Lemgoer Computertruhe boomt

Lemgo. Vor zwölf Monaten hat in Lemgo die erste Zweigstelle der &bdquo;Computertruhe" eröffnet. Seither geht es im Fraktionsbüro der GfL (&bdquo;Gemeinsam für Lemgo") um weitaus mehr als die Versorgung von Bedürftigen mit Informationstechnologie. Beim Besuch in den Räumen des Vereins an der Breiten Straße wird dies schnell deutlich.

Es ist Samstag, 10 Uhr. Fritz Steinke dreht ruhig und gelassen den Schlüssel herum. Dabei rechnet er auch heute mit großem Andrang. &bdquo;Es gab schon Tage, da mussten wir wegen zu großer Nachfrage die Tür zwischenzeitlich schließen; und die Menschen standen draußen auf der Straße Schlange", erinnert er sich.

Mit etwa 80 Geräten, darunter sowohl Desktop-PCs als auch Laptops, fühlte man sich bei der Eröffnung im Februar vergangenen Jahres gut aufgestellt. Bis dato gingen bereits mehr als 120 Geräte an Menschen raus, die sich ohne die Unterstützung keinen Computer leisten könnten. So sind Laptops inzwischen Mangelware – auch Mäuse und Tastaturen werden dringend benötigt. Die beiden hier ehrenamtlich schraubenden Computerfreaks Christian Woelk (Berater in der IT-Sicherheitsbranche) und Heiko Dross (ebenso im IT-Bereich tätig) geben sich gegenüber der LZ dennoch optimistisch: &bdquo;Wir hoffen auf weitere Spenden ausrangierter Elektronik. Die Truhe boomt. Es macht Spaß, zu helfen. Das Konzept geht voll auf."

Helfen – das ist auch das Stichwort für den dritten Mann im Bunde und am Schraubenzieher: Abdou Mohamad Saleh. Der Syrer erfuhr durch Mundpropaganda von dem Treiben in der Breiten Straße. Da er in seiner Heimat im Mathematikstudium auch das Programmieren gelernt hat, entschied er sich, an der guten Sache mitzuschrauben. &bdquo;Es macht mich glücklich und hilft mir sehr dabei, möglichst schnell Deutsch zu lernen", erzählt Abdou Mohamad Saleh.

Eine Nigerianerin betritt mit ihrem kleinen Kind an der Hand das Eldorado für Tüftler und Schrauber. Das internationale Flair zwischen Festplatten und Bildschirmfüßen ist deutlich zu spüren. Am Schreibtisch neben Fritz Steinke sitzt Fatima Fezzou. Seit mehr als einem halben Jahr engagiert sich die Marokkanerin ehrenamtlich als Dolmetscherin, nachdem sie selbst einen Rechner von der &bdquo;Computertruhe" bezogen hatte.

Seit 2014 lebt Fatima Fezzou in Lemgo und begrüßt jetzt freundlich die Afrikanerin. Fezzou spricht Arabisch, Französisch und Deutsch, aber vor allem die Sprache der Herzlichkeit. &bdquo;Solche Mitarbeiter machen die Computertruhe für alle offen und unsere Arbeit deutlich einfacher. Und das nicht nur, wenn es darum geht, die Bedürftigkeit festzustellen", weiß Fritz Steinke.

Immer mehr Flüchtlinge würden die Hilfe des gemeinnützigen Vereins suchen. &bdquo;Erst waren es ausschließlich Männer. Jetzt trauen sich auch immer mehr Frauen mit Kindern zu uns", ist man sich einig. Kurzum: Der Laden brummt. Eine Syrerin tritt ein. Die Freundin von Fatima Fezzou will nur kurz &bdquo;Hallo" sagen. kennengelernt haben sich die beiden beim Integrationskurs. Trotz starken Andrangs ist die Atmosphäre entspannt.

Nach zwei Stunden und Besuchern aus aller Herren Länder schließt Steinke die Tür zu. Die Computerfreaks sind zufrieden, auch wenn die Warteliste bei den Laptops wieder ein bisschen länger geworden ist. Für die Macher der &bdquo;Computertruhe" ist auch dieser Vormittag ein kleiner Schritt nach vorne, gegen die Kluft zwischen Reich und Arm, was Medienkompetenz anbelange.

Arbeitslose und Flüchtlinge sollen nicht von den Chancen des Internets angehängt werden. Außerdem werde ein kleiner Beitrag für einen &bdquo;vernünftigen Umgang" mit &bdquo;Elektroschrott" geleistet. &bdquo;PC-Spenden können Leben verbessern", sagt Steinke und verabschiedet sich von seinem syrischen Freund und Mitstreiter Abdou Mohamad Saleh. Dieser will auch nächste Woche schrauben. &bdquo;Für alle", betont er, &bdquo;unabhängig von Nationalität und sozialem Status."

Schulbauernhof kann nun Videos zeigen

Nicht nur Privatpersonen können von dem Service der Lemgoer Computertruhe, eines Ablegers der Originalinitiative aus dem Landkreis Emmendingen, profitieren. Zuletzt konnte sich beispielsweise auch der Förderverein des Schulbauernhofs im Bielefelder Stadtteil Ummeln über Hilfe aus Lemgo freuen. Hof-Betriebsleiterin Gabriele Ankewitz: &bdquo;Wir können das Notebook vielseitig einsetzen. So können Schulklassen an verschiedenen Orten auf dem Bauernhof nun in Lernvideos mehr zu den Tieren erfahren und Wissen vertiefen." Die Zusammenarbeit zwischen den Bauernhof-Betreibern und der Computertruhe sei beispielhaft, findet Christian Woelk, Mit-Initiator bei den Lemgoern. Denn: &bdquo;Viele Vereine müssen aufgrund von niedrigeren Budgets an der Hardware sparen und könnten doch von einer besseren Ausstattung profitieren." Wenn die Computertruhe genau an dieser Stelle einspringen könne, freue das die Schrauber von der Breiten Straße. Die knapp zwei Dutzend Mitglieder arbeiteten ehrenamtlich, betont Woelk. Informationen gibt es unter der Adresse computertruhe.de im Internet.

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