Mutter nach Geburt dauerhaft inkontinent: Bielefelder Klinik zahlt 300.000 Euro

Bielefeld. Eine Bielefelder Geburtsklinik hat nun zugestimmt, nach einer Geburtshilfe mit einer sogenannten Babyzange, bei der die Mutter anhaltende Schädigungen der Beckenbodennerven erlitten haben soll, insgesamt 300.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Weil es sich in diesem Fall um einen gerichtlichen Vergleich handelt, bedeutet die Zahlung nicht das Anerkennen eines Behandlungsfehlers. Das betonte der Bielefelder Anwalt der Klinik, Wolfgang Gansweid.

Wie berichtet, leidet die 42-jährige Mutter Janina G. (Name geändert) seit der Geburt ihres ersten Sohnes 2016 unter ständigem Harndrang und Stuhlinkontinenz – eine inzwischen anerkannte Schwerbehinderung von 60 Grad.

Bielefelder Chefarzt kann nötige Vorbereitung nicht nachweisen Die Bielefelderin wirft ihrem Geburtshelfer vor, die bei Geburten gängige Periduralanästhesie (PDA) überdosiert zu haben, so dass sie den Geburtsvorgang nicht mehr aktiv unterstützen konnte. Die Folge: Der Gynäkologe musste das Baby per Zange zur Welt bringen. Dabei soll es zu einer Schädigung des Beckenbodens gekommen sein.

Ein möglicher Grund dafür: Der Chefarzt soll vergessen haben, die Blase der Patientin vorher zu entleeren. Das wäre aber nötig und wäre ein schwerer Behandlungsfehler. Der Gynäkologe sagt, dass die Blasenentleerung stattgefunden habe. Nur tauchte sie nicht im OP-Bericht auf.

Bielefelderin erhält 150.000 Euro Schmerzensgeld und 150.000 Euro Erwerbsschadenersatz Nachdem die Schadenersatzklage der Mutter vor dem Landgericht Bielefeld noch abgewiesen wurde, bewertete das Oberlandesgericht die Frage der Beweislast diesmal anders, erklärt Gansweid. Der Senat machte deutlich, dass der Arzt in der Pflicht sei, die Blasenentleerung zu beweisen. Da dies ohne einen Beleg im OP-Bericht kaum möglich sein würde, habe der Haftpflichtversicherer der Klinik entschieden, dem Vergleichsangebot des Oberlandesgerichts Hamm zuzustimmen. &bdquo;Der Zivilprozess ist damit abgeschlossen. Auch alle möglichen weiteren Ansprüche der Klägerin sind damit abgegolten.“

Auch Janina G. hatte mit ihrem Anwalt Hartmut Geil dem Vergleichsangebot des OLG zugestimmt. Auch wenn das heißt, dass keiner der einzelnen Klagepunkte in einem Urteilsspruch bewertet wird. &bdquo;Das wäre für mich wichtig gewesen. Aber der Rechtsstreit könnte sich noch Jahre hinziehen. Das ist für mich einfach nicht vorhersehbar.“ Die Bielefelderin hatte angesichts ihrer Einschränkungen eine deutlich höhere Summe an Schadenersatz durch langjährigen Verdienstausfall geltend gemacht. Das Vergleichsangebot des OLG sieht 150.000 Euro Schmerzensgeld und 150.000 Euro als Erwerbsschadenersatz vor.

Trotz des Vergleichs ist der Fall juristisch noch nicht abgeschlossen. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts fahrlässiger Körperverletzung und wegen Prozessbetruges gegen den Gynäkologen. Letzteres könnte relevant werden, nachdem der Arzt im ersten Verfahren einen Operationsbericht vorgelegt haben soll, der nachträglich verändert war. Die Ermittlungen dauern noch an.

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