Go Jugendreisen aus Augustdorf: Wie sich das Freizeitverhalten in 40 Jahren verändert hat

Augustdorf. Mit 30.000 Teilnehmern im Jahr 2024 ist die Augustdorfer Firma Go Jugendreisen eine große Nummer im Bereich Jugendreisen. Gerade ist der neue 114 Seiten starke Katalog für das Jahr 2026 gedruckt worden, in dem sich diesmal auch Fotos von Jugendcamps aus den vergangenen 40 Jahren finden. Geschäftsgründer Gert Just und Geschäftsführerin Franziska Just erzählen im LZ-Gespräch, wie sich Jugendreisen im Laufe der Zeit gewandelt haben.

Ihre beiden Lebensläufe sind eng mit der Firmengeschichte verknüpft. Gert Just war in den 80er-Jahren im Sportbund Bielefeld und in Sportvereinen in Paderborn aktiv. &bdquo;Als Kursleiter war ich immer unterwegs“, erinnert er sich. 1986 gründete er Go Jugendreisen, um Sportverbänden und Schulen Paketpreis-Reisen für Gruppen anbieten zu können. Just richtete sich nach den Wünschen der sportlichen Kundschaft. &bdquo;Windsurfen, Mountainbike-Touren, Wellenreiten, Tennis... Wir waren in Frankreich oft in einem Zentrum, wo es 32 Tennisplätze gab. Dort haben wir von morgens bis abends gespielt. Den jetzigen Partytourismus kannten wir gar nicht.“ Die Augustdorfer Firma habe damals das gesamte Frankreich-Paket der Jugendferienwelt des Landessportbunds organisiert, erinnert sich Gert Just.

Wechseln von Gruppenreisen zu betreuten Jugendreisen Im Laufe der Zeit seien Freizeitangebote von Sportverbänden und kirchlichen Organisationen aber immer weniger geworden. &bdquo;Vor etwa 20 Jahren haben wir dann gesagt: Wir müssen die Jugendlichen selbst betreuen“, erzählt Gert Just. &bdquo;Ende der 90er-Jahre hatten wir zehn Prozent von uns betreute Jugendreisen und 90 Prozent Gruppenreisen. Inzwischen hat sich das komplett gedreht.“ Das heißt, im Gegensatz zu früher verkauft Go Jugendreisen nicht nur den Transfer und die Unterkunft, sondern kümmert sich auch um das Programm und die Verpflegung vor Ort und schickt eigene Betreuer mit.

Gert Justs Tochter Franziska ist mit Jugendreisen groß geworden. Anfangs als Reiseteilnehmerin, später als Betreuerin, heute als eine Geschäftsführerin des Unternehmens - die auch sicherstellt, dass die Zielgruppe weiterhin erreicht wird. &bdquo;Mit dem Katalog sind wir ein bisschen old-school unterwegs“, gibt sie zu. &bdquo;Den verschicken wir an bisherige Kunden. Und er bringt die Familien zusammen, wenn sie ihn am Küchentisch gemeinsam durchschauen.“ Ansonsten hat Go Jugendreisen parallel zur Coronavirus-Pandemie die Vertriebskanäle modernisiert. &bdquo;Social Media ist unser stärkster Kanal - bei Eltern wie bei Kindern - bedeutet aber viel Aufwand“, sagt Franziska Just. Tägliche Posts auf Instagram, TikTok und YouTube ermöglichten aber gerade im Sommer während der Reisezeit authentische Einblicke.

Die Pandemie als Gamechanger &bdquo;Corona war ein Gamechanger“, erinnert sich ihr Vater. &bdquo;Die Reise-Nachfrage war während Corona sehr groß, aber es hat kaum jemand etwas angeboten. Wir haben immer, wenn eine Destination möglich war, Angebote gemacht und sind auch gefahren.“ Dabei habe es aber auch Fälle gegeben, in denen ein Bus nach Spanien gestartet war und dann in Frankreich stecken bliebt, weil es plötzlich für Spanien eine Reisewarnung gegeben habe.

