Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nutzte die nachrichtenarme Sommerpause am Mittwoch, um eine frohe Botschaft unter die Leute zu bringen. Sie lautet: „Das E-Rezept ist da.“ Bis Anfang des kommenden Jahres soll es auf breiter Front zu haben sein. Tatsächlich wird die frohe Botschaft des SPD-Politikers aber erst in einem langen Übergangszeitraum Wirklichkeit – was nicht seine Schuld ist.
Theoretisch gibt es künftig drei Wege, das elektronische Rezept zu übermitteln. Patienten können ihre Krankenkassenkarte in ein Lesegerät der Apotheke stecken und das Rezept so abrufen. Versicherte können eine App auf ihrem Smartphone nutzen oder, die dritte Möglichkeit, den digitalen Code in der Arztpraxis als Papierausdruck bekommen und zur Apotheke tragen.
Praktisch ist die Sache nicht so einfach. Denn die Übermittlung via Krankenkassenkarte setzt voraus, dass Arzt und Apotheke des Patienten über die entsprechende Technik verfügen. Die App einzurichten, ist kompliziert – und zumindest für viele ältere Patienten wohl zu kompliziert. Einen ausgedruckten digitalen Code aus der Arztpraxis in die Apotheke zu bringen, würde dem Status quo – also dem Rezept auf rosa Papier – sehr ähneln. Das ist keine wirkliche Digitalisierung, sondern eher deren Karikatur. Deshalb müssen ohnehin überlastete Arztpraxen und Apotheken technisch ertüchtigt werden, um die Übermittlung via Krankenkassenkarte möglich zu machen. Die App ist unter den jetzigen Bedingungen keine Erleichterung.
Langwieriger Prozess
Dass das E-Rezept für alle Beteiligten ein Segen ist, steht außer Frage. Vor allem Patienten und ihren Angehörigen erspart es überflüssige Wege. Doch bis es Alltag wird, dürften wie beim Online-Banking Jahre vergehen. Die Überwindung des analogen Zeitalters könnte hier eine Generation dauern.