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„Commandos: Origins“ im Test: Eine Legende kehrt zurück

Sebastian Beeg

In "Commandos: Origins" schleichen sich Green Beret, Pionier und Co. wieder hinter deutsche Linien. - © Kalypso Media
In "Commandos: Origins" schleichen sich Green Beret, Pionier und Co. wieder hinter deutsche Linien. (© Kalypso Media)

Es ist die Rückkehr einer legendären Spielreihe. Knapp 30 Jahre nach dem ersten Teil erscheint mit „Origins“ der nunmehr fünfte Teil der „Commandos“-Reihe. Viele Jahre war es ruhig geworden um die fiktive alliierte Spezialeinheit, die während des Zweiten Weltkriegs Sabotagemissionen hinter feindlichen Linien durchführt.

Dabei hatte „Commandos: Hinter feindlichen Linien“ (1998) ein eigenes Genre, die Echtzeit-Taktik, begründet. Sowohl dieser als auch der zweite Teil „Men of Courage“ (2001) waren dabei sehr erfolgreich und erhielten von Fachpresse und Fans gute Kritiken. Erfolge, an die „Destination Berlin“ (2003) und der Ego-Shooter „Strike Force“ (2006) nicht mehr anknüpfen konnten.

Dabei wurde das Spielprinzip einige Male (erfolgreich) kopiert. Die Reihe „Desperados“ (2001-2020) verlegte die Handlung kurzerhand in den Wilden Westen, „Shadow Tactics: Blades of the Shogun“ (2016) spielt im feudalen Japan.

2018 kaufte der deutsche Publisher Kalypso Media die Markenrechte an der Reihe – und will nun mit „Commandos: Origins“, entwickelt vom deutschen Studio Claymore Games Studios, die alten Zeiten aufleben lassen. Wir haben getestet, ob das wirklich gelungen ist.

Ein Käfig voller Helden

Im Befehlsmodus pausiert das Spiel. Das gibt uns die Möglichkeit, unterschiedliche Befehle an die Commandos auszugeben, die dann parallel ausgeführt werden. Hier befehlen wir Pionier und Green Beret, zwei Gegner gleichzeitig zu neutralisieren. - © Kalypso Media
Im Befehlsmodus pausiert das Spiel. Das gibt uns die Möglichkeit, unterschiedliche Befehle an die Commandos auszugeben, die dann parallel ausgeführt werden. Hier befehlen wir Pionier und Green Beret, zwei Gegner gleichzeitig zu neutralisieren. (© Kalypso Media)

Green Beret, Pionier, Marine, Scharfschütze, Spion und Fahrer – Veteranen der Reihe dürften die sechs alliierten Spezialisten bereits kennen. Denn bereits im ersten Teil bildete dieses Sextett die Commandos. Auch in „Commandos: Origins“ führen wir sie gegen die Wehrmacht ins Feld. Das Ziel: Hinter feindlichen Linien möglichst viel Schaden anrichten. Mal soll eine wichtige Eisenbahnbrücke zerstört, mal ein Fort in Nordafrika infiltriert werden.

Die Missionen geben dabei nicht 1:1 reale Einsätze alliierter Spezialeinheiten wieder. Vielmehr haben sich die Entwickler laut eigener Aussage von den echten Einsätzen und Schauplätzen inspirieren lassen und erheben keinerlei Anspruch auf historische Korrektheit.

Bei ihren Einsätzen sind die Commandos dem Gegner zahlenmäßig immer unterlegen. Zumal nicht immer alle Spezialisten zur Verfügung stehen. Umso mehr gilt es, die Stärken der einzelnen alliierten Soldaten geschickt zu nutzen und im richtigen Moment auszuspielen.

So nimmt es der Scharfschütze etwa mit seinem Präzisionsgewehr mit weit entfernten Gegnern auf, muss dabei aber auf seinen begrenzten Munitionsvorrat achten. Der Pionier versteht sich auf Sprengstoffe aller Art, während der Spion in feindliche Uniformen schlüpfen und damit Gegner ablenken kann.

Sichtkegel und Laufwege der Gegner müssen genau studiert werden. Ansonsten ist der Einsatz schnell vorbei. Besonderer Kniff am Strand: Soldaten und Commandos hinterlassen Spuren im Sand, die erst nach einiger Zeit verschwinden – gut zu sehen an dem Soldaten, der zwischen dem Zelt und den Booten seine Runde dreht. - © Kalypso Media
Sichtkegel und Laufwege der Gegner müssen genau studiert werden. Ansonsten ist der Einsatz schnell vorbei. Besonderer Kniff am Strand: Soldaten und Commandos hinterlassen Spuren im Sand, die erst nach einiger Zeit verschwinden – gut zu sehen an dem Soldaten, der zwischen dem Zelt und den Booten seine Runde dreht. (© Kalypso Media)

Insgesamt gibt es 14 Missionen, die auf großen, detailreichen Karten spielen. In der Regel wird der Einsatztrupp am einen Ende abgesetzt und muss sich einmal quer über die Karte bis ans andere Ende vorarbeiten.

