Blomberg. Schwerer Schlag für die HSG Blomberg-Lippe. Der Frauenhandball-Bundesligist verliert mit Xenia Smits seine beste Akteurin. Die Nationalspielerin wechselt nach fünf Jahren im Lipperland im Sommer zum französischen Erstligisten Metz Handball.
„Diese Abgang trifft uns hart, sehr hart. Xenia ist die Seele unserer Mannschaft.“ Andre Fuhr, Trainer, Ausbilder und Förderer der 20-jährigen Smits, macht aus seinem Herzen keine Mördergrube und gesteht: „Xenia ist eins zu eins nicht zu ersetzen.“ Im zarten Alter von 15 Jahren kam die gebürtige Belgierin - mittlerweile in Deutschland eingebürgert - zur HSG Blomberg-Lippe und ihre Karriere führte sie unter Fuhr'scher Regie bis in die deutsche Auswahl, mit der die Rechtshänderin ab 16. März einen fünftägigen DHB-Lehrgang mit der Teilnahme an der Karpaten-Trophy in Rumänien absolviert.
Vor einem Jahr hatte die Studentin der Sportwissenschaften in Paderborn einen Zweijahresvertrag in Blomberg unterzeichnet. Allerdings mit einer Ausstiegsklausel für eine festgeschriebene Ablösesumme. Smits zog die Option - und HSG-Manager Torben Kietsch streicht einen fünfstelligen Betrag ein. „Lieber wäre mir, Xenia wäre geblieben. Wir haben bis zur letzten Patrone gekämpft, ihr alle möglichen Konstellationen vor Augen gehalten, aber es hat nichts genutzt“, so Kietsch enttäuscht.
Um einen annähernd adäquaten Ersatz an Land zu ziehen, bedürfe es, so Kietsch, einer monatlichen Aufwendung von 4.000 bis 7.000 Euro netto - Summen, die in Blomberg reine Utopie sind. „Wir sind halt Freiburg, nicht Bayern“, vergleicht Fuhr, und fügt kritisch hinzu: „In Metz gibt es 26 Spielerinnen, alle wollen auflaufen. Und Xenia ist raus aus dem Fokus der deutschen Öffentlichkeit.“
„Ein weiteres Jahr als Führungsspielerin Akzente zu setzen und Erfahrung zu sammeln, hätte Xenia sicher gut getan“, sieht Fuhr den Wechsel nach Frankreich skeptisch, aber nicht zuletzt der ungarische Berater von Smits habe enormen Druck gemacht und auf die Entscheidung zugunsten von Metz gedrängt. Tag und Nacht, so Kietsch, gelte die Arbeit, Lösungen auf die personellen Fragen zu suchen, in ganz Europa sind Fuhr und Kietsch dafür unterwegs. Aus dem eigenen Kader bieten sich Gisa Klaunig und Kasia Duran an, die beide auf der Position von Smits spielen können.
KURZ GEFRAGT: „Ich habe auf mein Herz gehört“
Seit fünf Jahren hat Rückraumspielerin Xenia Smits (20) auf das Kommando von Trainer Andre Fuhr gehört. Doch damit ist im Sommer Schluss. Im LZ-Interview erläutert Smits ihre Beweggründe für den Wechsel gen Metz.
Frau Smits, ein halbes Jahrzehnt war Blomberg Ihre Heimat. Warum verlassen Sie die HSG?
Xenia Smits: Ja, sicher. Blomberg, das Lipperland ist wie eine zweite Heimat geworden. Aber ich möchte mich in Metz einer neuen Herausforderung stellen. Ich habe bei der Nationalmannschaft andere Trainer, andere Methoden kennengelernt. Das hat mir zu denken gegeben und meinen Wunsch verstärkt, einen Schritt zu machen. Ich hoffe, mit Metz habe ich die richtige Richtung eingeschlagen.
Warum gerade Metz?
Smits: Ich war eigentlich offen für alles, für alle Optionen. Ich fühle mich in Deutschland sehr wohl, habe als Belgierin ja auch die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Aber warum nicht Frankreich? Ich habe ganz auf mein Gefühl gesetzt. Ich habe auf mein Herz gehört. Und das schlägt ab Sommer für Metz. Schade, dass mein Freund nicht mitkommen kann. Aber der absolviert gerade hier eine Ausbildung.
In Metz geraten Sie aus dem Fokus der deutschen Bundesliga. Ein Nachteil für Ihre Ambitionen in der Nationalmannschaft?
Smits: Zuerst: Ich habe immer davon geträumt, in einem europäischen Spitzenteam, und das ist Metz als Champions-League-Teilnehmer, zu spielen. Mit Nationaltrainer Jakob Vestergaard spreche ich nächste Woche über die neue Situation.
Hat Geld eine Rolle gespielt?
Smits: HSG Blomberg-Lippe war immer eine gute Adresse, die ich jedem weiter empfehle, obwohl der Etat nie so hoch war. Aber das hatte keinen Einfluss. Geld ist mir eigentlich egal.
Das Gespräch führte LZ-Redakteur Dietmar Welle.
KOMMENTAR: Zurück zu den Ursprüngen
Die Entscheidung schmerzt. Die untadelige Xenia Smits hat genug von der HSG und erfüllt sich mit dem Wechsel gen Metz einen Traum. Diese Lücke adäquat zu schließen, ist angesichts der finanziellen Ressourcen ausgeschlossen. Dabei spricht derzeit alles für Blomberg: Rang sieben in der Liga, Viertelfinale im Europapokal.
Durch die Abgänge von sieben Spielerinnen - die Wechsel von Frey, Magelinskas und Roch waren bereits bekannt - gibt es zwangsläufig einen Neuaufbau. Stichwort: Ausbildungsbetrieb mit kleinem Etat. Statt dauerhaft Plätze auf europäischer Ebene anzuvisieren, muss sich Blomberg - zwangsläufig - auf seinen Ursprungsgedanken besinnen und Talente zur Reife bringen.
Fuhr wie auch Kietsch rollen in jedem Jahr den (Hand-)Ball Richtung Gipfel... Geht auch Xenia Smits, so stellt die eigene Familie einen Teil der Zukunft. Mit Aaricia (16) Smits spielt eine jüngere Schwester bereits bei der HSG, und im Sommer folgt mit Munia (15) eine weitere Smits-Tochter. Bei allem Schmerz: Das sind gute Aussichten.