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Krankheitserreger auf Lidl-Fleisch nachgewiesen - Test auch in OWL

Fast dreiviertel der Proben waren mit antibiotikaresistenten Keimen belastet. Schuld daran sind die Lebensbedingungen im Hühnermast, sagt die Albert Schweitzer Stiftung. Getestet wurde in acht Filialen, darunter eine in Paderborn.

Celina Allard

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Bei einer Untersuchung der Albert Schweitzer Stiftung wurden im Hühnerfleisch von Lidl antibiotikaresistente Keime entdeckt. - © picture alliance / NurPhoto
Bei einer Untersuchung der Albert Schweitzer Stiftung wurden im Hühnerfleisch von Lidl antibiotikaresistente Keime entdeckt. (© picture alliance / NurPhoto)

Berlin/Paderborn. Die Untersuchung von Hühnerfleisch der Lidl-Eigenmarke "Metzgerfrisch" hat Unappetitliches zutage gebracht. Bei etwa 70 Prozent der 51 Proben konnten multiresistente Keime nachgewiesen werden, heißt es von der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, die die Untersuchung in Auftrag gegeben hatte. Zudem seien auf vielen Fleischstücken teils gefährliche Krankheitserreger gefunden worden. Die Proben stammen aus acht zufällig ausgewählten Lidl-Filialen, eine davon ist im ostwestfälischen Paderborn.

In 71 Prozent der Proben wurde das Enzym ESBL nachgewiesen, das die auf dem Fleisch gefundenen Bakterien immun gegen mehrere gängige Antibiotika macht. Bei der Mehrzahl der resistenten Bakterien handelte es sich um den Fäkalkeim Escherichia coli, der zum Beispiel Harnwegs- oder Magen-Darm-Infekte bis hin zu Sepsis auslösen kann. Bei einem Viertel der Proben wurden Enterokokken gefunden, die ebenfalls Harnwegsinfekte auslösen können, aber auch Hirnhautentzündungen oder Blutvergiftungen. Außerdem fand das Labor Krankheitserreger wie Campylobacter (18 Prozent der Proben) und Salmonellen (eine Probe). Beide sind vor allem verantwortlich für Durchfallerkrankungen.

Ein Labor, das öffentlich nicht genannt werden will, untersuchte 51 Proben von Hühnerfleischprodukten, alle mit der Haltungsform-Stufe zwei "Stallhaltung Plus". Die Proben stammen aus Lidl-Filialen in Oldenburg (Niedersachsen), Paderborn (Nordrhein-Westfalen), Bautzen und Leipzig (Sachsen), Eisenach (Thüringen) sowie Fellbach und Ostfildern (Baden-Württemberg).

Klosterhalfen: "Kann für uns Menschen gefährlich werden"

"Das Labor hat Salmonellen gefunden, Fäkalkeime und antibiotikaresistente Keime – das sind alles Krankheitserreger, die für uns Menschen wirklich gefährlich werden können", sagt Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt. "Wir sehen jetzt, dass Lidl nicht nur für Tierquälerei verantwortlich ist, sondern auch für Gesundheitsrisiken." Der Zusammenhang sei klar: Wenn man sehr viele überzüchtete Tiere auf engem Raum und unter schlechten Bedingungen halte, breiteten sich Krankheiten schnell aus. Dadurch steige der Antibiotika-Bedarf, durch Antibiotika-Gaben entstünden wiederum antibiotikaresistente Keime.

Es ist nicht das erste Mal, dass Lidl wegen der Fleischqualität in der Kritik steht. Schon 2021 legte sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit der Geflügelindustrie und dem Lebensmitteleinzelhandel an. Die Umweltorganisation hatte in zahlreichen Testkäufen bei Aldi (Nord und Süd) und Lidl von Geflügelfleisch der Haltungsstufe zwei eine massive Belastung des Fleischs mit Krankheitserregern festgestellt, die gefährliche Antibiotikaresistenzen enthalten.

Laut der Stiftung ist die aktuelle Keimbelastung auf die Bedingungen in Lidls Hühnermast zurückzuführen. Die Tierschutzorganisationen um die Albert Schweitzer Stiftung hatten dazu in den vergangenen Monaten mehrere Video-Recherchen aus Ställen von Lidl-Lieferanten in Deutschland, Spanien, Italien und Österreich veröffentlicht. "Die Videos belegen erschreckende Zustände: Sie zeigen durch Qualzucht und Haltungsbedingungen geschwächte und kranke Tiere, die zu Tausenden in tristen Hallen leben", heißt es in einer Mitteilung der Stiftung.

Lidl äußert sich zu den Vorwürfen

Der hohe Antibiotikaeinsatz in der industriellen Tierhaltung begünstige zudem, dass mehr Bakterien Resistenzen entwickeln: Da im Krankheitsfall meist alle Tiere im Stall Antibiotika erhielten, überlebten vor allem resistente Bakterien. Diese könnten sich dann optimal vermehren. Die Stiftung und 15 andere Tierschutzorganisationen fordern Lidl auf, die Standards der Europäischen-Masthuhn-Initiative umzusetzen, um die Lebensbedingungen der Hühner zu verbessern.

Lidl hat sich auf Anfrage der Redaktion wie folgt zu den Vorwürfen geäußert: "Die Qualität unserer Produkte sowie der Schutz der Verbraucher hat für Lidl höchste Priorität. Produktsicherheit und -qualität sind deshalb zentrale Anliegen unseres Unternehmens. Alle Artikel unterliegen umfangreichen Qualitätskontrollen entlang der gesamten Lieferkette." Das Unternehmen arbeite kontinuierlich an der Verbesserung seiner Produkte und gehe jedem Anhaltspunkt nach, der darauf hinweist, dass die Qualitätsstandards nicht eingehalten werden.

Der Lebensmittelhändler schreibt weiter: "Die von der Albert Schweitzer Stiftung festgestellten Keime sind dabei nicht auf die Haltungsform zurückzuführen, sondern stellen vielmehr eine generelle Herausforderung der gesamten Branche im Zusammenhang mit Geflügelfleisch dar. Auch hier arbeiten wir gemeinsam mit der Branche an Lösungen und Verbesserungen."

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