Die Missionsziele können sich dabei im Laufe des Einsatzes verändern. In einer Mission etwa gilt es, den Anführer einer norwegischen Widerstandsgruppe zu befreien. Später sollen darüber hinaus noch weitere Mitglieder der Gruppe aus deutscher Gefangenschaft befreit werden.

Was sich schwierig anhört, ist es auch. Denn die Karten wimmeln nur so vor feindlichen Soldaten. Die lösen sofort Alarm aus, wenn sie einen der Commandos entdecken. Vorsicht ist also geboten. Die Laufwege der Gegner wollen genau studiert werden. Ebenso wie die Sichtkegel, die sich per Mausklick anzeigen lassen.

Erst dann können wir unseren Weg planen – und davon gibt es einige. Die einzelnen Missionen lassen sich auf unterschiedliche Weisen lösen.

Puzzle mit Schleicheinlagen

Und das macht auch einen Reiz des Spiels aus. Im Prinzip ist „Commandos: Origins“ ein großes Puzzle mit Schleicheinlagen. Mit dem großen Unterschied, dass Teile nicht hinzugefügt, sondern herausgelöst werden.Nach und nach schalten wir Gegner aus und kommen dem Missionsziel dabei stetig näher. Immer an unserer Seite ist dabei der imaginäre siebte Commando: der Nervenkitzel.

Denn so manches Mal funktionieren die von uns ausgeklügelten Pläne gerade so. Weil wir einen Sichtkegel nicht beachtet haben oder eine Patrouille um die Ecke biegt. Wenn unser Spezialist dann doch noch im letzten Augenblick in Deckung springt, dann stehen uns sowohl die Schweißperlen auf der Stirn, als auch das breite Grinsen im Gesicht – wieder geschafft!

Was den Umfang angeht, haben es die 14 Missionen in sich. In jedem Einsatz verbringen wir gut und gerne drei bis vier Stunden – freilich auch, weil wir hin und wieder neu laden müssen, wenn ein Plan dann doch nicht funktioniert.

Kann Spuren im Schnee beinhalten

Auch nachts sind die Commandos unterwegs und dort schlechter sichtbar. Es sei denn, sie kommen in die Nähe von Lichtquellen. Zudem können die Spezialisten zum Teil mit der Umgebung interagieren. Unser Marine (weißer Kreis) kann die Kiste über den Zaun werfen und den darunter stehenden Gegner neutralisieren. Seine Kameraden würden das für einen Unfall halten und keinen Verdacht schöpfen. - © Kalypso Media
Auch nachts sind die Commandos unterwegs und dort schlechter sichtbar. Es sei denn, sie kommen in die Nähe von Lichtquellen. Zudem können die Spezialisten zum Teil mit der Umgebung interagieren. Unser Marine (weißer Kreis) kann die Kiste über den Zaun werfen und den darunter stehenden Gegner neutralisieren. Seine Kameraden würden das für einen Unfall halten und keinen Verdacht schöpfen. (© Kalypso Media)

Dass sie aber erfolgreich sind, hängt auch davon ab, wie wir unsere Spezialisten einsetzen. Denn deren Spezialfähigkeiten unterscheiden sich zum Teil deutlich. So schätzen wir etwa besonders den Marine, weil der mit einem Steinwurf gegnerische Soldaten ablenken kann.

Zwar kann auch der Scharfschütze die Gegner ablenken. Dafür benötigt er aber leere Patronenhülsen, die nur begrenzt zur Verfügung stehen. Steine dagegen sind in rauen Mengen vorhanden. Sind wir also ohne den Marine unterwegs, müssen wir bisweilen sehr kreativ werden, um die Gegner abzulenken.

Zudem müssen wir uns gut an die jeweiligen Bedingungen anpassen. Nachts etwa sind die Commandos schwerer zu sehen. Allerdings sollten die Spezialisten auch Lichtquellen meiden, weil sie dort sofort entdeckt werden.Im Schnee oder im Sand hinterlassen Green Beret, Pionier und Co. Spuren, die erst mit der Zeit verblassen. Kommt im falschen Moment ein Gegner vorbei, schlägt der möglicherweise Alarm. Das führt dazu, dass weitere Gegner dazukommen und nach den Commandos suchen.

Außerdem können wir in einem Befehlmodus die Aktionen mehrerer Commandos planen und dann parallel ausführen. Das bietet sich vor allem dann an, wenn mehrere Gegner gleichzeitig ausgeschaltet werden müssen.

Stell dir vor, es explodiert etwas und keinen interessiert’s

Während des Spiels haben wir uns so manches Mal über die Reaktionen der Gegner gewundert. Klar, bereits in den vorherigen Teilen konnten ganze Burgen entvölkert werden, ohne dass das große Konsequenzen auf die Wachsamkeit der Gegner hatte.

