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Games-Kritik

„Luto“ im Test: Ist der Hype um das neue Horrorspiel berechtigt?

Hinweis der Redaktion: Wer mit emotionaler Instabilität, jüngster Trauer oder Depression kämpft, sollte sich gut überlegen, ob „Luto“ gerade das richtige Spiel ist.

Psychologische Horrorspiele müssen sich wahrscheinlich immer am Phänomen „P.T.“ messen. „Luto“, das Debüt des spanischen Studios Broken Bird Games, will aber mehr sein als nur eine weitere Hommage an Hideo Kojimas gescheiterten Klassiker. „Luto“ verspricht beklemmende Innensichten einer gebrochenen Psyche und verlässt sich dabei auf das Prinzip: Weniger Jumpscares, dafür mehr innerer Schrecken.

Die Erwartungshaltung ist entsprechend hoch, immerhin wird seit der Veröffentlichung Ende Juli über „Luto“ viel diskutiert – und das Spiel erhält nicht nur in Deutschland, sondern international überwiegend positive Wertungen.

Was bleibt also, wenn man die Flure von „P.T.“ verlassen und sich tiefer auf den Abgrund zwischen Realität und Wahn begibt? „Luto“ versucht, Antworten zu geben – scheitert jedoch manchmal an seinen eigenen Ambitionen. Wir haben das Spiel ausgiebig aus einer Playstation 5 Pro getestet.

Worum geht’s in „Luto“?

In „Luto“ übernehmen wir die Rolle eines Protagonisten, der in seinem vertrauten Zuhause gefangen zu sein scheint. Doch die Realität bröckelt schnell: Türen verschließen sich auf mysteriöse Weise, Räume wiederholen sich in Endlosschleifen, Erinnerungen glimmen auf und verflüchtigen sich wieder – alles Zeichen eines psychischen Ausnahmezustands. Das Gameplay bleibt dabei minimalistisch: Wir laufen durch Räume, interagieren mit der Umgebung, lösen Rätsel und begegnen Symbolen von Trauer, Depression und Verlust. Das Ziel: Den Weg aus dieser Hölle finden – oder wenigstens die eigene Vergangenheit Stück für Stück begreifen.

Der Trailer zum Spiel

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Was hat uns gefallen?

Visuell überzeugt „Luto“ mit surrealem Detailreichtum und bedrückender Atmosphäre. Die Umgebung des Spiels verändert sich subtil, aber wirkungsvoll – ein Flur verlängert sich plötzlich, ein Schatten bewegt sich ohne Quelle, vertraute Orte wirken plötzlich fremd. Diese visuelle Gestaltung verstärkt das Gefühl von Isolation und Desorientierung auf unheimlich wirkungsvolle Weise.

Unterfüttert wird das mit einem herausragenden Sounddesign, das die Spannung auf beeindruckende Weise intensiviert: Flüsternde Stimmen, entfernte Schritte und subtile Störgeräusche erzeugen eine konstante Atmosphäre der Bedrohung. Dabei verzichtet das Spiel wohltuend auf platte Schockeffekte und punktet stattdessen mit einem psychologisch fein abgestimmten Klangbild. Wir empfehlen auch bei diesem Spiel wieder: Unbedingt mit Kopfhörern spielen!

"Luto" spielt hervorragend mit Licht und Schatten. - © Broken Bird Games
"Luto" spielt hervorragend mit Licht und Schatten. (© Broken Bird Games)

„Luto“ ist definitiv kein Genre-Einerlei! Statt auf billige Schockmomente setzt das Spiel auf eine ruhige, aber sehr intensive Auseinandersetzung mit Themen wie Depression, Trauer und psychischem Zerfall. Es ist eher eine Reise nach innen als eine Flucht vor äußeren Monstern – und gerade deshalb wirkungsvoll.

Wir betonen an dieser Stelle gerne, wie ernsthaft und respektvoll das Spiel mit diesen schwerwiegenden psychologischen Themen umgeht – und sich dadurch von vielen anderen Horror-Titeln positiv abhebt. Und: Trotz unübersehbarer Inspiration durch Genretitel wie „P.T.“ oder „Layers of Fear“ gelingt es „Luto“, eine eigenständige Geschichte zu erzählen.

Was hat uns nicht gefallen?

