TBV-Aufstiegstrainer Bredemeier: "Heute würde man auf dem Parkplatz verhaftet"

Lemgo . &bdquo;Schöner hätte man das Drehbuch nicht schreiben können“, war Jörg Zereike auch zwei Tage später noch hellauf begeistert vom 36:33-Sieg des TBV Lemgo Lippe über Frisch Auf Göppingen. &bdquo;Rund um das Jubiläumsspiel haben wir einen super runden Tag erlebt“, dachte der TBV-Geschäftsführer weit über den sportlichen Erfolg der vor Ehrgeiz brennenden Kehrmann-Schützlinge hinaus.

Der warmherzige Empfang in der Halbzeit hinterließ auch bei den Aufstiegshelden von 1983 Eindruck. &bdquo;Es ist das erste Mal, dass wir uns nach all den Jahren wiedertreffen“, kündigte Thomas Berg sogleich eine Wiederholung an. 40 Jahre später hatten sich die 21 Herren jenseits der 60 eine Menge zu erzählen. Der inzwischen in Bergisch-Gladbach lebende Michael Schüppel (67) berichtete von seinem letzten aktiven Spiel, das er mit 58 Jahren in Celle bestritt. &bdquo;Da war das Fernsehen da und ich hab mich voll reingehauen. Aber am nächsten Morgen konnte ich mich nicht mehr bewegen und kam kaum aus dem Bett.“ Reinhard Rabenstein lachte und plauderte über sein letztes Handballmatch: &bdquo;Das war mit 48 Jahren. Wir spielten mit dem TuS Sennelager in Lage. Da kam gleich nach dem Anpfiff ein junger Bursche auf mich zu und nahm mich in Manndeckung. Als ich nach dem warum fragte, siezte er mich...“

20:17 zur Halbzeit - früher war das ein Endergebnis Beim Wiedersehen am Samstag blieb alles beim Du. Horst Bredemeier, der Trainer, der am 14. Mai 1983 das Wunder vom Lüttfeld wahr machte, fühlte sich stimmungsmäßig an damals erinnert. &bdquo;Das heutige Halbzeitergebnis von 20:17 wäre seinerzeit ein Endresultat gewesen. Aber die Atmosphäre war fantastisch. Es macht immer wieder Spaß, wie Mannschaft und Publikum in Lemgo eine Einheit bilden. Das ist ein großes Plus für die Spieler, wenn sie alles rausholen müssen, obwohl sie müde sind.“

Beim Blick zurück auf die Saison 1982/83 plauderte der inzwischen 71 Jahre alte ehemalige Bundestrainer dann locker aus dem Nähkästchen. Ein Jahr zuvor führte er mit GWD die Tabelle der 2. Liga an, als Lemgo am vorletzten Spieltag in Minden gewann. &bdquo;Das war eigentlich mein Rausschmiss. Für den Vorstand von GWD war diese Niederlage gegen einen Abstiegskandidaten ein Fiasko. Aber die Mannschaft hat mir den Rücken gestärkt“, sagte Bredemeier, dem das Ergebnis nicht ganz ungelegen kam. &bdquo;Ich wollte ja in der 2. Liga bleiben und nicht runter in die Regionalliga.“ Denn sein Wechsel zum TBV stand damals bereits fest.

Lemgoer Aufstiegskader mit Mindener Kern Obwohl man den neuen Kader zusammen mit Jürgen Kuchenbecker gezielt ausgesucht habe – mit den Mindener Spielern Franke, Grund, Berg – sei der Aufstieg eine riesige Überraschung gewesen. Vor den Relegationsspielen gegen den Südzweiten TuS Griesheim habe man an die eigenen Stärken geglaubt. &bdquo;Beim Hinspiel in Griesheim habe ich in der Kabine gesagt: Den ersten Angriff spielen wir Kempa links, den zweiten Angriff Kempa rechts. So stand es nach drei Minuten 2:0 für uns und der Gegner schüttelte nur mit dem Kopf.“

Nach dem 19:18-Auswärtssieg habe er vorm Rückspiel &bdquo;mächtig Bammel“ gehabt. Kurz nach der Pause lag der TBV mit sechs Toren im Hintertreffen. Zudem wurden fünf Siebenmeter verworfen. &bdquo;Aber was dann kam, war emotional ganz großes Kino. Mit den 1100 Zuschauer in der nur über 800 Plätze verfügenden Lüttfeldhalle haben wir das Ding noch gerockt. Es war eine einmalige Atmosphäre – nicht wiederholbar und eine reine Emotionsschlacht.“

Mit dem TBV-Aufstieg gibt Bredemeier seinen Job als Postbote auf Nach diesem Match hängte Hotti Bredemeier seinen Job als Postbote in Minden an den Nagel und heuerte beim Zweitligisten TuRu Düsseldorf an, mit dem er im folgenden Jahr erneut den Aufstieg in die 1. Liga schaffte. Drei Aufstiege in drei Jahren mit drei verschiedenen Klubs sind bis heute einmalig im Bundesligageschäft.

Inkognito kehrte Bredemeier 1984/85 dann noch einmal für vier Wochen als Trainer nach Lemgo zurück. Der TBV steckte tief im Abstiegssumpf und Trainer Hennes Sulk hatte das Handtuch geworfen. &bdquo;Da bekam ich einen Anruf von Dr. Willi Glatfeld...“ berichtete Bredemeier von einer der verrücktesten Episoden seiner Karriere. &bdquo;Heutzutage würde man vom Parkplatz weg sofort verhaftet, wenn man vier Wochen lang zwei Bundesligisten gleichzeitig trainieren würde“, schmunzelte Bredemeier und bekannte: &bdquo;Neben GWD ist Lemgo für mich immer eine Herzensangelegenheit.“

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