Und tatsächlich wundern sich in „Origins“ einige Gegner, wenn ein Kamerad nicht an seinem Platz steht. Oft wenden sich die Soldaten aber nach kurzer Suche wieder ihren Aufgaben zu. In einer anderen Szene haben wir eine Flugabwehrkanone gesprengt. Gegner in vermeintlicher Hörweite hat das nicht interessiert. Da hätten wir uns etwas mehr Realismus gewünscht.

Eine Flugabwehrkanone geht in einem spektakulären Feuerball auf – die deutschen Soldaten am oberen Bildrand geben sich davon allerdings unbeeindruckt. - © Kalypso Media
Eine Flugabwehrkanone geht in einem spektakulären Feuerball auf – die deutschen Soldaten am oberen Bildrand geben sich davon allerdings unbeeindruckt. (© Kalypso Media)

Aufgehorcht haben wir im wahrsten Sinne des Wortes bei der Vertonung. Denn dass die Commandos eine multinationale Einheit sind, kommt in der deutschen Sprachausgabe nicht wirklich rüber. Erst als der Spion das Wort Boche verwendete, eine beleidigende Bezeichnung für Deutsche aus dem Französischen, haben wir uns die Szene in der englischen Version angehört.

Und siehe da, der Spion spricht mit deutlichem französischem Akzent, der Marine ist hörbar ein Brite, der Fahrer ein waschechter New Yorker. Nuancen, die erheblich zur Atmosphäre beitragen, in der deutschen Übersetzung aber absolut verloren gehen.

Ein Schlachtplan ist kein Drehbuch

Auf den einzelnen Karten sind kleine Fotos verteilt, die wir einsammeln können und damit Informationen über Fahrzeuge, Gebäude oder Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg erhalten. - © Kalypso Media
Auf den einzelnen Karten sind kleine Fotos verteilt, die wir einsammeln können und damit Informationen über Fahrzeuge, Gebäude oder Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg erhalten. (© Kalypso Media)

Unser größtes Problem aber haben wir mit der Story. „Origins“ soll die Geschichte erzählen, wie sich die bekannten Charaktere erstmals getroffen haben und zur legendären Spezialeinheit geworden sind. Zwar treffen sich die Spezialisten erstmals in „Origins“. Aber eine wirkliche Geschichte entwickelt sich nicht so recht.

Vor allem die Hintergrundgeschichten der einzelnen Commandos entfalten sich so gut wie nicht. Es werden Andeutungen gemacht und ein paar Sätze während der Missionen ausgetauscht. Das war es im Großen und Ganzen.

Aus unserer Sicht wurde hier viel Potenzial verschenkt. Wie es etwas besser geht, hat 2016 „Shadow Tactics: Blades of the Shogun“ gezeigt, das die anspruchsvollen Missionen in eine stimmungsvolle Story eingebettet hat.

Zudem verzichtet „Commandos: Origins“ auf ein motivierendes Belohnungssystem. Nachdem wir uns stundenlang durch feindlichen Gebiet geschlichen und wahre Heldentaten vollbracht haben, wird die Mission in einer schnöden Statistik zusammengefasst. Dann geht es weiter zur nächsten Mission.

Außerdem können wir zwar während der Einsätze bis zu vier Karten einsammeln, die geben aber nur Informationen zu Fahrzeugen, Gebäuden oder Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg. Darüber hinaus liefern die Karten keinen Vorteil, etwa mehr Medi-Packs oder Munition für die nächste Mission. Das macht das Kartensammeln zu einer freiwilligen Fleißaufgabe ohne erkennbaren Mehrwert.

Unser Fazit zu „Commandos: Origins“

Ja, „Origins“ spielt sich wie die ersten beiden „Commandos“-Teile. Vor allem an den herausragenden zweiten Teil haben wir uns erinnert gefühlt. Der Nervenkitzel, hinter den feindlichen Linien zu agieren. Dabei auf jeden Schritt achten zu müssen. Und die Freude darüber, wenn ein lang gehegter Plan endlich in Erfüllung geht. „Origins“ macht vieles richtig und setzt die alt bewährte Erfolgsformel der alten „Commandos“-Teile gekonnt um.

Doch leider fehlt dem Spiel eine gut erzählte Geschichte. So wirken die Missionen lediglich aneinandergereiht, ohne dass etwa die Charaktere glaubhaft entwickelt werden und wir uns mit ihnen identifizieren. Schade eigentlich, denn so verpasst es das eigentlich gute „Origins“ leider, neue Maßstäbe für die Reihe zu setzen.

„Commandos: Origins“ ist erhältlich für PC, PlayStation 5 sowie Xbox Series X/S und kostet rund 45 Euro. Wir haben die PC-Version auf Steam getestet.

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