Tier unweit eines Wohngebiets: Ist ein Wolf durch Minden-Lübbecke gelaufen?

Minden. Ist ein Wolf am Samstagmorgen in der unmittelbaren Nähe zu einem Wohngebiet im Grenzgebiet zwischen Todtenhausen und Kutenhausen umher gelaufen? Wenn es nach Torben Denker geht, handelte es sich bei dem Tier, das er gegen 8.30 Uhr unweit seines Hauses sah, mit großer Wahrscheinlichkeit Fall um einen Wolf. Auch Bild- und Videoaufnahmen, die der Mindener anfertigte und dem Mindener Tageblatt (MT) vorliegen, untermauern diese Annahme.

&bdquo;Ich habe vorher noch nie einen Wolf in der freien Wildbahn gesehen“, sagt Denker, der selbst als Jäger aktiv ist. Am Samstagmorgen bekam er von einem Bekannten den Hinweis, dass sich unweit seines Wohnhauses am Driftenweg ein Wolf befinden solle - und diesen erblickte er dann auch sofort. &bdquo;Das war natürlich höchst ungewöhnlich. Ich bin kein Experte, aber es sah für mich nach einem ausgewachsenen Exemplar aus“, berichtet der Mindener.

Das stattliche Tier bewegte sich dabei nicht weit von Wohnbebauung entfernt im Bereich der Felder des Driftenwegs und Klodtsweg in Richtung der Nordholzer Straße und überquerte diese schließlich in Richtung Kutenhausen. &bdquo;Ich habe ihn gesehen, Fotos und Videos gemacht, um es festzuhalten, und bin dann auch noch hinterhergefahren, um zu schauen, wohin er sich bewegt“, beschreibt Denker den alles andere als gewöhnlichen Morgen.

Wann es zuletzt einen nachgewiesenen Wolf in der Nähe gab Das Tier habe sich schließlich über das Kutenhauser Feld in Richtung Stemmer bewegt, ehe der Mindener es aus den Augen verlor. Zuletzt gab es im MT-Verbreitungsgebiet an Weihnachten 2023 einen nachgewiesenen Wolfsriss. Seinerzeit hatte ein Tier aus Brandenburg drei Schafe in Hille getötet.

Die neuesten Aufnahmen aus dem Mindener Norden beschäftigen am Samstag auch schon den ehrenamtlichen Wolfsberater Norbert Schmelz vom Regionalforstamt Ostwestfalen-Lippe. &bdquo;Die Aufnahmen sind mir bekannt, aber sie müssen noch verifiziert und dann an das Lanuk weitergeleitet werden“, erklärt Schmelz am Samstagmittag gegenüber dem MT. Denker kündigte an, schnell Kontakt mit Schmelz aufzunehmen.

Denn ob es sich bei dem Tier, das Denker erblickt hat, wirklich um einen Wolf gehandelt hat, muss nun offiziell bestätigt werden - und zwar von heimischen Experten im Auftrag des Landesumweltamts NRW (Lanuk NRW, zuvor Lanuv NRW). Diese sogenannten Wolfsberater sind in NRW quasi der verlängerte Arm des Landesumweltamtes – sie sichern mögliche Spuren und dokumentieren das Umfeld einer Wolfssichtung. Losgeschickt werden die Wolfsberater allerdings nur, wenn Experten vom Lanuk entscheiden, den Fall zu prüfen. Diese Entscheidung steht hier konkret noch aus.

So geht man bei einer Wolfssichtung vor Wie ein Sprecher des Lanuk gegenüber dem MT erklärt, sollten Menschen ihre Sichtbeobachtungen mit oder ohne Foto und Video über ein digitales Meldeformular übermitteln. Dazu heißt es konkret: &bdquo;Melden Sie bitte jeden potentiellen Hinweis auf einen Wolf möglichst bald unter Angabe aller erforderlichen Informationen.“ Dies geht auch per E-Mail an wolf_nrw@ lanuk.nrw.de. Hierbei sollten der Vor- und Nachname, Kontaktmöglichkeiten für Rückfragen, Datum und Uhrzeit, eine genaue Ortsangabe - im besten Fall mit Koordinate - und auch gegebenenfalls ein Foto oder Video übermittelt werden.

Ehrenamtlich tätige Wolfsberater wie etwa Norbert Schmelz werden speziell ausgebildet, um Wolfshinweisen nachzugehen und sie einheitlich zu dokumentieren. Hierbei geht es nicht nur um Sichtungen, Videoaufnahmen und Fotos, sondern auch um Spuren, Losungen und die Entnahme von DNA-Material bei Nutz- und Wildtierrissen. Die Dokumentationen und gesicherten Spuren werden dann von Experten im Landesumweltamt bewertet. Daher können Wolfsberater niemals vor Ort sagen, dass mit den vorliegenden Hinweisen ein Wolf nachgewiesen wurde. So ist auch der Stand beim jetzigen Fall: &bdquo;Ich kann noch gar nichts dazu sagen.“

Was tun bei einer Wolfsbegegnung? Normalerweise meiden Wölfe die Nähe des Menschen. Vor allem bei jungen und unerfahrenen Wölfen kann es aber vorkommen, dass die Neugier stärker ist als die Furcht. Falls man einem Wolf begegnet, solle man laut Wolf.nrw im Grunde genauso verhalten wie bei frei laufenden Hunden. Auf keinen Fall solle man versuchen, sich dem Wolf zu nähern, ihn anzufassen oder zu füttern. Man solle auch nicht weglaufen, sondern am besten stehen bleiben und abwarten, bis sich der Wolf zurückzieht. Wenn man selbst den Abstand vergrößern will, solle man sich langsam zurückziehen. Man könne einen Wolf auch vertreiben, indem man auf sich aufmerksam macht. Dafür solle man das Tier laut ansprechen, in die Hände klatschen oder mit den Armen winken.

