Ist der Amateurfußball vom Sterben bedroht?

Kreis Lippe. Erhan Eksioglu hat nach 14 Jahren als Trainer bei Türkgücü Detmold aufgehört. Die Folgen: Der Verein musste die erste Mannschaft vom Spielbetrieb zurückziehen, und: In der Detmolder Fußball-B-Klasse gibt es keinen sportlichen Absteiger mehr, weil auch CSL nicht antritt.

Unter Trainern und Verantwortlichen im Detmolder Kreisoberhaus sind die Aussagen Eksioglus und die Folgen das Gesprächsthema. Erhan Eksioglu (47) hatte gegenüber der LZ kein Blatt vor den Mund genommen: &bdquo;Es macht keinen Spaß mehr. Ich habe den Eindruck, dass sich alles nur noch ums Geld dreht. Von den Spielern bekommst du nichts zurück."

&bdquo;Alle Vereine haben so ihre Sorgen" Für Guido Rellensmann, Trainer der Sportfreunde Oesterholz-Kohlstädt, steht fest: &bdquo;Um dauerhaft mindestens ein bis zwei starke Truppen im Bezirk oder gar in der Landesliga zu haben, geht nur ein Weg: Beide Kreise – Detmold und Lemgo – müssen zusammenwachsen. Das rede ich schon seit langem." Während Robin Haustein (Co-Trainer der FSV Pivitsheide) die Meinung vertritt, dass eine Verschmelzung beider Kreise noch nicht auf der Agenda stehe (&bdquo;Ich glaube nicht, dass unsere Jungs jeden Sonntag die Touren ins Kalletal so gut finden."), meint Cheftrainer Thorsten Schmiech (FSV): &bdquo;Alle Vereine haben so ihre Sorgen. Vielleicht ist es irgendwann wirklich ein Thema."

Thorsten Geffers, Trainer des RSV Hörste, sieht es so: &bdquo;Leider haben viele Teams aktuell zu kämpfen. Es entstehen immer mehr Spielgemeinschaften, oder aber Vereine ziehen sich komplett zurück. Ob eine eingleisige A-Liga-Lippe die Rettung wäre, ist schwer zu beurteilen. Auf der anderen Seite wäre es aber auch eine neue, interessante Konstellation. Ich denke, dass diese A-Liga mittelfristig kommen wird, um den Spielbetrieb mit genug Mannschaften auch aufrechtzuerhalten."

&bdquo;Es macht mich richtig traurig, dass Vereine kaputt gehen" Seine Gedanken macht sich auch Lütfi Soylu, Obmann und Sportlicher Leiter der SG Hiddesen-Hdorf: &bdquo;Es macht mich richtig traurig, dass Vereine kaputt gehen. Immer mehr Kids hören auf, Fußball zu spielen. Ich trainiere die A-Jugend der JSG, mit uns sind zehn Mannschaften hier in der Kreisliga A Detmold. Jerxen und Hügelland spielen überkreislich, schon in der Jugend sind viele Mannschaften als Jugendspielgemeinschaften gemeldet. Wenn das nicht wäre, würden noch mehr Vereine kaputt gehen. Mit Lemgo sich zusammen zu tun, finde ich persönlich nicht so gut, da durch die weiten Auswärtsfahrten bestimmt noch einige Kinder mehr absagen werden. Ich kenne viele Kids, die nicht in höhere Spielklassen wechseln wollen, weil ihnen die Wege zu lang sind."

Für Ender Ünal vom TSV Horn steht fest: &bdquo;Corona hat viele Ehrenamtliche wachgerüttelt. Ich bin seit 22 Jahren im Vorstand. Während Corona stellte ich fest, wie sehr ich meine Familie vernachlässigt hatte. Danach fehlte auch mir die Motivation, regelmäßig ins Stadion zu gehen. Es ist mittlerweile ein teures Hobby. Die Zeit und den Aufwand kann dir keiner zahlen. Das hat bestimmt auch Erhan Eksioglu so empfunden. Eigentlich ist es eine Befreiung. Ich habe auch ernsthaft darüber nachgedacht, es sein zu lassen."

Aber: &bdquo;Der Kunstrasenplatz hat mich davon abgehalten, weil ich seit Jahren dafür gekämpft hatte. Sofort würde ich im übrigen einen Zusammenschluss von Detmold und Lemgo begrüßen. Ansonsten geht der lippische Fußball den Bach runter. Die Kinder sind lieber am Handy als auf dem Sportplatz. Bei den Erwachsenen kommt erst alles andere, danach der Fußball. Zu meiner aktiven Zeit stand Fußball immer an erster Stelle."

"Mein Ding ist das nicht, einfach eine Mannschaft abzumelden" Und wie sieht es ein Vertreter aus dem FuL-Kreis Lemgo? Andreas Schlingmann war Vorsitzender des RSV Barntrup zu Landesliga-Zeiten, nun fungiert er als Sportlicher Leiter. Die Barntruper spielen inzwischen in der B-Liga. Schlingmann: &bdquo;Es fehlt doch der Reiz, wenn die Absteiger schon vor Saisonbeginn feststehen. Mein Ding ist das nicht, einfach eine Mannschaft abzumelden. Wenn das jeder macht..." Und weiter: &bdquo;Seit Jahren bin ich ein Verfechter davon, dass Lemgo und Detmold zusammengehen. Die weiteren Fahrten sind für mich kein Argument. Für uns ist es nach Blomberg näher als nach Oerlinghausen. Mit einer vernünftigen Einteilung bekommst du das hin, und die sportliche Attraktivität steigt auch." Er weiß: &bdquo;Die Gesamtentwicklung ist nicht positiv, die Einstellung von vielen Spielern passt nicht. Das Angebot für die Jugend ist größer ."

Das sagen die Kreise Die Verantwortlichen der Fußballkreise beobachten die Entwicklungen in ihrem Bereich natürlich genau. Bernhard Brandt, Vorsitzender des Lemgoer Kreisfußball-Ausschusses, sieht derzeit &bdquo;keine Notwendigkeit" die Kreise Detmold und Lemgo zusammenzulegen.

Für ihn steht fest: &bdquo;Wir haben in Lemgo 75 Mannschaften. Wenn da noch die ganzen Teams aus Detmold dazu kämen, wäre das Ganze im Ehrenamt nicht mehr zu stemmen. Wenn die Vereine es wollen, müssen sie es auch bezahlen. Und das wird nicht billig." Am Wochenende sei er bei der Saisoneröffnung in Bösingfeld gewesen: &bdquo;Das hat mir gut gefallen. Es waren viele Leute am Platz, mir ist um den Amateurfußball nicht bange, zumal auch das Niveau gut gewesen ist."

Die aktuelle Lage stelle sich &bdquo;durchweg positiv" dar, auch wenn er natürlich immer mal wieder den Gedanken habe, &bdquo;dass nicht alle Mannschaften durch die Saison kommen. Aber dafür gibt es derzeit keinerlei Anzeichen." Trotzdem steht für Bernhard Brandt fest: &bdquo;Die eingleisige B-Liga muss kommen. Diesen Weg werden wir gehen. Die Vereinsvertreter halten sich auf den Staffeltagen stets zurück, sagen nichts. Aber nach den Tagungen kommen sie dann zu uns und fragen, warum wir es nicht durchgezogen haben." Die Argumente dagegen seien immer &bdquo;der vermehrte Abstieg und die weiteren Fahrten". Volker Dierk war vor einigen Jahren derjenige, der in Detmold den Weg mit einer B-Liga ging. Am Sonntag in Augustdorf meinte er: &bdquo;Gut, dass wir das gemacht haben, es war der richtige Schritt. Es gibt immer weniger Mannschaften, und ich habe das Gefühl, dass das Leistungsniveau auch weiter sinkt."

Der Rückzug eines Teams kostet übrigens 100 Euro Laut Hartmut Tegeler, Vorsitzender des Detmolder Kreisfußball-Ausschusses, zeichne er für &bdquo;mehr als 60 Mannschaften" verantwortlich: &bdquo;Klar, die Situation ist doof. Und Sorgen musst du dir immer machen. Aber für eine Zusammenlegung von Kreisen sehe ich derzeit keine Veranlassung." Der Rückzug eines Teams kostet übrigens 100 Euro.

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