Bertelsmann-Chef Rabe kontert Kritik mit guten Zahlen

Einige Geschäfte waren dem Konzernchef in den vergangenen Monaten missraten. Das Unternehmen wuchs aber erstmals über die Marke von 20 Milliarden Euro – der Gewinn schrumpfte.

Martin Krause

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Kann unter dem Strich einigermaßen zufrieden sein mit 2022: Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe. - © Bernd Von Jutrczenka
Kann unter dem Strich einigermaßen zufrieden sein mit 2022: Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe. (© Bernd Von Jutrczenka)

Gütersloh. Bertelsmann-Chef Thomas Rabe hat sich in den vergangenen sieben Monaten einiges an Kritik anhören müssen. Weil gleich drei lange geplante Fusionen platzten, darunter die Fusion des französischen RTL-Ablegers M6 mit dem größeren Wettbewerber TF1. Weil durch solche Misserfolge auch seine Strategie des Aufbaus "nationaler Champions" in mehreren Ländern gefährdet scheint. Und weil obendrein auch die Übernahme des US-amerikanischen Großverlags Simon & Schuster von den US-Behörden verhindert wurde, schien Rabe die gewohnte Fortune bei den ganz großen Deals verloren zu haben.

Die bissigsten Kommentare aber musste der 57-Jährige wegen der Übernahme großer Teile des Traditionsverlags Gruner + Jahr durch die TV-Tochter RTL Deutschland einstecken, die zuletzt im Abbau von 700 Vollzeitstellen in Hamburg (plus 300 weiterer bei RTL) sowie in Verkaufsabsichten für einige Magazintitel gipfelte. Warum zerschlägt Rabe ein Unternehmen mit so großer Geschichte und mit so klangvollen Produkten wie "Stern", "Geo", "Capital", "Brigitte" oder "Schöner Wohnen"?

Nahezu alle Konzernbereiche verzeichneten "ein teils deutliches Wachstum", teilt Bertelsmann mit. - © Friso Gentsch
Nahezu alle Konzernbereiche verzeichneten "ein teils deutliches Wachstum", teilt Bertelsmann mit. (© Friso Gentsch)

Etliche Beobachter konnten Rabes Strategie nicht verstehen, weil Fernsehen und Magazingeschäft kaum miteinander vereinbar zu sein scheinen. Manche glauben, dass Rabes Plan mit Gruner + Jahr auch längst gescheitert ist, weil die erhofften Synergieeffekte unrealistisch sind.

"Von verlangsamtem Wachstum keine Rede"

Am Donnerstag aber war der Tag der Bilanzpräsentation, was stets ein Tag der Zahlen ist. Da ist der Zahlenmensch Rabe voll in seinem Element. Seine Bertelsmann-Karriere hatte 2000 als Finanzchef der RTL Group begonnen und führte dann über sechs Jahre als Finanzvorstand des Bertelsmann-Konzerns, ehe er Anfang 2012 als Vorstandschef an die Konzernspitze rückte. Und tatsächlich kann Rabe für 2022 einige stolze Zahlen vorweisen: So wuchs der Umsatz um 8,3 Prozent auf den Rekordwert von 20,2 Milliarden Euro, und immerhin die Hälfte des Zuwachses wurde organisch erwirtschaftet, also aus dem bestehenden Geschäft.

Obwohl die Milliardenübernahme von Simon & Schuster scheiterte, investierte Bertelsmann 2,2 Milliarden Euro, was eine stolze Summe ist. Zwar fehlte das große Einzelprojekt, dafür gab es offenbar viele kleinere Deals. Die TV-Produktionstochter Fremantle etwa, die zu einem Unternehmen mit bald drei Milliarden Euro Umsatz aufgebaut werden soll, kam allein auf acht Übernahmen von Produktionsfirmen. Von einem verlangsamten Wachstum könne also keine Rede sein, betonte Rabe.

