Nur Propaganda? Extremisten sammeln Spenden für die Türkei

Bielefeld. Das Entsetzen nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei mit Tausenden Toten ist riesig. Viele Menschen engagieren sich, wollen spenden. Diverse große Organisationen sammeln Geld, um im Krisengebiet zu helfen. Doch auch extremistische Gruppen rufen zu Spenden für die Türkei auf - und denen geht es laut Verfassungsschützern nicht nur um humanitäre Hilfe.

Ein Beispiel ist die ar-Rahman-Moschee in Münster. Ihr attestiert der Nachrichtendienst in NRW Einflüsse durch die Muslimbruderschaft - im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird sie namentlich erwähnt. Die Initiatoren der Moschee sammeln nun Spenden für die Türkei – so wie andere Organisationen mit extremistischem Einfluss auch. Das zeigen Recherchen dieser Redaktion.

So haben auch Hilfsorganisationen, die der türkischen Hizbullah zugerechnet werden, eigene Aufrufe gestartet. Sie teilen in sozialen Medien fleißig Aufnahmen aus dem Krisengebiet, in dem Anhänger helfen. Weitere Beispiele für Spendenaufrufe durch extremistische Gruppen sind beispielsweise die islamistische Furkan Gemeinschaft, das schiitisch-iranische Islamische Zentrum Hamburg oder die Grauen Wölfe, also türkische Rechtsextreme. Auch in der salafistischen Szene sammeln Organisationen.

"Anschluss an Mitte der Gesellschaft finden" Die Sicherheitsbehörden beobachten die Entwicklungen genau. So heißt es vom NRW-Verfassungsschutz, dass in sozialen Medien zahlreiche Spendenmöglichkeiten geteilt werden, "die der islamistischen Szene zuzurechnen sind". Und weiter: "Auch private Spendensammlungen und Standorte, an denen Spenden abgegeben werden können, werden genannt."

Spendenaufrufe von extremistischen Organisationen beobachten Verfassungsschützer in Katastrophenfällen immer wieder. "Spendenaufrufe sind eine häufig genutzte Methode von Extremisten, mit vermeintlicher Hilfeleistung Anschluss an die Mitte der Gesellschaft zu finden", heißt es von dem Geheimdienst in NRW. "Es kommt außerdem vor, dass Extremisten in betroffene Gebiete fahren, um Hilfe anzubieten. Diese angeblichen Unterstützungsleistungen werden genutzt, um sich über soziale Medien beim Arbeitseinsatz selbst darzustellen und auf das angebliche Versagen der offiziellen Hilfskräfte und des Staates hinzuweisen." Ob die extremistischen Gruppen dann tatsächlich Hilfe vor Ort leisten, sei nicht immer klar. Mutmaßlich im Vordergrund stehe die Absicht, "kurzfristige Aufmerksamkeit vor Ort und in den sozialen Medien zu erzielen".

Werden Gelder zweckentfremdet? Das Erdbeben in der Türkei und in Syrien ist aktuell das beherrschende Thema in der islamistischen und somit auch der extremistisch-salafistischen Szene. Innerhalb der salafistischen Szene stellen Spendensammlungen generell ein wesentliches Aktionsfeld dar. So ist bekannt, dass in der Vergangenheit immer wieder teils hohe Geldbeträge für "Hilfsorganisationen" oder "Gefangenenhilfen" gesammelt wurden. Die Gelder für die "Gefangenenhilfe" seien beispielsweise dazu gedacht gewesen, in der Türkei und in Syrien inhaftierte Personen zu unterstützen, die zuvor in dschihadistische Kampfgebiete ausgereist waren, berichtet der NRW-Verfassungsschutz.

Ob im Rahmen der Türkei-Hilfe bereits Spenden zweckentfremdet wurden, ist noch nicht klar. Den Nachrichtendiensten liegen nach Informationen der Redaktion bisher keine Kenntnisse dazu vor. Ein Sprecher des Bundesamtes für Verfassungsschutz urteilt: "Unabhängig von der tatsächlichen Verwendung gilt, dass extremistische Vereinigungen Spendensammlungen als Thema propagandistisch für sich ausnutzen können, um die eigene Agenda in positivem Licht erscheinen zu lassen."

Nur Propaganda? Extremisten sammeln Spenden für die Türkei

Bekannte Ex-Boxerin aus OWL: Salafisten-Influencerin soll in Bielefeld auftreten

Salafisten-Treffen in Gütersloh: Radikaler Islamist trat in Moschee auf

Islamistischer Tiktok-Star gesteht Spendenbetrug

Luxusleben dank Spenden? Anklage gegen Promi-Salafisten aus NRW

Gericht stellt Tiktok-Star drei Jahre Haft in Aussicht

Islamistischer Tiktok-Star wegen Spendenbetrugs angeklagt

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus