Bundeswehr-Brigade mit Einheit aus OWL: Warum Merz jetzt nach Litauen reist

Zwar amtiert der Bundesminister der Verteidigung seit noch nicht einmal zweieinhalb Jahren. Trotzdem war er bereits ein halbes Dutzend Mal in Litauen. Das ist auch kein Wunder. Drei Monate nach seiner ersten Visite im März 2023 kündigte Boris Pistorius nämlich eine kleine Revolution an. Bei einem Besuch in der Hauptstadt Vilnius sagte er selbst zur Überraschung der eigenen Leute, die derlei für praktisch unmöglich hielten: &bdquo;Deutschland ist bereit, dauerhaft eine robuste Brigade in Litauen zu stationieren.“ Sie soll aus 5.000 Soldatinnen und Soldaten bestehen.

Am Donnerstag nun fliegt der Sozialdemokrat gemeinsam mit dem christdemokratischen Kanzler Friedrich Merz erneut in das kleine Land im Baltikum, das eingepfercht ist zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und dem Vasallenstaat Belarus. Merz werde vom Präsidenten der Republik Litauen, Gitanas Nauseda, mit militärischen Ehren empfangen, heißt es seitens der Regierung. Danach seien ein gemeinsames Gespräch sowie ein Arbeitsmittagessen geplant – sowie im Anschluss eine gemeinsame Pressekonferenz. Um 14 Uhr würden Kanzler und Verteidigungsminister am feierlichen Aufstellungsappell der Panzerbrigade 45 teilnehmen. Und nachdem Merz eine Rede gehalten habe, werde er mit den Soldatinnen und Soldaten ins Gespräch kommen.

Zunächst geht es bei dem Doppelbesuch darum, den voranschreitenden Aufbau der Brigade öffentlich zu dokumentieren. Zwar bat ein Sprecher des Heeres um Verständnis dafür, &bdquo;dass wir Ihnen keine genauen Zahlen der Bewerber und Bewerberinnen nennen können“. Er betonte jedoch: &bdquo;Aktuell haben wir circa 400 Angehörige der Brigade Litauen. Bis Ende des Jahres werden es insgesamt 500 sein.“ Dabei werde der Fokus der Kräfte vor Ort bis dahin darauf liegen, die Führung, die eigene Ausbildung und das Übungsgeschehen sicherzustellen.

Verlegung von Augustdorfer Bataillon 2026 Im Februar 2026 würden die etwa 1.000 Soldatinnen und Soldaten aus der multinationalen Battlegroup in die Brigade integriert, sodass diese im Februar 2026 auf circa 1.800 Männer und Frauen und bis Mitte desselben Jahres auf etwa 2.000 anwachsen werde. In der Folge würden die beiden Kampftruppenbataillone – das Panzerbataillon 203 in Augustdorf und das Panzergrenadierbataillon 122 – nach und nach aus Deutschland verlegt, vorausgesetzt, die entsprechende Infrastruktur sei geschaffen. Bis 2027 sollen rund 4.800 Bundeswehrsoldaten und 200 zivile Mitarbeiter in dem baltischen Staat stationiert werden. &bdquo;Das Interesse in der litauischen Bevölkerung ist ungebrochen groß“, sagte der Sprecher. &bdquo;Die Truppe wird von ganzem Herzen in der Region aufgenommen, mit Schulen, Bildungseinrichtungen, Wohneinrichtungen.“

Der Aufstellungsappell sei im Übrigen &bdquo;ein wichtiger Schritt für uns, weil die Panzerbrigade 45 nicht nur den Beinamen ’Litauen’ erhalten wird, sondern auch die Fahnenbänder und die Truppenfahne. Damit ist die Brigade dann eine vollwertig aufgestellte Brigade des deutschen Heeres.“

Abschirmdienst soll mehr Befugnisse erhalten Die Voraussetzung für Zulagen hat der alte Bundestag geschaffen. An zusätzlichen Kompetenzen für den Militärischen Abschirmdienst (MAD), der die Bundeswehr künftig auch bei Auslandseinsätzen gegen Spionage und Sabotage durch fremde Mächte schützen soll, wird gearbeitet. Noch ist der MAD vorrangig für den Schutz gegen extremistische Unterwanderungsversuche im Inland zuständig. &bdquo;Es geht um erweiterte und neue Befugnisse auch in Regionen, in denen wir bislang nicht waren“, sagte Pistorius kürzlich.

<div data-app="dpa-addons" data-embed-type="iframe-dyn" data-format="webgrafik" data-src="https://embed.dpa-addons.com/items/webgrafik/aktuell/2024_04_09a/deutscheBrigadenLitauen/cont/index.html?pathSrc=aktuell/2024_04_09a/deutscheBrigadenLitauen/cont&nameCSS=style_1_2.css&versionScript=2.7&customer=redaktionsgemeinschaft-ostwestfaelisch-lippischer-verlage-gmbh-co-kg" data-path="aktuell/2024_04_09a/deutscheBrigadenLitauen/cont"> Für Merz, der Mitte der 1970er-Jahre selbst Wehrdienst leistete, geht es darum, sich außenpolitisch weiter zu profilieren. So trat er bald nach Amtsbeginn eine Reise in die Ukraine an – zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premier Keir Starmer und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Bei seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag in der vorigen Woche verkündete der Kanzler, aus der Bundeswehr &bdquo;die konventionell stärkste Armee“ Europas machen zu wollen. Das ist nach Einschätzung von Experten neben erheblichen Investitionen ohne die Wiedereinführung einer zumindest milden Form der Wehrpflicht nicht möglich.

Litauen könnte besondere Bedeutung zukommen Experten sind sich ebenfalls einig, dass Litauen in den nächsten Jahren eine besondere Bedeutung zukommen könnte. Denn im Baltikum, so die Erwartung, könnte der russische Präsident Wladimir Putin versucht sein, die Bündnisfähigkeit der Nato zu testen – insbesondere dann, wenn die USA unter Donald Trump von Solidarität weiterhin nicht viel wissen wollen. Es könnte daher durchaus sein, dass die in Litauen stationierten Bundeswehr-Soldatinnen und Soldaten in einen Krieg verwickelt werden. Deutschland würde in dem Moment das, was die USA, Frankreich und Großbritannien für die alte Bundesrepublik waren: Schutzmacht.

Boris Pistorius und Friedrich Merz, die nur rund fünf Lebensjahre trennt, können sich daran noch lebhaft erinnern. Vielleicht verstehen sie sich auch deshalb ganz gut. Verteidigungsminister und Kanzler sind, wie in Berlin zu hören ist, mittlerweile per Du.

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