Der Prozess zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt mit sechs Toten und über 300 Verletzten wird am Dienstag (9.30 Uhr) voraussichtlich mit der Aussage des Angeklagten fortgesetzt. Taleb al-Abdulmohsen hat angekündigt, sich «stundenlang, vielleicht tagelang» äußern zu wollen. Er will vor dem Landgericht Magdeburg auch Fragen beantworten.
Am Montag begann dort der Prozess gegen den Todesfahrer unter starken Sicherheitsvorkehrungen. Der Angeklagte aus Saudi-Arabien wurde mit einem Hubschrauber aus der Haftanstalt Burg zum Prozess gebracht.
Keine konkreten Angaben zur Tat
Al-Abdulmohsen arbeitete als Arzt in Sachsen-Anhalt und war am 20. Dezember 2024 mit einem Mietwagen über den Weihnachtsmarkt gerast. Zuerst erfasste er Passanten, die an einer Fußgängerampel warteten. Mit bis zu 48 Kilometern pro Stunde lenkte er den mehr als zwei Tonnen schweren und 340 PS starken Wagen dann auf den Weihnachtsmarkt.
Am ersten Prozesstag gab der Angeklagte zu, an jenem Dezembertag am Steuer gesessen zu haben. «Ich bin derjenige, der das Auto gefahren hat», sagte al-Abdulmohsen. Weitere konkrete Angaben machte er zunächst nicht. Es gab keine Entschuldigung, kein Zeichen der Reue.
Tat aus «persönlicher Frustration»
Stattdessen äußerte sich der 51-Jährige mit teils weinerlicher Stimme und Taschentuch vor dem Gesicht zu vermeintlichen Vertuschungen der Polizei und kritisierte Medien.
Er hielt seinen Laptop hoch, wo «Sept. 2026» zu lesen war. «Da ist die nächste politische Wahl in Sachsen-Anhalt», erklärte der aus Saudi-Arabien stammende Mann, der als Islamkritiker bekannt ist. Am 6. September 2026 wird in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt. Der Vorsitzende Richter Dirk Sternberg ermahnte den Angeklagten, politische Äußerungen zu unterlassen und sich auf die Tatvorwürfe zu konzentrieren.
Die Anklage wirft dem 51-Jährigen unter anderem vollendeten Mord in sechs Fällen und versuchten Mord an weiteren 338 Menschen vor. Aus einer «vermeintlich persönlichen Frustration» heraus sei es dem Beschuldigten darum gegangen, eine «möglichst große Menge von Personen» zu erfassen, hieß es. Seit der Tat befindet sich der Mann in Untersuchungshaft.
Extra Gerichtssaal gebaut
Das Verfahren gehört zu einem der größten der Nachkriegsgeschichte. Rund 180 Betroffene und Hinterbliebene treten bislang als Nebenkläger auf, vertreten durch etwa 40 Anwälte. Ein Interims-Gerichtsgebäude wurde errichtet, damit alle teilnehmen können.
Der Angeklagte befindet sich in der Obhut des Justizvollzugs Sachsen-Anhalt. Vor dem Prozess hatte er mehrere Monate in Berlin in Untersuchungshaft gesessen. Nach dpa-Informationen wird al-Abdulmohsen jeweils zu den Prozesstagen geflogen. Das Landgericht Magdeburg hat bis zum 12. März 2026 zunächst knapp 50 Verhandlungstage angesetzt.
Vorerst keine Genehmigung für Weihnachtsmarkt in diesem Jahr
Am Montagabend geriet auch der diesjährige Magdeburger Weihnachtsmarkt in den Fokus. Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) teilte überraschend mit, dass es vorerst keine Genehmigung für den Weihnachtsmarkt geben werde. Hintergrund sei ein Schreiben des Landesverwaltungsamtes, in dem es Kritik am aktuellen Sicherheitskonzept gebe. In dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, werden unter anderem gravierende Mängel am Zufahrtsschutz und der Organisation des Sicherheitspersonals genannt.
Das Verwaltungsamt teilte auf Anfrage mit, dem Veranstalter und der Stadt Magdeburg die Möglichkeit zu geben, durch die Hinweise offene Aspekte nachzubessern. Die Stadt hofft, den Weihnachtsmarkt in diesem Jahr doch noch durchführen zu können. Die ersten Buden wurden bereits aufgebaut, der Weihnachtsmarkt sollte am 20. November eröffnet werden.