Wegen neuer Regel in NRW: Ältere Grundschüler verlieren ihre OGS-Plätze

Düsseldorf. In Kommunen in NRW läuft der Ausbau des Offenen Ganztags (OGS) auf Hochtouren. Ab Sommer tritt der Rechtsanspruch für Erstklässler in Kraft. Sie haben dann Anspruch auf eine Betreuung am Nachmittag. In den nächsten Jahren kommen weitere Jahrgänge hinzu.

Doch schon jetzt zeichnet sich ab: In vielen Städten wird es bis zum Sommer nicht genug Plätze für alle Schüler geben. Leer ausgehen würden dann vielerorts ältere Grundschüler, die aktuell zwar einen Platz haben, aber dann nicht vorrangig berücksichtigt werden können.

Es ist eine Notlösung, die Bildungsverbände, Träger und Kommunen angesichts fehlender Plätze aktuell umtreibt. Eltern aus ganz NRW melden sich bei der Landeselternkonferenz. &bdquo;Es herrscht große Angst, bestehende Plätze zu verlieren“, sagt der Vorsitzende Hinrich Pich. &bdquo;Ich höre das von vielen Trägern, die gar keine andere Möglichkeit sehen, wenn sie Plätze für alle Erstklässler schaffen müssen“, bestätigt die Bielefelderin Martina Reiske, die im Vorstand der Schulleitungsvereinigung in NRW sitzt.

Bielefeld stellt sich auf Veränderungen bei OGS-Plätzen ein Der Städte- und Gemeindebund kennt die Problematik ebenfalls. &bdquo;Wir nehmen die Diskussionen und Sorgen sehr ernst, dass ältere Grundschulkinder ihre Betreuungsplätze zugunsten jüngerer Jahrgänge aufgeben müssten“, sagt Hauptgeschäftsführer Christoph Sommer. Die Einführung des Rechtsanspruchs sei für Kommunen beim Ausbau der Kapazitäten eine &bdquo;immense Herausforderung“.

Auch in OWL werden ältere Kinder ihre OGS-Plätze abgeben müssen oder bei Neuvergabe leer ausgehen. Auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt zum Beispiel die Stadt Bielefeld: &bdquo;Vor dem Hintergrund des ab August 2026 geltenden Rechtsanspruchs werden die Schülerinnen und Schüler der ersten Klassen vorrangig berücksichtigt.“

Ziel sei es zwar, dass Kinder der zweiten, dritten und vierten Klassen ihren bestehenden OGS-Platz behalten könnten. Aber: &bdquo;Abhängig von den Anmeldezahlen der neuen Erstklässler sowie vom jeweiligen Stand des OGS-Ausbaus an den Schulstandorten kann nicht in allen Einzelfällen ausgeschlossen werden, dass es zu Veränderungen kommt.“

Bielefelder OGS-Träger kritisiert Ungerechtigkeit Das ist beim Bielefelder OGS-Träger Stadtsportbund bereits klar. &bdquo;Wir haben hier Jahresverträge, alle Eltern müssen jedes Jahr neu anmelden“, sagt Melanie Beuys. &bdquo;Und da wir künftig Erstklässler vorrangig berücksichtigen müssen, gehen Dritt- und Viertklässler bei der Vergabe leer aus.“ Beuys empfindet das als ungerecht. &bdquo;Dann werden Erstklässler in der OGS sein, deren Eltern zu Hause sind, während alleinerziehende Berufstätige keinen Platz für ihr Kind erhalten. Aber wir kriegen nicht alle unter, dafür gibt es nicht genug Plätze.“

Auch bei der Stadt Herford weiß man: &bdquo;Bestätigen können wir, dass einige Schulträger, die dem Städtetag angehören, notgedrungen solche Maßnahmen diskutieren, um dem Rechtsanspruch nachkommen zu können“, sagt Sozialdezernent Patrick Puls. Es würden dort aber auch andere Lösungsmöglichkeiten geprüft, zum Beispiel ob über andere Betreuungsformen der Bedarf von Familien gedeckt werden könnten, die dann wiederum Plätze in der OGS freimachen könnten. In Herford könnten für das kommende Schuljahr aber alle Bedarfe gedeckt werden.

In den Städten Detmold und Bad Salzuflen im Kreis Lippe wird die Lösung, dass Viertklässler Platz für Erstklässler machen müssen, ebenfalls derzeit nicht diskutiert. In Bad Salzuflen gehen die Verantwortlichen derzeit davon aus, dass für das kommende Jahr alle Bedarfe gedeckt werden können. Für Detmold teilt Stadtsprecher Thorsten Engelhardt aber mit, dass es in der Praxis vorkomme, dass Eltern von Dritt- und Viertklässlern freiwillig auf einen Platz verzichteten, &bdquo;da ältere Kinder häufig schon selbstständig nach Hause gehen können oder Überbrückungslösungen – etwa durch Nachbarschaft oder Familienangehörige – bestehen. Diese Selbstständigkeit ist bei Erstklässlern in der Regel noch nicht gegeben.“

Land NRW sieht sich beim OGS-Ausbau auf Kurs In der Düsseldorfer Landespolitik macht das drohende Szenario längst die Runde. SPD-Politiker Dennis Maelzer aus Detmold erwartet einen &bdquo;holprigen Start“ des Rechtsanspruchs. &bdquo;Den Preis dafür drohen Dritt- und Viertklässler zahlen zu müssen.“ Sie könnten gezwungen sein, ihren Platz an Kinder der Klasse 1 abzugeben, so Maelzer. Die schwarz-grüne Landesregierung habe lange Zeit auf eine eigene Kraftanstrengung verzichtet und auf das Prinzip Hoffnung gesetzt. &bdquo;Das scheint sich zu rächen. Ausbaden müssen es letztlich Kommunen, Kinder und Eltern.“

Das NRW-Schulministerium sieht das Land beim OGS-Ausbau hingegen &bdquo;auf Kurs“. Für 2026 stünden Mittel bereit, um 50.000 Plätze zu finanzieren, wenn sie von den Kommunen eingerichtet werden sollten. Mit dem Haushalt habe man die Weichen dafür gestellt, den jahrgangsweise aufwachsenden Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung für Kinder im Grundschulalter ab dem Schuljahr 2026/27 &bdquo;sukzessive umzusetzen“. Jeder von den Kommunen beantragte Platz könne bewilligt werden.

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