Detmold/Barntrup. Seit 32 Jahren hält Nicolas Haase, den alle nur Nico nennen, für den RSV Barntrup die Knochen hin. Der heute 38-Jährige stieg 1985 bei der E-Jugend ein, seit 20 Jahren ist er fester Bestandteil der ersten Mannschaft. Am Sonntag zieht er einen Schlussstrich: Haase verabschiedet sich von der Fußballbühne als großer Sportsmann (obwohl nur 1,72 Meter) und Sympathieträger.
Und für den RSV geht es im Kampf um den Klassenerhalt beim Spiel gegen SF Warburg nochmal um alles. Bei einem LZ-Besuch blickte der langjährige Kapitän zurück und voraus. Für ihn steht fest: „Das Geld macht den Amateurfußball kaputt." Und: „Geselligkeit gehört dazu, weil Fußball bis zur Landesliga nur ein Hobby ist."
Persönlich
Nicolas Haase (38) arbeitet als kaufmännischer Angestellter bei Wortmann in Detmold. Mit seiner Familie – Frau Gesche (36, eine Physiotherapeutin) sowie den Kindern Noah (5) und Marie (3) – wohnt der Mittelfeldstratege in Barntrup. Mit dem Auto ist er in fünf Minuten am Waldstadion, mit dem Fahrrad in zehn Minuten. Seine größten Erfolge mit dem RSV waren die Aufstiege in die Landesliga (2008 und 2011) sowie die Triumphe bei den Lippischen Hallenfußballmeisterschaften um den LZ-Cup (2012 und 2014). Zehnmal lief er für die Begatalauswahl bei der Serie „Bundesliga in Bega" auf.Wieso haben Sie den RSV Barntrup nie verlassen?
Nicolas Haase: Natürlich gab es immer mal wieder Anfragen, aber meist wäre es nur um einen Wechsel eine Klasse höher gegangen. Ich habe Fußball stets als Hobby gesehen und wollte mit Spielern in einer Truppe kicken, mit denen ich auch privat gut klar komme. Natürlich sind wir nicht alle beste Kumpels, aber wir gehen alle gerne zusammen feiern. Auch Bequemlichkeit spielte eine Rolle, ich wohne in Barntrup. Die Wege sind kurz.
Der Verein ist Ihnen ans Herz gewachsen?
Haase: Klar, ich habe auch mal Jugendtrainer gemacht, engagiere mich im Vorstand und bin nun mit Andre Köller der Trainer. In Barntrup passiert es nicht, dass Spieler, die eine Zigarette geraucht haben, in eine leere Kabine zurückkehren. Geselligkeit gehört dazu.
Aber die Zeiten haben sich verändert?
Haase: Keine Frage, die Jüngeren greifen nach dem Training sofort zu ihrem Handy. Früher öffneten wir erstmal ein Bier. Aber: In der Kabine gucken wir häufig Fußball auf Sky zusammen – Champions-League oder die Bundesliga-Freitagspartie. Nach dem Training passt das oft ganz gut.
Geld ist auch in den unteren Ligen ein Thema, auch Sie haben bestimmt Vereine mit wedelnden Scheinen gelockt...
Haase: Dieses Thema sehe ich sehr kritisch. Dass Spieler Spritgeld bekommen, oder der Verein allgemein eine kleine Aufwandsentschädigung in Form von Prämien bezahlt, ist okay. Holst du Leute dazu, die kassieren, ist die Gefahr groß, dass ein Gerüst auseinander fällt.
Was halten Sie von den Wandervögeln?
Haase: Gar nichts. Es gibt immer mal wieder Gründe, den Klub zu wechseln. Aber jedes Jahr woanders, finde ich in unseren Ligen befremdlich.
Was sagt Ihre Frau zu Ihrem Entschluss, die Schuhe an den Nagel zu hängen?
Haase: Ihre erste Reaktion war: Ach du sch...
Wieso ist trotzdem jetzt der richtige Zeitpunkt?
Haase: Der Faktor Zeit ist der entscheidende. Sportlich hätte ich mir noch eine weitere Saison zugetraut, aber auch der Altersunterschied zu den Jüngeren spielt eine Rolle. Da sich meine Frau beim Reitverein in Donop engagiert, sehen wir uns nicht sehr häufig. Eigentlich wollte ich schon vor einem Jahr aufhören, doch der neue Kunstrasenplatz reizte zu sehr.
Stimmt es eigentlich, dass Sie früher Außenstürmer waren?
Haase: Ja, erst rechts, dann links. Dirk Hilker funktionierte mich zum Sechser und Libero um, auch als Innenverteidiger laufe ich mal auf. Zuhause fühle ich mich aber im defensiven Mittelfeld.
Haben Sie Vorbilder?
Haase: Früher Pierre Littbarski als Köln-Fan und -Mitglied. Er war flink, trickreich und nicht so groß. Heute habe ich O-Beine wie er. Aktuell gefallen mir Kroos, Alonso und Thiago, weil sie als Strategen immer Lösungen finden.
Ihre schönsten Momente als Fußballer?
Haase: Der LZ-Cup ist immer ein Highlight gewesen, wir gewannen ihn zweimal. Dass das Finale nun in der Lipperlandhalle stattfindet, war längst überfällig. Gerne denke ich noch an den ersten Aufstieg in die Landesliga 2008 zurück, da er so überraschend kam. Als Dirk Hilker in der Pausenansprache erzählte, dass TuS Horn-Bad Meinberg gegen Erkeln vorne liegt, war es mucksmäuschenstill in der Kabine. Mit dem Sieg in Kollerbeck schafften wir es, da der TuS Schützenhilfe leistete. Insgesamt war und ist es ein Highlight, mit seinem Heimatverein von der C-Klasse bis in die Landesliga aufgestiegen zu sein.
Gibt es am Sonntag Tränen in Ihrem Gesicht?
Haase: Das kann passieren. Aber erst mal fokussieren wir uns voll auf das Spiel, wir wollen es unbedingt gewinnen, um sicher in der Klasse zu bleiben. Ich möchte auf keinen Fall in meinem letzten Spiel absteigen.
Und wenns passiert?
Haase: Dann höre ich trotzdem auf. Ich möchte wieder häufiger Tennis spielen. Damals zog ich den Fußball vor, es war die richtige Entscheidung. Nun ist der richtige Zeitpunkt, um abzutreten. Ich möchte auch mehr Zeit für die Familie haben. Nur bei den Altherren mache ich weiter.