Kalletalerin rettet Kuh Luise vor dem Schlachter

Kalletal-Stemmen. Dass sie einmal zwei Kühe besitzen würde, hätte sich die Kalletalerin Kerstin Fricke (59) noch vor einem Jahr niemals träumen lassen. Katze und Hund – das waren die bisherigen Haustiere der zierlichen Frau und ihres Lebensgefährten Wolfgang. Mehr Platz bietet die Etagenwohnung im ersten Stock des Zweifamilienhauses in einer Wohnsiedlung in Stemmen auch nicht.

Aber dann, im März dieses Jahres, hörten die beiden von einer Kuh, seinerzeit noch namenlos, bei einem Schlachter in Nordlippe, die auf den Tod durch den Bolzenschuss wartete, lange wartete – auf dem Viehhänger ohne Futter und Wasser. Dieses Schicksal rührte das Paar derart, dass sie sich entschlossen, die Kuh zu kaufen. Heute hat Luise ihren schönen Namen, als Gesellschaft ein Jungtier namens Leonie und Kerstin Fricke eine Lebensaufgabe für die nächsten zwanzig Jahre.

Die Geschichte war für die beiden Kalletaler haarsträubend, als sie sie von dem Schlachter selbst hörten. Eine Kuh war zur Schlachtung angemeldet. Wie üblich begutachtete ein Tierarzt das lebende Tier und verweigerte die Zustimmung zur Schlachtung aus zwei Gründen: die Kuh hatte keine Ohrmarken, die ihre Herkunft bescheinigten, und ihre Klauen waren in einem sehr schlechten Zustand. So musste der Landwirt die Kuh wieder zurücktransportieren.

&bdquo;Als ich hörte, dass der Kuh nun Ohrmarken eingezogen und sie beim Klauenpfleger behandelt wird, nur um dann zu sterben, hat mich das drei Tage lang nicht losgelassen“, erinnert sich Kerstin Fricke. Sie überlegte hin und her, denn eine Kuh zu kaufen, bedeute auch Verantwortung zu übernehmen – und der Kaufpreis von 900 Euro lag auch nicht auf der hohen Kante. Aber die Freundinnen Susanne Lambrecht (65) aus Porta und Heide Dubois (60) aus Bielefeld unterstützten – zusammen mit weiteren Bekannten.

Einsam und allein in Anbindehaltung &bdquo;So haben wir uns auf den Weg zu dem Besitzer gemacht und dort unsere Luise überhaupt das erste Mal gesehen. Es war ein trauriger Anblick. Sie stand allein in Anbindehaltung in dem Kuhstall. Zwei Schritte vor, zwei zurück. Mehr Bewegungsfreiheit hatte sie nicht, und ihre Klauen sahen aus wie Schnabelschuhe“, erinnert sich Fricke. Erstaunt war sie auch, dass Luise mit gerade einmal zwei Jahren noch so jung war. &bdquo;Ich hatte gedacht, dass es sich um eine alte Kuh handelt, die keine Milch mehr gab und deshalb geschlachtet werden sollte“, so Fricke. Aber Luise ist keine Milchkuh sondern – so fanden ihre neuen Besitzer heraus – eine Kreuzung aus den beiden Kuhrassen Charolais und Angus, die als Fleischrinder gehalten werden.

Nach der Übernahme der Kuh begann für die beiden Kalletaler ein großes Abenteuer, das so gar nicht geplant war. &bdquo;Wir wollten Luise frei kaufen und einem Gnadenhof schenken“, erläutert Fricke, die im Extertal eine vorübergehende Bleibe für das Tier gefunden hatte. Die Sache mit dem Gnadenhof hatte sich recht schnell erledigt. &bdquo;Wir haben viele Gnadenhöfe angeschrieben und angerufen und bis auf eine Ausnahme gar keine Antwort erhalten“, so Fricke. Nur ein Gnadenhof sei bereit gewesen, Luise aufzunehmen, aber nur bei Übernahme einer Patenschaft von gut 100 Euro pro Monat.

&bdquo;Dann hätten wir viel Geld bezahlt und das Tier wäre weit weg gewesen“, resümiert Fricke, die sich daraufhin entschloss, Luise zu behalten. Diese hatte jedoch erst einmal eine ganz andere Idee. Beseelt von der neuen Bewegungsfreiheit erweiterte sie eigenständig ihre Grenzen und büxte aus ihrem Auslauf aus in den angrenzenden Wald. &bdquo;Drei Tage haben wir vergeblich versucht, die damals noch scheue Kuh einzufangen“, erinnert sich Fricke.

Luise und Leonie sind dicke Freunde Hilfe nahte schließlich von einem Landwirt aus Einbeck, der mit Hänger und einer jungen schwarzen Kuh anrückte. Leonie, so der Name der schönen Schwarzen, weckte in Luise offenbar Muttergefühle. Sie ließ sich auf den Hänger treiben und fand im Stall des Einbecker Landwirts Unterschlupf. &bdquo;Liebe auf den ersten Blick“ – so beschreibt Kerstin Fricke die mittlerweile dicke Kuh-Freundschaft. Der Kauf von Leonie war reine Formsache.

Beide Tiere sind seitdem unzertrennlich und haben den Sommer auf ausgedehnten Weiden genossen. &bdquo;Sie werden gebürstet, spazieren geführt, erhalten Möhren, Heu, Mineralfutter und haben schon viele Menschen mit ihrem sanften Wesen berührt“, freut sich Kersten Fricke, die auch bereits das Lieblings-Leckerli ihrer Kühe kennt: &bdquo;Bananen. Da sind sie ganz verrückt drauf“. Was Fricke allerdings noch nicht gefunden hat, ist eine dauerhafte Bleibe für ihre Kühe. &bdquo;Der Stall, den wir derzeit gemietet haben, soll nächstes Jahr abgerissen und zum Bauplatz werden. Wir suchen daher nach dem Winter eine Unterkunft für unsere beiden Kühe, gern bei einem Landwirt und gern auch in einer größeren Herde“.

Fricke freut sich über Angebote und wohlmeinende Spenden für den Unterhalt der Kühe. Kontakt: kerstinfrickeallen@googlemail.com oder 0160-97371379.

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