Kosten abhängig vom Wohnort: Hier zahlen Pflegebedürftige in OWL am meisten

Düsseldorf/Bielefeld. Pflege im Heim wird in Deutschland immer teurer. Die Eigenanteile, die Pflegebedürftige und ihre Angehörigen leisten müssen, haben sich nach jahrelangen Steigerungen zu einem Armutsrisiko entwickelt. Immer mehr Betroffene können die Kosten nicht mehr bezahlen und rutschen in die Sozialhilfe. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt jedoch, dass die Höhe des Eigenanteils stark vom Wohnort abhängt. Für OWL wird deutlich, dass schon wenige Kilometer Unterschiede in Höhe von 372 Euro pro Monat bedeuten können.

So zeigt die Auswertung auf der Basis von 11.000 Pflegeheimen in allen 400 deutschen Kreisen und kreisfreien Städten, dass Pflegeheimbewohner aktuell im bundesweiten Durchschnitt 2.948 Euro pro Monat zahlen müssen. Wobei die Kosten zwischen den Bundesländern stark variieren: In NRW sind die Eigenanteile mit durchschnittlich 3.314 Euro am höchsten und in Sachsen-Anhalt mit durchschnittlich 2.456 Euro am niedrigsten.

Die Kosten variieren laut der Studie jedoch auch innerhalb der Bundesländer stark, wie das Beispiel NRW zeigt. Auffällig ist nach Angaben des IW ein deutliches Stadt-Land-Gefälle. In NRW zahlen Pflegeheimbewohner die höchsten Eigenanteile in Düsseldorf (3.711 Euro), Solingen (3.736 Euro) und Krefeld (3.634 Euro).

Pflegebedürftige in Bielefeld zahlen 372 Euro mehr als im Kreis Gütersloh Zum Vergleich: In OWL liegen die Kosten deutlich darunter.

In Bielefeld sind es pro Monat durchschnittlich 3.330 Euro Kreis Paderborn 3.178 Euro Kreis Höxter 3.044 Euro Kreis Herford 3.098 Euro Kreis Minden-Lübbecke 3.002 Euro Kreis Gütersloh 2.958 Euro Diese Unterschiede zeigen, dass Pflegeheimbewohner in Bielefeld monatlich durchschnittlich 372 Euro mehr zahlen als im angrenzenden Kreis Gütersloh. Das sind für einen Pflegeheimbewohner Kosten von 4.464 Euro pro Jahr.

Noch deutlicher sind die Unterschiede zwischen OWL und den angrenzenden Kreisen. In Hessen und Niedersachsen zahlen Pflegeheimbewohner deutlich weniger als in OWL.

Hessen

Landkreis Waldeck-Frankenberg (2.743 Euro) Landkreis Kassel (2.844 Euro) Niedersachsen

Landkreis Schaumburg (2.371 Euro) Landkreis Nienburg/Weser (2.503) Landkreis Holzminden (2.537 Euro) Landkreis Hameln-Pyrmont (2.565 Euro) Landkreis Diepholz (2.589 Euro) Landkreis Osnabrück (2.730 Euro) Selbst in der Stadt Osnabrück liegt der durchschnittliche Eigenanteil bei 2.876 Euro, das sind monatlich 454 Euro weniger als in Bielefeld.

.responsive23-R6mAzFhP5jf3N2yh-choro-deutschland-so-hoch-ist-die { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-R6mAzFhP5jf3N2yh-choro-deutschland-so-hoch-ist-die { padding-top: 90.91%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-R6mAzFhP5jf3N2yh-choro-deutschland-so-hoch-ist-die { padding-top: 142.86%; } } Deshalb sind die Eigenanteile für Heimbewohner so hoch Das IW macht steigende Kosten für Mieten, Bauen, Energie und Lebensmittel für die hohen Eigenanteile verantwortlich. Eine große Rolle spielen nach Angaben von Forscher Maximilian Stockhausen aber auch steigende Personalkosten. &bdquo;Die seit 2022 geltende Tarifpflicht hat die Löhne deutlich steigen lassen. Das hat sich auch in den Pflegeheimkosten niedergeschlagen.“

Das bestätigt auch die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (Biva). &bdquo;Die steigenden Kosten belasten auch die Träger von Pflegeheimen. Zudem gibt es einen Zuwachs an Vorschriften, die Träger erfüllen müssen“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende Markus Sutorius. &bdquo;In NRW sind die Eigenanteile für Pflegeheimbewohner so hoch, weil die Lohnkosten, aber auch die Kosten für Mieten oder Investitionen im bundesweiten Vergleich besonders hoch sind.“

Sutorius kritisiert jedoch, dass NRW und weitere Bundesländer ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Übernahme der Investitionskosten nicht nachkommen. &bdquo;Es läuft wie im Kliniksektor. Eigentlich sind die Bundesländer für Bau- und Instandhaltungskosten verantwortlich, übernehmen diese Kosten aber nicht vollständig. Da der Bund jedoch nicht eingreift, zahlen es die Pflegeheimbewohner“, moniert Sutorius.

