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Petra Kolip forscht zum Körpergefühl Jugendlicher

"Verzerrtes Bild vom eigenen Körper"

veröffentlicht

KOLIP: Bei den Mädchen geht es eher um zu dick, bei den Jungs gibt es auch welche, die sich zu dünn finden. Das hängt damit zusammen, dass das Körperbild bei den Jungs eben darauf abzielt, dass man athletisch und muskulös sein sollte. Da fühlen sich manche eben zu mager. Das ist in der Konsequenz nicht so gefährlich, es sei denn man treibt exzessiv Sport und verwendet Präparate zum Muskelaufbau, die der Gesundheit schaden.

Jedes zweite 15-jährige Mädchen und jeder dritte Junge finden sich zu dick - auch wenn dies objektiv nicht der Fall ist. Dem gegenüber stehen 1,9 Millionen fettleibige Kinder zwischen 3 und 17 Jahren in Deutschland, davon 800.000 adipöse. Prägen sich die Extreme immer stärker aus?

KOLIP: Das kann man sicherlich sagen, das sehen wir ja auch bei den Erwachsenen. Allerdings ist bei den Jugendlichen zu beobachten, dass sie sich immer noch unwohl mit ihrem Körper fühlen, obwohl sie normalgewichtig sind. Da ist also das individuelle Körperbild verschoben.

Ihre Studie ist eingebettet in eine internationale Vergleichsstudie, hier schneiden die deutschen Teenager als deutlich körperbewusster als Jugendliche anderer Nationalitäten ab. Woran liegt das nach Ihrer Einschätzung?

KOLIP: Die USA sind an der Spitze mit Übergewicht und Adipositas, auch in den Mittelmeerländern finden sich andere Zusammenhänge. Vermutlich mag die deutsche Situation damit zusammenhängen, dass ein lustvoller Umgang mit dem Körper und auch mit dem Essen bei uns nicht so angesagt ist. Wir leben in einer Kultur, die strenger ist, weniger genussfreundlich, so dass sich das auch bei den Jugendlichen niederschlägt.

Warum setzen sich Mädchen stärker dem Körperkult aus als Jungen?

KOLIP: Mädchen achten mehr auf ihren Körper, sind früh darauf getrimmt, sich gesund zu ernähren und sich zu bewegen. Außerdem entfernen sich die Mädchen in der Pubertät, wenn sie ihre Rundungen kriegen, erst mal von dem Idealbild der Superschlanken. Jungs dagegen nähern sich eher dem Bild des gestandenen Mannsbilds an.

Die Folgen des Schlankheitswahns sind ungesunde Diäten, körperliche und psychische Störungen. Was kann denn präventiv getan werden?

KOLIP: Was uns sehr erstaunt hat, war die Tatsache, dass rund 50 Prozent morgens das Frühstück auslassen. 20 Prozent der 15-jährigen Mädchen sagen, dass sie aktuell eine Diät machen. Das finde ich sehr beachtlich. Es gibt auch die Fälle, wo die Mutter mit der Diät anfängt und die Tochter dann mit einsteigt. Da wird relativ früh ein Umgang mit dem Körper vermittelt, der sehr auf Askese ausgerichtet ist. Da würde ich mir wünschen, dass Eltern gelassener sind und für sich selber auch überlegen, wie sie mit dem eigenen Körper umgehen. Auch Schule kann sicherlich im Hinblick auf das Körperbewusstsein etwas ausrichten. Ein wichtiges Zeichen setzen die Initiativen gegen sogenannte Magermodels.

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