Bielefelder Mieter unter Druck: Wohnungsgesellschaft LEG stellt Forderungen

Bielefeld. Ein Mieterhöhungsverlangen bedeutet: auf die harte Tour. Damit konfrontierte die Wohnungsgesellschaft LEG vor wenigen Tagen einzelne Mieter in ihrer großen Siedlung in Gellershagen – und das Unbehagen wächst seitdem bei den Betroffenen. Denn auf den ersten Blick argumentieren die Verfasser des zweiseitigen Schreibens gänzlich plausibel: Schwarz auf Weiß präsentieren sie die für ein derartiges Verlangen vom Gesetzgeber verlangten Zahlen und Fakten und legen den Lesenden nahe, dass sie den Mieterhöhungen besser gleich per Unterschrift zustimmen. So die Theorie.

In der Praxis sieht das in Bielefeld aber etwas anders aus. Bei den ersten Mietern regt sich Widerstand und die Partei &bdquo;Die Linke“ wendet sich mit einer klaren Botschaft an die Zaudernden. &bdquo;Bitte nicht zustimmen“ steht auf einem Flyer, den die Schildsker-Brigade am Samstag in der Siedlung verteilen wird. Bei der Tür-zu-Tür-Aktion klingelt sich auch Carsten Stölting durch die Nachbarschaft und bietet juristischen Rat an. Als Sozialrichter habe er beruflich zwar nicht unmittelbar mit dem im Schreiben bemühten Mieterhöhungs-Paragrafen 558 BGB zu tun, doch seine Position zur LEG-Interpretation sei eindeutig. &bdquo;Völlig unzulässig“ nennt er das forsch formulierte Verlangen des Vermieters.

Unterstützung erfährt er dabei durch Sarah Nagel. Die Geschäftsführerin des Mieterbundes OWL hält das Ansinnen der LEG für eine Frechheit. Weil es die Mieter massiv verunsichere, wie sie sagt. &bdquo;In Bielefeld gilt ein qualifizierter Mietspiegel zum Bestimmen der Höhe von Mieten“, erklärt sie – praktisch der Goldstandard. Differenziert nach Alter der Immobilie, Lage, Zustand und weiteren Extras, definiere eine Gutachterkommission in mühevoller Kleinarbeit die jeweiligen Preise pro Quadratmeter bis zwei Stellen hinterm Komma.

Qualifizierter Mietspiegel nur Makulatur So läge der Höchstwert für ein unsaniertes Mehrfamilienhaus aus den 50er-Jahren, wie sie die LEG in der Gustav-Freytag-Straße vermietet, bei 7,57 Euro. Weil Gellershagen durchaus zu den guten Wohnlagen zählt, Bus vor der Tür und Stadtbahn um die Ecke, Kita und Kiosk in Reichweite, dürfen es sogar noch 34 Cent mehr sein. Die Miete, die aber erhöht werden soll, liegt schon jetzt jenseits der 8 Euro und soll dann auf fast 9 Euro steigen. Begründet wird das Verlangen mit der sogenannten &bdquo;ortsüblichen Vergleichsmiete“.

Zur Illustration der teureren LEG-Realität nennt das Unternehmen drei vergleichbare Wohnungen, allerdings aus der eigenen Siedlung, mit entsprechend höheren Mieten. Und die niedrigste davon soll dann ab Januar 2026 als neue Miete gelten. Ignoriert der Mietende aber das Mieterhöhungsverlangen, könnte ihn der Vermieter auf Zustimmung verklagen. Das sei das Perfide, sagt Nagel, die Aussicht auf einen Prozess verängstige die Menschen.

Vermieterübliche statt ortsüblicher Vergleichsmiete Wobei das Definieren eigener &bdquo;ortsüblicher Vergleichsmieten“ momentan bei der LEG eine beliebte Methode zu sein scheint, wie die Mieterbund–OWL-Chefin nach einem bundesweiten Rundruf mitteilt: &bdquo;Unsere Rechtsanwälte haben uns auch darauf aufmerksam gemacht, dass die LEG aktuell solche Mieterhöhungen mit Vergleichswohnungen wählt, aber nicht nur. Auch bei uns liegen sie über dem Mietspiegel. Wir sehen darin ein Verfahren der LEG, die Mieten überproportional erhöhen zu wollen“, lautet eine der erhaltenen Antworten.

Wie die Antwort derweil auf das Mieterhöhungsverlangen lauten soll, tragen Carsten Stölting und sein Team am Samstag von Tür zu Tür.

Bielefelder Mieter unter Druck: Wohnungsgesellschaft LEG stellt Forderungen

Staffel, Index, Vergleich: Welche Mieterhöhung erlaubt ist

Mietpreisbremse in OWL: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Neuer Spiegel zeigt: Mieten steigen deutlich in Lemgo

Neuer Mietspiegel für Detmold soll Orientierung schaffen

Was tun, wenn eine Mieterhöhung ins Haus flattert?

Ohne Heizung und Warmwasser: Mieter in Bielefeld sind wütend

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus