Verstörte Arminia-Fans berichten von Einlass-Drama beim DFB-Pokalfinale

Berlin/Bielefeld. Reihenweise treffen Nachrichten mit Erfahrungsberichten in unserer Redaktion ein. Betroffene laden ihren Ärger ab, schildern aber auch Angstzustände und Szenen, die Schlimmes befürchten ließen. Nicht nur endete das DFB-Pokalfinale des DSC Arminia Bielefeld gegen den VfB Stuttgart (2:4) für die Anhänger der Ostwestfalen am Samstag sportlich traurig, sondern es begann teilweise dramatisch.

Zehntausende Bielefelder Fans sollten durch das Süd-Tor ins Berliner Olympiastadion gelangen. Auf dem Platz vor den Eingängen begrenzten Absperrgitter die linke und rechte Seite des Einlass-Korridors. In der Mitte war zudem ein Zugang für VIPs und Presse freigehalten. Ab 17 Uhr, also drei Stunden vor Spielbeginn, sollten sich die Tore öffnen.

Zahlreiche Schlachtenbummler der Bielefelder berichten, dass sie frühzeitig zum Stadion gekommen waren. Die Masse sammelte sich vor den Zugängen. Doch der Einlass verlief derart schleppend, dass kurz vor dem Anpfiff um 20 Uhr noch eine sehr große Anzahl Fans vor den Drehkreuzen stand. Die Stimmung habe sich aufgeheizt, weil zunächst nur die Angst rumgegangen sei, Teile des Spiels zu verpassen.

Situation schien kurz vor Ausbruch einer Panik Je näher die 20-Uhr-Marke gerückt sei, so berichten Augenzeugen, desto größer sei das Gedränge vor den Toren geworden. Ein Betroffener schildert, dass er sein Kind über eine Absperrung gehoben habe, um es vor dem Druck in der Menge zu schützen. Mehrere Anwesende äußerten die Vermutung, dass die Situation kurz vor dem Ausbruch einer Panik gestanden habe. Toiletten oder Versorgungsstände waren nicht erreichbar. Es sei auch zu Schwächeanfällen gekommen. Vergleiche zum Love-Parade-Unglück von Duisburg wurden gezogen.

Letztlich kam es vor den Toren nicht zum Äußersten. Doch es gab Bielefelder Anhänger, die mindestens die Show vor dem Anpfiff, das Abspielen der Nationalhymne, in Teilen auch die ersten Minuten des Spiels und vereinzelt offenbar sogar die ersten Tore in der 15. und 22. Spielminute verpasst haben.

Gründe, die zu der teils dramatischen Situation führten, scheint es mehrere zu geben. Zuschauer berichten darüber, dass die Scanner an den Eingängen nicht einwandfrei funktioniert hätten oder erst mit Verzögerung. Auch seien etliche Tickets zunächst mit einer sogenannten Verdachtssperrung belegt gewesen. Diese Verdachtssperrungen werden bei identifizierten Tickets aus dem Zweitmarkt (Viagogo, Kleinanzeigen und Co.) ausgesprochen. Besitzer müssen dann vor Ort an einer Klärungsstelle den Nachweis erbringen, dass sie ihre Karten rechtmäßig erworben haben. Der DFB geht massiv gegen den Schwarzmarkt vor.

Deutlich weniger Eingänge als für die Stuttgart-Fans Zudem soll es am Südeingang deutlich weniger Durchlässe gegeben haben als auf der Ostseite, wo die Fans des VfB Stuttgart eingelassen wurden. Sechs oder sieben Eingänge mit 14 Scannern seien es am DSC-Tor gewesen, doppelt so viele auf Stuttgarter Seite, geben Anwesende an. Weitere Türen auf der Südseite, durch deren Öffnung man die Lage hätte entzerren können, seien versperrt gewesen. Durchsagen, dass die Bielefelder Fans auch andere Stadioneingänge nutzen sollen, habe man im hinteren Bereich des Vorplatzes nicht gehört.

Viele Betroffene erwarten eine Entschädigung vom DFB oder drohen mit Klage. Kein ganz so einfacher Vorgang, wie Rechtsanwalt Christoph Rempe auf Anfrage dieser Redaktion erklärt: &bdquo;Wer etwas fordert, muss den Beweis für seinen Anspruch erbringen“, sagt der Jurist. Zunächst gelte es, den Veranstalter zu ermitteln. Das muss nicht zwangsläufig der DFB sein, wenn etwa die Stadioninfrastruktur von einer Verwaltungsgesellschaft betrieben wird.

&bdquo;Wer einen Vertrag hat, hat auch Anspruch auf die richtige Durchführung“, sagt Rempe. Verpasse ein Fan Teile des Hauptevents – in diesem Fall die ersten Spielminuten oder die ersten Tore – dann habe er häufig Anspruch auf eine teilweise Rückerstattung, sofern ein organisatorischer Mangel die Ursache dafür darstellt. Ein Mitverschulden, etwa durch viel zu späte Anreise, müsse zudem ausgeschlossen werden. Schmerzensgeld sei in der vorliegenden Situation wohl kein Thema.

Videos und Fotos als Beweis bei Schadenersatzforderungen Als Beweise können Zeugenaussagen, aber auch Videos und Fotos vorgebracht werden. Viele Fans haben gefilmt, wie sie kurz vor 20 Uhr noch in der Masse vor dem Stadion stehen. Eine gespeicherte Aufnahmezeit im Video belege das und werde auch anerkannt, sagt Rempe.

Die meist umfangreichen allgemeinen Geschäftsbedingungen zu lesen, sei hilfreich. &bdquo;Der Verbraucher ist allerdings durch das Gesetz sehr gut geschützt, so dass viele Klauseln in den AGB unwirksam sind“, erklärt Rempe. Andererseits könne der Veranstalter mit seiner Verkehrssicherungspflicht argumentieren, die etwa (zeit)aufwendige Taschenkontrollen notwendig macht.

Der DFB und Arminia äußern sich auf Anfrage so: &bdquo;Uns haben Berichte von Fans zu längeren Wartezeiten am Eingang Süd beim DFB-Pokalfinale erreicht. Es ist bedauerlich, wenn dadurch dieses einmalige Stadionerlebnis getrübt wird. Wir wissen, dass die Zuschauer sich frühzeitig auf den Weg gemacht haben, um ihre Vereine zu unterstützen und verstehen den Ärger. Für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen wir uns.

Aktuell arbeiten wir intensiv daran, die Ursachen für die Verzögerungen am Einlass Süd im Detail zu ermitteln. Dies beinhaltet eine Analyse aller relevanten Faktoren wie eine Überprüfung der Ticketscansysteme, der Wegeführung der Fans und der Abläufe an den Personenkontrollen. Um sicherzustellen, dass die Abläufe - wie bei DFB-Veranstaltungen üblich - künftig wieder reibungslos ineinandergreifen.“

Der DSC erklärte, dass sich der Klub mit dem DFB zu dem Thema im Austausch befinde. Arminia sei nicht der Ausrichter. Es habe für den Klub keine Möglichkeit gegeben, den Einlass der eigenen Anhänger am Samstagabend am Olympiastadion zu beschleunigen. Wohl aber habe man, wo nötig und möglich, über die Fanbetreuung helfend eingegriffen, einzelne Personen aus dem Pulk herausgezogen und versorgt. Mehr könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

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