Weltmeister spielen stille Runden am Schwaghof

Bad Salzuflen . Im Golf- und Landclub Bad Salzuflen geben sich derzeit die Weltmeister die Klinke in die Hand. Fünf Wochen vor dem Auftritt von Long-Drive-Champion Martin Borgmeier tummelten sich mit Nico Guldan und Vanessa Girke die vermutlich gefühlvolleren Golfer auf der 18-Loch-Anlage am Schwaghof.

Beide wurden im vergangenen Jahr auf Hawaii Gehörlosen-Weltmeister. Vanessa Girke (HC 0,3), die für GC Lohersand in Schleswig Holstein spielt, und Nico Guldan (Handicap -4,7) vom GC Hohenlohe waren zwei von 36 Startern bei den 16. Deutschen Gehörlosen-Meisterschaften in Bad Salzuflen. Felix Matz, Vizepräsident PGA NRW und Spielausschussmitglied vom ausrichtenden Golf- und Landclub war ob der zahlreichen Handicaps unter Par schwer beeindruckt von den ertaubten oder stark hörgeschädigten Golfern. Denn auf dem Grün müssen alle ihre Hörgeräte oder Cochlea-Implantate ablegen.

&bdquo;Ihre Leistung ist daher viel höher einzustufen, weil es ihnen am Gleichgewichtssinn fehlt“, sagt Matz, der zudem ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl registrierte: &bdquo;Auch wenn sie Konkurrenten sind, bilden alle eine absolute Gemeinschaft.“ Obwohl es sich um eine nicht sichtbare Behinderung handelt, findet auch Christian Büker die Leistungen der Gehörlosen &bdquo;echt krass“ und nur schwer nachzuvollziehen.

Weil die obligatorischen &bdquo;Fore“-Warnrufe bei Querschlägern zwecklos sind und auch Warnglocken ungehört bleiben, wurden am Schwaghof aus Sicherheitsgründen Fähnchen geschwenkt. Vom Vogelgezwitscher oder dem Klacken beim Abschlag bekommen die Hörgeschädigten nichts mit. &bdquo;Wir sind dann auf einer stillen Runde“, sagt Andre Vorndamme, der in Herford schon einige Male zum Sportler des Jahres gewählt wurde und inzwischen in Detmold lebt. Bei der DM, so Vorndamme, schlagen Menschen ab, deren Behinderung angeboren oder vererbt ist, oder die ihr Gehör durch einen Unfall verloren haben. Einige hatten auch Hörstürze. Vorndamme selbst erwischte es im Alter von sechs Wochen mit einer Hirnhautentzündung. Voraussetzung für die Teilnahme an Gehörlosen-Turnieren ist ein Hörverlust von 55 DzB oder schlechter auf beiden Ohren, was von HNO-Ärzten überprüft wird.

Als Teammanager und Verbandsfachwart freut sich Vorndamme bereits auf die Europameisterschaft in wenigen Wochen in Finnland. Hierfür rechnet sich auch der in Bad Salzuflen lebende Jan Brandenburg Teilnahmechancen aus. Für Unruhe gesorgt habe im Vorfeld der EM jedoch die um die Hälfte gekürzte finanzielle Unterstützung durch das Bundesministerium des Inneren (BMI).

Heißeste Anwärter für einen EM-Startplatz sind die beiden Weltmeister. Vanessa Girke, die auf der Hawaii-Insel Kauai auch mit der Mannschaft den Deafgolfer-Titel holte, stammt aus einer norddeutschen Tennisfamilie. Aus gesundheitlichen Gründen musste sie diesen Sport jedoch aufgeben. &bdquo;Mit 12 Jahren kam dann ein Golf-Trainer in die Schule und stellte uns seinen Sport vor. Wer reinschnuppern wollte, konnte ein Jahr kostenlos im Klub spielen. Da ich zu den drei besten Nachwuchsgolfern zählte, durfte ich anschließend noch ein weiteres Jahr ohne Gebühren weiterspielen. Und danach wars passiert“, schmunzelt die aus Westerrönfeld stammende Doppel-Weltmeisterin.

Nico Guldan spielte in der Jugend Fußball-Regionalliga. Über das Hörgerät zog er sich dabei ein Stirnband. Doch richtig ambitioniert sei er nicht gewesen. Mit 14 meldeten ihn seine Eltern im 5 Kilometer entfernten Golfclub zu einem Kursus an. Guldan machte schnell Fortschritte und battled sich heute, zehn Jahre später, als Weltmeister gerne auch mit Hörenden. &bdquo;Wenn es gut läuft, bin ich auch bei der regulären DM vorne mit dabei“, sagt Nico Guldan, der einmal bereits auf Rang 16 finishte und als weiteres Traumziel die Gehörlosen-WM 2024 in Australien anpeilt. In Bad Salzuflen siegte er mit sagenhaften 16 Schlägen Vorsprung.

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