2) am höchsten. &bdquo;In Westfalen-Lippe liegt der Durchschnitt bei 3,9 Prozent. Bundesweit sind es 4 Prozent“, erklärt Ackermann.

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Die Unterschiede lassen sich nach Angaben des AOK-Chefs mit der Altersstruktur der jeweiligen Bevölkerung begründen. &bdquo;Je älter die Bevölkerung ist, desto höher ist auch die Zahl der Osteoporose-Betroffenen. Deshalb ist im gesamtdeutschen Vergleich der Anteil der Betroffenen in Ostdeutschland und im Saarland am höchsten.“ Statistische Zusammenhänge belege die Untersuchung aber auch zwischen der Häufigkeit von Osteoporose und der Verbreitung von Rauchen und Bluthochdruck. &bdquo;Zudem zeigt sich, dass Menschen mit Osteoporose häufiger in materiell und sozial benachteiligten Regionen leben.“

Insgesamt sinkt die Zahl der Betroffenen nach Angaben Ackermanns jedoch. So zeigt die Auswertung, dass die Krankheitshäufigkeit in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken ist – von 4,6 Prozent im Jahr 2018 auf 3,9 Prozent im Jahr 2023. &bdquo;Mögliche Ursachen sind ein veränderter Lebensstil in jungen Lebensjahren mit kalziumreicherer Ernährung, regelmäßiger körperlicher Aktivität und einem zunehmenden Rauchverzicht. Falls diese Trends ursächlich sein sollten, ist in den nächsten Jahren ein weiterer Rückgang zu erwarten.“

Gibt es Behandlungsmöglichkeiten? Der Dachverband Osteologie rät dazu, den Hausarzt aufzusuchen, wenn Menschen bei sich bemerken, dass sie an Körpergröße verlieren, einen gekrümmten Rücken entwickeln oder ein erhöhtes Risiko für Osteoporose vermuten. &bdquo;Mit einer Therapie sollte möglichst früh begonnen werden, damit es gar nicht erst zu Knochenbrüchen und Einschränkungen kommt“, erklärt ein Sprecher.

Bewegung bis ins hohe Alter schützt vor Osteoporose

Nach der Leitlinie zählen zur Basistherapie eine Anamnese zur Erfassung von Fraktur-Risikofaktoren, eine klinische Befunderhebung, eine Knochendichtemessung, die Bestimmung verschiedener Blutparameter sowie gegebenenfalls eine bildgebende Diagnostik bei klinischen Hinweisen auf Wirbelkörperfrakturen. &bdquo;Ein zentrales Ziel der Therapie ist die Reduktion von Knochenbrüchen, da vor allem Hüftfrakturen die Sterblichkeit erhöhen“, erklärt Ackermann. Die individuelle Behandlung werde oft durch eine medikamentöse Therapie ergänzt.

Lässt sich Osteoporose vorbeugen? &bdquo;Am besten ist es, Osteoporose schon im Kindesalter mit einer gesunden Lebensweise vorzubeugen“, rät Ackermann. Mit ausreichend Bewegung bis ins hohe Alter, kalziumreicher Ernährung, einem normalen Körpergewicht und dem Verzicht auf Zigaretten und Alkohol könne jeder sein persönliches Risiko senken und damit den Ausbruch der Erkrankung verhindern oder herauszögern. &bdquo;Das ist auch wichtig für Menschen, die bereits erkrankt sind.“

Viele Krankenkassen, so auch die AOK Nordwest, bieten betroffenen Versicherten Hilfsangebote an wie Ernährungs- und Bewegungsberatung und Sturzprophylaxe. Ackermann rät zudem zur Teilnahme am sogenannten Disease-Management-Programm . Das sind strukturierte Behandlungsprogramme für Patienten mit bestimmten Erkrankungen wie Diabetes, die es seit 2024 auch für Osteoporose-Patienten in Westfalen-Lippe gibt. &bdquo;Die Teilnahme gewährleistet eine engmaschige Betreuung. Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt.“

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