&bdquo;Wir hatten in der Pandemie auch Glück“, erinnert sich Franziska Just. &bdquo;Ich saß hier mit unseren Azubis alleine, weil die anderen Mitarbeiter in Kurzarbeit waren. Da haben wir unseren TikTok-Account gestartet. Sonst hätten wir diese Zielgruppe vielleicht irgendwann aus den Augen verloren.“

30 Prozent Wachstum verzeichnet Go Jugendreisen im Vergleich zur Zeit vor Corona. &bdquo;Allerdings haben sich auch die Buspreise im Vergleich zu der Zeit vor Corona um 40 Prozent erhöht“, sagt Gert Just. &bdquo;Da ist jetzt ein Limit erreicht. Die Kunden wollen und können nicht mehr zahlen.“ Seine Firma hat aktuell 45 Mitarbeiter und 1500 Saisonarbeitskräfte als Betreuer an der Urlaubsdestination. Die sind heute auch damit konfrontiert, dass so gut wie alle Teilnehmer Smartphones dabei haben. &bdquo;Das bedeutet natürlich auch die Anforderung an die Betreuer, eine Gruppendynamik zu erschaffen, in der das Handy zweitrangig wird“, sagt Franziska Just. Schließlich sollten die Jugendlichen im Urlaub etwas erleben und sich gegenseitig kennenlernen und nicht ständig auf den Handybildschirm starren. &bdquo;Da muss man auch die Eltern manchmal drosseln, wenn an ihren Nachrichten nicht gleich der blaue Haken zeigt, dass sie gelesen wurden. Vielleicht ist ihr Kind gerade unterwegs und hat einfach Spaß.“

Gert Just: Lloret de Mar ist zu gefährlich Neben den früher üblichen sportlichen Reisen, die heute &bdquo;Adventure“ heißen, gibt es mit &bdquo;Summer & Chill“ auch Angebote zum Ausspannen. Und natürlich kommt auch Go Jugendreisen nicht an der Rubrik &bdquo;Party“ vorbei. Wobei: &bdquo;Die, die nur saufen wollen, sollen lieber mit anderen Anbietern fahren“, sagt Gert Just. &bdquo;Wir versuchen, das soweit wie möglich zu kontrollieren.“ Die Eltern kennten ihre Kinder am besten und könnten gut einschätzen, ob diese im Urlaub über die Stränge schlagen. Go Jugendreisen wählt die Location gezielt aus. &bdquo;Wir fahren nicht mehr nach Lloret de Mar“, sagt Franziska Just. &bdquo;Calella ist unsere Party-Destination.“ &bdquo;Dort ist das Umfeld anders“, erklärt ihr Vater. &bdquo;Lloret ist zu gefährlich. In Calella können wir mit Teamern vor dem Club einen Rückkehrdienst organisieren, der auch funktioniert.“ Die kommerziellen Jugendreise-Anbieter seien nicht immer die Bösen und die gemeinnützigen Anbieter automatisch die Guten, spricht Gert Just ein Reputationsproblem seiner Branche an. &bdquo;Wir schaffen Lösungen für Familien, die Probleme mit der Ferienbetreuung im Sommer haben“, sagt seine Tochter.

Auffällig ist, dass die Art der Unterbringung bei heutigen Jugendreisen vielfältiger geworden ist. Neben Zelt-Camps gibt es auch Bungalows und Hotelzimmer - je nach Dicke des Geldbeutels. Wobei im Gespräch schnell klar wird, das die Herzen der Justs eindeutig für das Zelt-Camp schlagen - wegen des Gemeinschaftsgefühls und besonderen Flairs. &bdquo;Im Mai fahren wir los und bauen auf unterschiedlichsten Campingplätzen in Südeuropa Zelte auf - für 50 bis 500 Teilnehmer pro Camp“, sagt Franziska Just. Das seien kleine Wohlfühl-Dörfer mit Soundanlagen, Lichterketten und Aufenthaltsbereichen. &bdquo;Also weit von Pfadfinder-Lagern mit Jurten entfernt“, sagt Gert Just. Diese Lager bewohnen dann verschiedene Gruppen jeweils für sechs bis zwölf Tage.

Buffet vor Ort statt Essen in Dosen Was heute definitiv anders als früher ist: das Essen. &bdquo;40 bis 50 Prozent unserer Teilnehmer sind Vegetarier“, sagt Franziska Just. &bdquo;Und es gibt deutlich mehr Unverträglichkeiten. Das ist manchmal eine Herausforderung.“ &bdquo;Vor 40 Jahren haben wir noch das gesamte Essen in Dosen komplett von zu Hause mitgenommen“, erinnert sich Gert Just. &bdquo;Ravioli, Linsensuppe, Bockwürstchen...“, zählt er auf. &bdquo;Jetzt bieten wir ein Buffet und kochen vor Ort selbst.“

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