Länder könnten Eigenanteile um monatlich 621 Euro reduzieren Nach Angaben des Verbands der Ersatzkassen könnten die Länder Pflegeheimbewohner in Deutschland monatlich um durchschnittlich 507 Euro entlasten, wenn sie sich nicht länger ihrer finanziellen Verantwortung entziehen würden. &bdquo;Die Übernahme der Ausbildungskosten durch die Länder brächte eine weitere Entlastung um bis zu 114 Euro im ersten Aufenthaltsjahr”, erklärt die Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner.

<div data-app="dpa-addons" data-embed-type="iframe-dyn" data-format="webgrafik" data-src="https://embed.dpa-addons.com/items/webgrafik/aktuell/2024_01_24a/fehlendePflegekraefte/cont/index.html?pathSrc=aktuell/2024_01_24a/fehlendePflegekraefte/cont&nameCSS=style_1_2.css&versionScript=2.7&customer=redaktionsgemeinschaft-ostwestfaelisch-lippischer-verlage-gmbh-co-kg" data-path="aktuell/2024_01_24a/fehlendePflegekraefte/cont" data-title="Grafik der dpa: Fehlende Pflegekräfte"> Kritik übt die Biva aber auch an Heimträgern wegen rechtswidriger Praktiken. &bdquo;Wir mahnen regelmäßig Einrichtungen ab, wenn sie beispielsweise Bewohner über die Erhöhung der Eigenanteile informieren, aber die Kosten nicht aufschlüsseln oder begründen“, erklärt Sutorius. &bdquo;Die meisten Einrichtungen unterschreiben Unterlassungserklärungen und wir einigen uns im Sinne der Bewohner auf Vergleiche, doch es kommt auch zu Gerichtsverhandlungen.“ Insgesamt herrsche in vielen Bereichen Intransparenz, moniert der Jurist. &bdquo;Darunter leiden die Pflegeheimbewohner, weil die Kosten für sie oft nicht nachvollziehbar sind. Doch solche Praktiken müssen sie sich nicht gefallen lassen.“

Das größte Problem sieht die Biva jedoch in den intransparenten Verhandlungen der Pflegesätze. Die Pflegesätze sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung in einem Pflegeheim verhandeln die Einrichtungen mit den Kostenträgern - den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern. &bdquo;Behaupten Pflegeheime, dass ihre Kosten gestiegen sind, können die Pflegekassen nur die Plausibilität prüfen, nicht aber tatsächliche Belege dafür“, erklärt Sutorius. &bdquo;Daher haben wir den starken Verdacht, dass es Pflegeheime gibt, die auf Kosten der Bewohner ihren Gewinn erhöhen. Möglich gemacht durch das undurchsichtige Verfahren der Pflegesatzverhandlungen.“

Experten fordern eine Deckelung der Eigenanteile Ein Ende der Kostensteigerungen für Pflegeheimbewohner und ihre Angehörigen sehen die Experten aktuell nicht. Das IW, die Biva und der Verband der Ersatzkassen fordern eine Reform zur nachhaltigen Finanzierung der Pflegeversicherung. &bdquo;Um die Belastung zu stoppen, müssen Lösungen zur Begrenzung der Eigenbeteiligung gefunden werden“, fordert Elsner.

Dafür spricht sich seit vielen Jahren auch das evangelische Johanneswerk in Bielefeld als Träger von 55 Altenhilfe-Einrichtungen in NRW aus. Damit Pflegebedürftige und ihre Angehörigen nicht länger verarmen, fordert der Vorstandsvorsitzende Ingo Habenicht den sogenannten Sockel-Spitze-Tausch, damit die Pflegeversicherung das Lebensrisiko Pflege absichert. &bdquo;Versicherte zahlen pro Monat einen festen Betrag als Eigenanteil, die Pflegeversicherung übernimmt jedoch den Großteil der Kosten. So bleiben die Belastungen kalkulierbar und man kann sich darauf vorbereiten und auch dagegen versichern.“

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