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OWL

Kutschaty besucht Detmolder Brennpunkt Herberhausen

Bielefeld/Detmold/Bad Oeynhausen. Sie wollen, um ihre Krise zu überwinden, dahin gehen, wo es richtig weh tut, haben die NRW-Sozialdemokraten versprochen. Thomas Kutschaty, seit gut zwei Monaten neuer Chef der Düsseldorfer SPD-Landtagsfraktion, hat es getan. Im Rahmen seiner Sommertour hat der Essener Sozialdemokrat, der vor etwas mehr als einem Jahr noch Justizminister der dann abgewählten rot-grünen Landesregierung war, den Detmolder Stadtteil Herberhausen besucht.

Deutsche ohne Migrationshintergrund sind hier eine kleine Minderheit. Russlanddeutsche, Südosteuropäer, Türken und Kurden bestimmen das Bild der Siedlung, die vor allem aus Mehrfamilienwohnblöcken besteht. 32 Prozent hat die AfD bei den Bundestagswahlen im September hier erhalten. Die SPD ist im Vergleich dazu eine kleine Minderheit. Stimmberechtigt sind in der Ortschaft, die aus einer früheren Britensiedlung entstanden ist, vor allem die Spätaussiedler. Mitten im Ort, in dem es keinen Arzt gibt und nur ein einziges (türkisches) Geschäft, steht eine Unterkunft für Flüchtlinge, die meist aus dem arabischen Raum kommen. Soziale Probleme ohne Ende, sollte man meinen. Und doch gibt es viele Engagierte, die sich geradezu vorbildlich um Probleme und Sorgen der Bewohner kümmern.

Knüppelharte
 Arbeit im 
AWO-Familienzentrum

Dennis Maelzer, SPD-Landtagsabgeordneter aus Detmold, hat seinen Fraktionsvorsitzenden hierhin gelotst. Kutschaty macht als erstes Station im AWO-Familienzentrum am Rande der Ortschaft. Dort berichtet ihm Andrea Hartlieb, die die Einrichtung seit 2010 leitet, von ihrer knüppelharten, aber erfolgreichen Arbeit. 96 Prozent der Kinder, die die Kita besuchen, haben einen Migrationshintergrund. Im Eingangsbereich hängt eine Tafel. Hier sind Grundbegriffe der Kindergartenarbeit in deutscher und arabischer Sprache zu lesen. Ein Bild erklärt den jeweiligen Begriff. „Viele Kinder sprechen nicht genügend deutsch, wenn sie in unsere Kita kommen, aber sie lernen schnell", sagt Hartlieb. Sprachunterricht und Arbeit mit den Eltern – alles findet in einem Haus statt. Öffnungszeiten: 7 bis 16.30 Uhr. Kutschaty ist beeindruckt von der Arbeit der Frauen in dem Familienzentrum. Der einzige Mann unter den 23 Beschäftigten ist der Hausmeister.

Kita-Kinder 
lernen spielerisch englisch

Der Politiker aus Düsseldorf trifft wenige Meter weiter an einer Bushaltestelle die Spätaussiedlerin Rita Wiens. Die 72-Jährige ist 1990 von Omsk nach Lippe gekommen, wohnt seit 1994 in Herberhausen. Sie macht einen zufriedenen Eindruck, engagiert sich zusammen mit Freundin Irmtraud Hartmann (75) in der Siedlung. Die beiden Frauen wohnen im selben Block, Irmtraud Hartmann ist die einzige Bewohnerin ohne Migrationshintergrund. „Ich bin aus Niedersachsen eingewandert", schmunzelt sie und grüßt dann die Beamten in einem Streifenwagen, die gerade Patrouille durch die Ortschaft fahren.

Zu Beginn seines Tages in OWL hat Kutschaty beim Besuch des Betriebskindergartens der Firma Goldbeck in Bielefeld-Ummeln eine ganz andere Welt erlebt. Hier betreibt die von-Laer-Stiftung eine Kita mit drei Gruppen und 54 Kindern. Zweisprachig ist die Kita in Ummeln auch, allerdings nicht arabisch und deutsch. Hier lernen die Kinder spielerisch die ersten Wörter Englisch. Die Unterstützung der Firma Goldbeck sorgt dafür, dass die Kita „Goldbeckchen" eine echte Vorzeige-Einrichtung geworden ist.

Zum Abschluss eine ganz andere Problematik. In der Spielbank Bad Oeynhausen berichten Betriebsräte dem prominenten SPD-Mann von ihren Sorgen wegen der von der schwarz-gelben Landesregierung geplanten Privatisierung der Spielbanken in NRW. Kutschaty versprach, die SPD werde versuchen, den Verkauf der Spielbanken zu verhindern.

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