Aber leider hat „Luto“ auch Schattenseiten, die uns nachhaltig gestört haben. So wirkt zum Beispiel die Rätselmechanik, ein zentrales Element bei „Luto“, total unorganisch und ist oft einfach nur frustrierend. Selten fügt sich ein Puzzle natürlich in den Spielfluss ein. Statt kreative Denkanstöße zu bekommen, die wir nutzen können, irren wir ziellos durch die Räume und suchen verzweifelt nach unsichtbaren Auslösern – was die Spannung eher hemmt, als sie zu steigern.

Verschlossene Türen und eine beklemmende Atmosphäre prägen das psychologische Horror-Erlebnis – und gleichzeitig mangelt es an Möglichkeiten zur Interaktion. - © Broken Bird Games
Verschlossene Türen und eine beklemmende Atmosphäre prägen das psychologische Horror-Erlebnis – und gleichzeitig mangelt es an Möglichkeiten zur Interaktion. (© Broken Bird Games)

Ein Beispiel: Eine Tür ist mit zwei Brettern vernagelt. Ein paar Räume weiter sehen wir einen Hammer, der an einem Kronleuchter an der Decke hängt. Wir finden im selben Raum eine Leiter, die wir jedoch nicht bewegen können. Ein Hinweis auf der Leiter erklärt uns kryptisch, dass wir zuerst um Hilfe bitten sollten, bevor wir selbst etwas unternehmen. Doch da ist niemand, den wir um Hilfe bitten können. Zwei Flure weiter entdecken wir ein Telefon, Buchstaben an der Wand, Visitenkarten auf dem Tisch und fragen uns, unter welcher Nummer wir am besten um Hilfe bitten? Die 911 hilft uns nicht – so viel können wir schon mal spoilern, die Lösung verraten wir aber nicht.

Die bewusst vage Erzählweise droht hier und in vielen anderen Momenten ins Leere zu laufen. Zwar ist es legitim, Fragen offenzulassen und Interpretationsräume zu eröffnen – doch „Luto“ übertreibt. Ohne stützendes Gameplay oder starke Charakterentwicklung bleibt die Geschichte über weite Strecken zu abstrakt und leider wenig greifbar.

Anfangs haben wir gedacht, „Luto“ macht es mal anders. Aber wirklich innovativ ist „Luto“ nur bedingt – vieles hat man schon gesehen. Der psychologische Horror spielt erneut im bekannten Setting des „verrückten Hauses“, in dem sich die Psyche im Raum spiegelt. Diese Idee war einst frisch, wirkt aber inzwischen stark beansprucht – und wird im Fall von „Luto“ zu vorhersehbar eingesetzt.

Letztlich mindert dann auch noch die reduzierte Interaktivität das Spielerlebnis. Zwar passt die spartanische Steuerung zum entschleunigten Ansatz des Spiels, aber immer wieder wünscht man sich doch mehr Tiefe in der Interaktion mit dieser Welt. Gerade im Vergleich zu Genre-Kollegen wie etwa „Visage“ (2021) bleibt „Luto“ hier merklich zurück.

Unser Fazit zu „Luto“

„Luto“ ist ein stilvolles, aber widersprüchliches Psychospiel: Einerseits beeindruckt es mit seiner stimmungsvollen Inszenierung, dem Sounddesign und der gekonnt eingeflochtenen Symbolik psychischer Erkrankung. Andererseits bleibt das Spielerlebnis oft zu minimalistisch, leidet unter erzählerischen Leerläufen und lebt letztlich zu sehr von bereits bekannten Motiven. Trotzdem trauen sich die Entwickler, eine zutiefst persönliche Geschichte fernab des Mainstream-Horrors zu erzählen – und das verdient Respekt.

Ob sich „Luto“ damit als Meilenstein etabliert oder nur als Echo in einem längst vertrauten Horrorkorridor verhallt, hängt am Ende von der eigenen Bereitschaft ab, sich auf das Konzept des psychologischen Stillstands einzulassen. Wer einen weiteren schnellen Adrenalinkick sucht, wird enttäuscht sein; wer sich nach Subtext und Beklemmung sehnt, bekommt in „Luto“ einen der interessantesten Indie-Titel des Sommers.

„Luto“ ist seit dem 22. Juli 2025 erhältlich für PC, Playstation 5 and Xbox Serie X|S und kostet rund 20 Euro. Das Spiel ist ab 18 Jahren freigegeben.

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