Oerlinghausen/Detmold. Lässig in Turnschuhen und Jeans gekleidet kommt Yalcin Dündar zum Termin. Sportlich, ganz wie ein Co-Trainer des Fußball-Bezirksligisten TSV Oerlinghausen. Doch der 33-Jährige kann auch anders. Dann zieht er Hemd und Krawatte an und frönt seiner zweiten Leidenschaft, dem Poker. Dündar ist einer der anerkanntesten Dealer (so etwas wie der Schiedsrichter) in Europa. Ob Fußball oder Poker: Der Fan von Borussia Dortmund ist mit Leib und Seele dabei. Im ersten Jahr trainiert er den TSV Oerlinghausen und fühlt sich pudelwohl. „Ich wollte hier eine Struktur reinbringen und kümmere mich auch viel um Organisatorisches. Hier passt alles bombastisch gut zusammen", blickt er auf die bisherige Zeit zurück und unterstützt Trainer Milaim Bobaj, wo er nur kann. Und für außergewöhnliche Dinge ist sich Dündar nicht zu schade. Bei der Feier in der „Knisperkiste" schlüpfte er in die Rolle des Weihnachtsmanns und überreichte jedem Spieler ein Foto. Es tut ihm in der Seele weh, wenn es fürs Pokern unterwegs ist und ein Spiel seiner Truppe verpasst. Beim 4:0 gegen SC Bielefeld und beim 5:1 beim FC Türk Sport war das so. Ob an Spieltischen in Berlin oder Prag – irgendwie war Dündar in Gedanken immer auch bei seinem Team. Im Gespräch spannt Dündar schnell den Bogen zu seiner außergewöhnlichen Tätigkeit. Zu Studienzeiten in Detmold („Die Jahre 2002 bis 2007 waren sehr schön.") ist er erstmals mit dem Kartenspiel in Verbindung gekommen. In einem Crashkursus haben zwei Kollegen ihm Poker beigebracht, gespielt wurde um Zahnstocher. „Ich wusste erst gar nicht, was ich machen sollte", sagt Dündar. Das änderte sich schnell. Ruckzuck war er bei einem Sachpreis-Turnier dabei. Als er die zehn Euro Startgeld zahlen wollte, entdeckte er ein kleines Schild mit der Aufschrift „Poker-Dealer gesucht". Dündar meldete sein Interesse an, obwohl er keine Ahnung gehabt habe. Drei Wochen blieben ihm, zumindest das Kartenwerfen (Pitchen) zu erlernen. Schließlich saß er in Gütersloh an einem der Tische. „Das hat reibungslos funktioniert, und man wollte mich dabei haben. Anschließend habe ich an verschiedenen Turnieren teilgenommen. 140 bis 150 Euro gabs für einen Abend", beschreibt er. Wie im Fußball, so beim Poker: Ehrgeiz bringt Dündar nach vorn. „Ich hatte Blut geleckt – und bin ins Casino gegangen", sagt der Bielefelder. Ein Schritt, den er nicht bereut. Nach und nach lernte er hinzu, brachte sich die Dinge selbst bei. Dündar: „Mein Studium war mir wichtig, ich musste Geld verdienen. Es gab Phasen, in denen ich keinen Cent hatte." Der Zufall wollte es so, dass er nach seinem Casino-Besuch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Mit Erfolg. „Plötzlich war ich mittendrin", strahlen Dündars Augen. Einen Kursus als Poker-Dealer habe er nie abgelegt, dafür einen als Croupier für Roulette und Black Jack. Fortan ging es steil bergauf. Die Kontakte zahlten sich aus. Nach seiner Zeit bei der Spielbank Bad Oeynhausen ist er festes Mitglied bei der European Poker Tour (EPT). 2013 in Monte Carlo saß der Kartengeber und Spielleiter am Finaltisch. Dündar: „ Da ging es um richtig viel Geld." Der Mann trägt eine große Verantwortung, verteilt die Karten, muss perfekt rechnen und sich gut konzentrieren können. Inzwischen ist Dündar Senior-Dealer. „Da geht es um noch mehr Geld. Ich sitze nicht an Tischen, sondern bin die rechte Hand der Turnierleitung. Du beobachtest das Geschehen, bewahrst die Chips auf, hast die Uhr im Blick", gibt er einen Einblick in seine Arbeit, von der er gut leben kann. Experten sehen Yalcin Dündar als einen der besten Poker-Dealer Europas. Sein Erfolgsrezept: „Wenn ich deale, versetze ich mich in die Lage eines Spielers und gehe die Aufgabe mit Fingerspitzengefühl ran." So wie jetzt im Januar, als er zu einem Turnier auf die Bahamas flog. Nur eines bereitet ihm dann Sorgen: die Flugangst. Auch in diesem Moment gibt er sich kämpferisch und ehrgeizig, wie auf dem Fußballplatz oder am Pokertisch: „Ich ziehe das durch."