"Eigenkapital ist so hoch wie nie zuvor"

Einen Rekord meldete der Vorstandschef auch für das Eigenkapital, das auf 15 Milliarden Euro angewachsen sei ("so hoch wie nie"), die Eigenkapitalquote bezifferte er mit stolzen 46 Prozent. Und auf den Höchststand von 165.000 Mitarbeitern in sieben Sparten sei auch die Belegschaft angewachsen. Es werde in dem Konzern, dessen Vielseitigkeit sich sehr bewährt habe in den vergangenen drei Krisenjahren mit Unwägbarkeiten von Pandemie bis Inflation, seit Jahren massiv Personal aufgebaut, auch durch Akquisitionen. Nur leider sei in einigen Geschäften eben auch Personalabbau nötig. In seiner eigenen Präsentation hatte Rabe die Lage bei Gruner + Jahr mit keinem Wort erwähnt, aber auf Nachfrage wich er nicht aus.

Der Verkaufsprozess für einige Magazintitel sei angelaufen, inzwischen gebe es auch erste Angebote. Für die vom Stellenabbau betroffenen Mitarbeiter sei inzwischen auch ein Sozialplan unterschrieben worden, über das Budget für Abfindungen sprach Rabe nicht. "Wir haben uns mit den Betriebsräten auf die Konditionen geeinigt", sagte er nur. Am Tag der Bilanz-Pressekonferenz sollte es in Hamburg auch eine Betriebsversammlung geben.

Gewinne 2022 gut, aber nicht überragend

Vielleicht passte es da ganz gut, dass die Gewinne des Konzerns 2022 zwar ganz gut waren, aber nicht überragend. Der operative Gewinn (Ebitda) blieb stabil bei 3,4 Milliarden Euro, allerdings nur ohne die Anlaufverluste von 233 Millionen Euro für das im Aufbau befindliche Streaming-Geschäft der RTL-Gruppe. Finanzvorstand Rolf Hellermann erklärte die Ergebniszahlen und verwies darauf, dass der Konzerngewinn nach Steuern mit 1,05 Milliarden zwar weniger als halb so hoch ausfiel wie im Vorjahr, als es starke 2,3 Milliarden Euro waren. Doch im Vorjahr hatte es auch mehr Erlöse durch Firmenverkäufe gegeben. Hellermann befand jedenfalls zufrieden: "Ziel erreicht". Immerhin sei im achten Jahr in Folge ein Nettogewinn von mehr als einer Milliarde Euro verbucht worden. Und ganz nebenbei erwähnte Hellermann auch Rabes beachtliche Umsatzbilanz. Tatsächlich hatte Rabe den Umsatz in seinem ersten Jahr an der Spitze um gut 5 Prozent von 15,3 auf 16,3 Milliarden Euro gesteigert, seither wuchs das Unternehmen um weitere 24 Prozent.

Und das Wachstum soll weitergehen, verspricht Rabe, im Rahmen seiner Boost-Strategie soll der Umsatz bis 2026 auf rund 24 Milliarden Euro steigen, der Nettogewinn auf jährlich etwa 2 Milliarden Euro. Eine besondere Rolle dabei sollen neben den großen "Ertragssäulen" RTL (TV, Streaming und Magazine), Penguin Random House (Verlage) und Arvato (Dienstleistungen) die kleineren "Sprinter" spielen, so wie die Musiktochter BMG und die Bildungssparte "Education Group", die durch Zukäufe, aber auch organisch zuletzt massive Umsatzsteigerungen von 120 Prozent (Education) und 31 Prozent (BMG) erzielten. Beide bringen zugleich auch zweistellige Umsatzrenditen ein: Bei dem auf Digitalangebote fokussierten Educationgeschäft, das mit Töchtern wie Afya und Relias stark auf die Ausbildung für das Gesundheitswesen setzt, waren es im vergangenen Jahr 31 Prozent operative Marge, bei BMG 22,5 Prozent. Klar, dass der Vorstandsvorsitzende über diese Bereiche, die bald jeweils eine runde Milliarde Euro Umsatz einbringen sollen, besonders gern spricht.

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