Verifizierte Wolfsnachweise im Kreis Lippe 07.10.2023: Bei Schlangen löst eine Fotofalle im Wolfsgebiet Senne aus, die Aufnahmen werden vom LANUV als Wolfsnachweis in NRW geführt. Es handelt sich um einen eindeutig identifizierten Wolf im Bereich der Gemeinde Schlangen. 3.06.2024: Erneut wird bei Schlangen ein Wolf von einer Fotofalle erfasst; der Eintrag erscheint in der offiziellen Nachweis-Liste des Landes NRW (Kategorie C1, sicherer Nachweis). Damit ist belegt, dass sich mindestens zeitweise ein Wolf im südöstlichen Kreisgebiet (Senne-Rand) aufhält.

Ende April 2025 (DNA-Nachweis an der Kreisgrenze): Auf einer Weide zwischen Extertal und Rinteln werden drei Schafe gerissen; eine DNA-Analyse weist eindeutig einen Wolf als Verursacher nach. Die LZ berichtet am 03.07.2025 über diesen Wolfsriss &bdquo;bei Extertal“ , der Wolf streife durch das Lippische Bergland und das angrenzende Rinteln. Formal liegt die Weide sehr wahrscheinlich im niedersächsischen Grenzbereich, der Fall wird aber als für den Kreis Lippe relevant diskutiert.

Gemeldete Nutztier-Risse in Lippe 15.05.2024: Bei Lügde wird ein gerissenes Schaf gemeldet, zunächst besteht der Verdacht auf einen Wolfsriss. Die Untersuchung ergibt jedoch: Verursacher war ein Haushund, mit zusätzlichem postmortalem Fraß durch einen Rotfuchs – der Fall wird vom LANUV als Falschmeldung (Haushund) eingestuft.

27.09.2024: Ebenfalls bei Lügde werden zwei tote Kälber gemeldet; erneut steht zunächst ein Wolfsangriff im Raum. Laut offizieller Bewertung waren die Tiere vermutlich tot- oder lebensschwach geboren, anschließend kam es zu postmortalem Fraß – ein Wolfsangriff wird ausgeschlossen, der Fall als Falschmeldung geführt.

Die letzten Wolfssichtungen und Nachweise in Minden, Hille, Petershagen und Porta 25. Dezember 2023 – Hille: Nutztierriss. Eine Schafherde war ausgebrochen. Drei Schafe wurden getötet, eines verletzt. Der Wolf war ein Männchen (GW3827m) aus dem Rudel Döberitzer Heide in Brandenburg.

27. November 2022 – Hille: Sichtbeobachtung. Der Wolf wurde auf Fotos eindeutig dokumentiert.

3. Oktober 2022 – Petershagen: Nutztierriss. Vier Schafe wurden getötet, drei weitere verletzt und später eingeschläfert. Nachgewiesen wurden zwei Wölfe – ein Weibchen (GW1815f) und ein Männchen (GW1480m) – beide aus dem Territorium Rehburg in Niedersachsen.

10. Oktober 2021 – Petershagen: Nutztierriss. Ein Kalb wurde gerissen. Eine eindeutige Individualisierung des Wolfs war nicht möglich.

3. Mai 2021 – Minden: Wildtierriss. Ein Reh wurde gerissen. Es handelte sich um einen männlichen Wolf (GW2429m) aus dem Rudel Babben-Wanninchen in Brandenburg.

30. April 2021 – Porta Westfalica: Sichtbeobachtung. Der Wolf wurde per Video aufgenommen.

7. Februar 2020 – Petershagen: Nutztierriss. Ein Schaf wurde getötet, ein weiteres verletzt und später verendet, ein drittes gilt als verschwunden. Der nachgewiesene Wolf war ein Männchen (GW1558m) aus dem Rudel Visselhövede in Niedersachsen.

7. Februar 2020 – Petershagen: Sichtbeobachtung. Der Wolf wurde auf Fotos und Videos festgehalten.

13. November 2019 – Porta Westfalica: Nutztierriss. Ein Wolf aus dem Rudel Stresower Heide in Sachsen-Anhalt (GW1187m) war beteiligt.

8. April 2019 – Petershagen: Totfund. Ein männlicher Wolfswelpe (GW1237m) aus dem Rudel Ostenholzer Moor in Niedersachsen wurde nach einer Kollision mit einem Fahrzeug tot aufgefunden.

30. März 2019 – Porta Westfalica: Totfund. Ein männlicher Wolfswelpe (GW1190m) aus dem Rudel Glücksburger Heide in Sachsen-Anhalt wurde nach einem Zusammenstoß mit einem Auto gefunden.

2. April 2017 – Petershagen: Totfund. Ein männlicher Jährling (GW679m) aus dem Rudel Altengrabow in Sachsen-Anhalt wurde nach einer Fahrzeugkollision entdeckt.

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