An diesem Montag ist es soweit: Olaf Scholz wird von den obersten Parteigremien der SPD erneut als Kanzlerkandidat empfohlen werden. Ein kraftvoller, strahlender Auftakt für einen Wahlkampf wird das kaum werden – abgesehen von der ritualhaften Siegesgewissheit von Scholz. Denn eine schlechtere Ausgangsbasis könnte es kaum geben.
Zu den schlechten Umfragewerten von Partei und Kandidat kommt die nach allen Regeln der Kunst verstolperte Kanzlerkandidaten-Entscheidung. Tagelang hat sich die SPD mit einem inneren Kräftemessen zwischen Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius aufgehalten.
Scholz, Pistorius und die SPD-Vorsitzenden, die die Debatte nicht in den Griff bekamen, dürften gute Chancen haben, bei den politischen Wettbewerbern als Mitarbeiter des Monats nominiert zu werden.
Die Jusos warfen ihrer Mutterpartei eine „Shitshow“ vor
Die Auswirkungen auf die SPD ließen sich bei Juso-Bundeskongress beobachten: Zentimeterdick hat der Parteinachwuchs der Parteispitze seine Enttäuschung, Empörung und auch Verzweiflung aufs Brot geschmiert. Shitshow, Egotrip alter weißer Männer, fehlende Professionalität, Vertrauensverlust – die Kritik war ein Scherbengericht und richtete sich auch gegen den inhaltlichen Kurs der SPD als Regierungspartei.
Kein Wunder, dass Scholz der Veranstaltung lieber fernblieb, obwohl sich dort jene versammelten, die einen guten Teil des Wahlkampfs mittragen sollen. Er wäre noch gefledderter aus der Halle gekommen, als er ohnehin schon ist.
Die SPD-Spitze hat dazu aufgerufen, sich nun hinter Scholz zu versammeln. Verordnete Geschlossenheit sei keine starke Geschlossenheit, hat Juso-Chef Philipp Türmer zu Recht zurückgegeben.
Eine Chance hat die SPD bei der Wahl allerdings tatsächlich nur, wenn sie gemeinsam agiert und den eigenen Kanzlerkandidaten als beste Wahl anpreist - und nicht als kleineres Übel. Viel Zeit, um diesen Schwung zu entwickeln, hat sie nicht mehr.