Langer Schatten des Sklavenhandels - keine Entschuldigung des Königshauses

Die britische Krone hat ein Problem mit ihrer Vergangenheit. Die Sünden des Kolonialismus, allen voran die Versklavung von Millionen Menschen, sind eine dunkle Seite der nationalen Geschichte, die niemals aufgearbeitet wurde, auch vom Königshaus nicht. Kein Wunder also, dass die bevorstehende Krönung von Charles III. gerade bei den ethnischen Minderheiten im Land keine große Begeisterung auslösen kann. 40 Prozent von ihnen, so fand das Meinungsforschungsinstitut YouGov heraus, lehnen die Monarchie ab und würden ein gewähltes Staatsoberhaupt vorziehen. 49 Prozent der ethnischen Minderheiten denken, dass die Royals &bdquo;ein Problem mit Rasse und Diversität“ haben.

&bdquo;Ich finde es haarsträubend“, sagt Lester Holloway, &bdquo;dass sich niemand für die Sklaverei entschuldigt hat.“ Holloway ist der Chefredakteur von &bdquo;The Voice“, die größte afrikanisch-karibische Zeitung des Königreichs. &bdquo;Sämtliche Institutionen, und dazu gehört die königliche Familie, die in den historischen Horror des Kolonialismus verstrickt waren, haben sich nicht für die Sklaverei entschuldigt“, beklagt sich Holloway. Seine Zeitung streitet seit Jahrzehnten für diese &bdquo;Schlüsselforderung“, doch bisher vergebens.

Dabei ist offensichtlich, wie sehr die königliche Familie im Besonderen und das Königreich im Allgemeinen vom atlantischen Sklavenhandel profitiert haben. England besaß die weltweit größte Flotte an Sklavenschiffen, die den berüchtigten Dreieckshandel zwischen Afrika, Amerika und dem Heimatland betrieben. Die &bdquo;Royal Africa Company“ durfte exklusiv den Sklavenhandel organisieren und verschiffte Afrikaner, denen man das RAC-Kürzel auf die Brust gebrannt hatte, in die Neue Welt.

Rassismus und Sklaverei wird öffentlich diskutiert Der Hafen von Liverpool galt als &bdquo;Hauptstadt des Sklavenhandels“ mit dem weltweit größten Sklavenmarkt. Es wird geschätzt, dass zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert bis zu zwölf Millionen afrikanische Männer, Frauen und Kinder nach Amerika verkauft wurden. Der lukrative Handel hat viele Briten sehr reich gemacht. Es wird argumentiert, dass dieser Wohlstand den Grundstein gelegt hat für den nationalen Aufstieg des Landes seit Beginn der industriellen Revolution und für die Entwicklung zum größten Empire der Geschichte.

Vor zwei Jahren kochte das Thema an die Oberfläche. Im ganzen Land kam es zu Demonstrationen im Zuge von &bdquo;Black Lives Matter“ (Schwarze Leben zählen). Waren es anfangs Solidaritätsaktionen, mit denen man dem Tod des US-Amerikaners George Floyd gedachte, entwickelten sie sich schnell zu Protesten gegen Rassismus im eigenen Land und insbesondere gegen die koloniale Vergangenheit des Königreichs. In Bristol wurde die Statue von Edward Colston vom Sockel gerissen, durch die Stadt gerollt und im Hafen versenkt.

Colston war ein Sklavenhändler im 17. Jahrhundert gewesen, der seinen sagenhaften Reichtum dem Monopol der &bdquo;Royal African Company“ verdankte, der er vorstand. In London wurde das Denkmal von Winston Churchill mit dem Wort &bdquo;Rassist“ besprüht. Der Londoner Bürgermeister Zadiq Khan ließ die Statue des Sklavenhändlers Robert Milligan demontieren. &bdquo;Es ist eine traurige Wahrheit“, sagte Khan, &bdquo;dass wir eine Menge unseres Reichtums dem Sklavenhandel verdanken. Aber das müssen wir nicht auch noch auf unseren öffentlichen Plätzen feiern.“

So reagierte die Monarchie Das Königshaus hat versucht, zu reagieren. Als er noch Thronfolger war, sprach Charles auf dem Commonwealth-Gipfel in Ruanda von der &bdquo;Tiefe meiner persönlichen Trauer über das Leiden von so vielen“ und an anderer Stelle von den &bdquo;schrecklichen Gräueltaten der Sklaverei, die für immer unsere Geschichte beschmutzen.“ Auch sein Sohn Prinz William hatte auf einer Tour in der Karibik im letzten Jahr sein Entsetzen über die kolonialen Sünden ausgedrückt, für die er seine &bdquo;tiefgreifende Trauer aussprechen will. Sklaverei war abscheulich. Es hätte nie passieren dürfen.“ Doch dies sind, wohlgemerkt, persönliche Worte des Bedauerns. Ein &bdquo;Sorry“ haben die Royals, sei es die verstorbene Queen oder andere Mitglieder des Königshauses, nie über die Lippen gebracht.

Denn &bdquo;Sorry“, also das englische Wort für Entschuldigung, hätte Folgen. Es ist eben nicht nur der Ausdruck des Mitgefühls, sondern das Eingeständnis der eigenen Schuld. Wer &bdquo;Sorry“ sagt, muss Verantwortung übernehmen. Und das würde im Fall von Kolonialismus und Sklaverei bedeuten: Wiedergutmachung, Entschädigung, Reparationszahlungen. Den Royals ist es nicht erlaubt, das Wort &bdquo;Sorry“ in den Mund zu nehmen, weil das finanzielle Konsequenzen für die Nation hätte. Premierminister Rishi Sunak machte erst kürzlich im Parlament deutlich, dass sein Land sich nicht für den Sklavenhandel entschuldigen würde: &bdquo;Unsere Geschichte aufzudröseln ist nicht der richtige Weg vorwärts.“

Allerdings hat Charles, nachdem er König wurde, ein Zeichen gesetzt. Der Palast unterstützt jetzt historische Nachforschungen zur Verwicklung des Königshauses mit dem internationalen Sklavenhandel. Wenn die Studie im Jahr 2026 angeschlossen ist, dürfte der Druck wachsen für eine offizielle Entschuldigung. Dem Vorsitzenden der &bdquo;Caricom Reparations Commission“ Sir Hilary Beckles geht das nicht schnell genug. Caricom, ein Zusammenschluss karibischer Staaten, verlangt seit langem schon Reparationszahlungen. Die Spannung zwischen diesen Staaten und dem Königshaus, meint Beckles, &bdquo;kann leicht vom König entschärft werden, wenn er einen Pfad der Wiedergutmachung verfolgt. Das beginnt mit der Sprache der Entschuldigung und entwickelt sich dann zu praktischen Aktivitäten im Alltag, die die karibische Wirtschaftsentwicklung fördern.“ Es ist nicht zu erwarten, dass es dazu bald kommen wird.

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