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Generaldebatte zum Haushalt: Der Kanzler agiert mit angezogener Handbremse

Carsten Heil

Bundeskanzler Friedrich Merz (l., CDU) unterhält sich mit Jens Spahn, Vorsitzender der Unions-Fraktion im Bundestag, während der Generaldebatte zum Haushalt im Plenum des Bundestags. - © Katharina Kausche/dpa
Bundeskanzler Friedrich Merz (l., CDU) unterhält sich mit Jens Spahn, Vorsitzender der Unions-Fraktion im Bundestag, während der Generaldebatte zum Haushalt im Plenum des Bundestags. (© Katharina Kausche/dpa)

Was für ein Unterschied. Engagierte Reden mit Attacke hielt Friedrich Merz als Oppositionsführer in den Generaldebatten des Bundestages zum Haushalt. Jetzt als Bundeskanzler gibt er sich fast zurückhaltend. Er zählt brav alle notwendigen Punkte auf, wenn auch etwas durcheinander von den Themen her.

Mal Wirtschaft, dann Geopolitik. Diversifizierte Lieferketten und Ukraine-Krieg, dann Rente und Sozialpolitik. Schließlich gesellschaftliche Einheit. Als wenn die Sozialabgaben, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen, nicht auch Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum hätten und damit zusammengehören.

Es fehlt die Gemeinsamkeit in der Unionsfraktion

Er hat das nicht schlecht gemacht und was soll er auch tun, wenn die Opposition in erster Linie aus der AfD besteht. Denn es ist schwierig, sich an dieser Partei abzuarbeiten, ohne sie damit gleichzeitig aufzuwerten. Also berichtet der Kanzler über das, was die Regierung bereits geleistet hat. Und das ist schon eine Menge. Aber vieles ist noch offen.

Und vor allem: Merz ist inzwischen klar, dass er nicht mal seine eigene Fraktion vollständig hinter sich hat. Das fing bei seiner Wahl zum Kanzler an, setzte sich bei der Entscheidung über die Besetzung des Bundesverfassungsgerichtes fort und kocht derzeit mit dem unionsinternen Streit über die Rentenpolitik fort. Da folgen ihm die jungen Unionsabgeordneten nicht.

Fehlende Verlässlichkeit der schwarz-roten Koalition

Britta Maria Haßelmann, Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, spricht in der Generaldebatte im Bundestag zum Haushalt. - © Kay Nietfeld/dpa
Britta Maria Haßelmann, Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, spricht in der Generaldebatte im Bundestag zum Haushalt. (© Kay Nietfeld/dpa)

Deshalb ist Merz gut beraten, den Mund nicht zu voll zu nehmen. Genau darauf legt es die Bielefelderin Britta Haßelmann (Grüne) in ihrer fulminanten Oppositionsrede an. „Was soll man davon halten, wenn man am Dienstagmorgen nicht weiß, wie die Unionskollegen am Dienstagnachmittag aus ihrer Fraktionssitzung rennen. Das ist komplett unberechenbar“, rief sie. Und spricht damit ein Kern-Problem der schwarz-roten Koalition an.

Da fehlt Verlässlichkeit. Absprachen werden erst gar nicht getroffen oder nicht eingehalten. Nicht mal innerhalb der Unionsfraktion. Schon wird in Berlin gemunkelt, dass einige Teile von CDU und CSU mit einer Minderheitsregierung und gelegentlicher Zusammenarbeit mit der AfD liebäugeln. Das schafft Misstrauen auch zwischen Union und SPD, erschwert die Arbeit und tut dem Land nicht gut.

Deutschland ist ein hochkomplexes Land

Merz hat recht, wenn er sagt, dass Deutschland ein „hochkomplexes“ Land sei, in dem es keine einfachen Antworten gebe. Er hat es so gewollt, er hatte stets das Ziel, Kanzler zu werden, weil er meinte, die richtigen Antworten zu haben. Auch darauf weist Haßelmann hin. Als Oppositionsführer habe Merz noch allen erklärt, wie einfach gute Politik ging, „einfach machen“. Und müsse nun sehen, dass es doch schwieriger ist.

Als Bundeskanzler muss Merz anders auftreten, als als Oppositionschef. Aber er muss die Deutschen von seiner Politik überzeugen. Das ist ihm in der Generaldebatte nur begrenzt gelungen.

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