Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

"Meshing"

Wenn aus Frau Weber und Herrn Fischer die Familie Wescher wird

Die aktuelle Bundesregierung und ihre Vorgängerin planten lange eine Reform des Namensrechts. Dabei geht es zum Beispiel um einheitliche Familien-Doppelnamen. Die Grünen machen nun einen weiteren Vorschlag, der zunächst für viele absurd klingen könnte.

Wenn Frau Weber und Herr Fischer heiraten, können beide Fischer oder Weber heißen. Dann muss einer auf den Geburtsnamen verzichten. Ein Doppelname wäre auch möglich - jedoch nur für einen Ehepartner, meistens sind es die Frauen.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat erst vor kurzem angekündigt, die bereits von der Vorgängerregierung angekündigte Reform des Namensrechts in Gang zu setzen. Ein entsprechendes Eckpunktepapier mit recht weitgehenden Reformen hatte eine Expertenkommission schon 2020 vorgelegt. Buschmann plant dem Vernehmen nach eine abgespeckte Variante.

Verschmelzung von Nachnamen

Mit einem neuen Vorschlag kommt nun der Grünen-Politiker Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, um die Ecke. „Eine Verschmelzung von Nachnamen anstelle von Doppelnamen mit Bindestrich fände ich eine erfrischende Neuerung und damit sehr charmant“, sagte er der „Welt“. Dies könnte ermöglichen, dass aus Frau Weber und Herrn Fischer Frau und Herr Wescher würde. Absurd?

Mitnichten. Das „Meshing“, das Mixen von Nachnamen, wird beispielsweise in den USA und in Großbritannien immer beliebter. Es soll zweierlei signalisieren: die Verbundenheit des Paares sowie die Gleichberechtigung von Mann und Frau.

Eine Heirat ist in den beiden Ländern keine Voraussetzung für das „Meshing“. Aber im Vereinigten Königreich ist eine Namensänderung auf Antrag ohnehin simpel. Im Internet gibt es zudem Namensgeneratoren, die bei der Suche gegebenenfalls helfen können.

„Brangelina“ und „TomKat“

Bei Promi-Pärchen sind Spitznamen als Kombination beider Namen in der Öffentlichkeit bereits etabliert: Ben Affleck und Jennifer Lopez kombinierten die Namensbestandteile „Ben“ und „nifer“ und nannten sich „Bennifer“. Aus Brad Pitt und Angelina Jolie wurde „Brangelina“, aus Kayne West und Kim Kardashian „Kimye“ oder aus Tom Cruise und Katie Holmes „TomKat“. Doch wie gerade diese Beispiele zeigen: ein Haltbarkeitsgarantie für die Verbindung gibt es auch beim „Meshing“ nicht.

Karl Krömer leitete bis 2020 das Standesamt in Augsburg. Er sagt nach 40-jähriger Erfahrung als Standesbeamter: „Lasst den Leuten ihren Willen!“ Dazu zählt der Vorsitzende des Fachausschusses im Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten auch das „Meshing“. „Im angloamerikanischen Raum ist die freie Namenswahl Standard“, sagt der 65-Jährige. „Mittelfristig wird es diesen Trend auch in Deutschland geben. Da gehe ich jede Wette ein.“

Krömer hatte seinen Verband vor fünf Jahren im gemeinsamen Expertengremium von Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium vertreten. Das 2020 vorgelegte Eckpunktepapier der Kommission verfolgte bereits einen sehr liberalen Ansatz im Namensrecht. Unter anderem sah er vor, dass jede Bürgerin und jeder Bürger einmal in zehn Jahren seinen Namen frei wählen kann. „In diesem Vorschlag war das Meshing inklusive“, so Krömer.

Staat müsste beim Namensrecht entmachtet werden

Der Experte vertritt persönlich die Meinung, dass in Deutschland der Staat entmachtet werden müsste, was das Namensrecht angeht. „Während sich hierzulande unzählige Paragrafen und mehrere Gesetze mit dem Namensrecht beschäftigten“, so Krömer, „gilt im Common Law vieler englischsprachiger Länder lediglich ein Satz: Jeder kann heißen wie er will, es sei denn, er hegt betrügerische Absichten. Damit leben über eine Milliarde Menschen auf der Erde.“

Der Augsburger sagt, er sei großer Anhänger dieses freiheitlichen Ansatzes. Als er in der Expertenkommission die Ansicht vertreten hätte, im deutschen Namensrecht wären sechs Paragrafen ausreichend, sei ihm nur Stirnrunzeln begegnet. „Die meisten sahen mich an, als käme ich von einem anderen Stern.“

Ein liberaleres Namensrecht werde bislang vermutlich von zwei Seiten verhindert, glaubt Krömer. Zum einen würden viele Rechtsanwälte - die ja auch im Bundestag gut vertreten seien - Arbeit und Honorare einbüßen. Sicherheitsexperten äußerten ebenfalls immer wieder Bedenken, wenn Menschen immer wieder ihre Namen ändern würden. Dieses Argument hält Krömer für vorgeschoben. „Wir haben die Bürger-ID eingeführt. Mit ihrer Hilfe ist eine Identifikation vollkommen unabhängig davon möglich, wie Bürgerinnen oder Bürger heißen.“

„Ständige Ärger in der Praxis“ bei Doppelnamen

Für vordringlich hält Krömer jedoch, allen Familienmitgliedern die Möglichkeit zuzugestehen, denselben Doppelnamen zu führen und Scheidungskindern wie ihren Müttern das Recht einzuräumen, den Familiennamen zu ändern. „Das sind in der Praxis ständige Ärgernisse, die sollten endlich beseitigt werden.“ Er bedauert, dass am Ende „wahrscheinlich nur ein Reförmchen“ herauskomme. „Die Gesellschaft ist da viel weiter.“

Immerhin: Verheiratete Sorbinnen können nach Buschmanns Plänen zukünftig ein „owa“ als Nachsilbe an ihren Familiennamen hängen. Derzeit dürfen sie die weibliche Abwandlung ihres Namens zum Beispiel nicht in den Pass eintragen lassen. Mit der Änderung des Namensrechtes in diesem Jahr durch den Bundestag soll das anders werden.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.