Wie vom Dörenkrug aus vor 250 Jahren Augustdorf entstand

Augustdorf. Es war eine Einöde mit kargem Boden, doch trotzdem wollte im Jahr 1775 der Barntruper Bürger August Simon Struß auf dem Gelände des heutigen Dörenkrugs eine Gastwirtschaft bauen. Im Dezember vor 250 Jahren unterzeichnete Graf Simon August den Meierbrief - und konnte natürlich nicht wissen, dass sich daraus die heutige Gemeinde Augustdorf entwickeln würde. So steht es in der Chronik von 1775 bis 1975. Die erhaltene Urkunde dokumentiert die Gründung von Augustdorf.

August Simon Struß hatte die Rethlager Mühle in Pivitsheide gepachtet und beantragte beim Grafen, am Kreuzweg nach Paderborn, Lippstadt und Bielefeld einen Platz von 60 Scheffelsaat (10,3 Hektar) auszuweisen. Geplant war, Bier und Branntwein herzustellen. Struß beantragte eine zehnjährige Leibfreiheit (anstatt einem Leibherrn zu dienen), was auf offene Ohren stieß. Die Hoffnung war, damit so Wilddieben in der Einöde Einhalt zu gebieten.

Steuern sind zu hoch Trotzdem passierte erst mal gar nichts, weil Struß die Höhe der Steuern zu hoch war - er zog für drei Jahre nach Barntrup. Doch das Vorhaben ging ihm wohl nicht mehr aus dem Kopf und er beantragte erneut die Ansiedlung eines Kruges. Für den wünschte er sich einen &bdquo;höchstgefälligen Namen“, denn Tatern-Krug sollte seine Wirtschaft nicht heißen. Bodo Diekmann, Ehrenvorsitzender des Heimatvereins Augustdorf, weiß, dass Kriminelle aus dem Lippischen, die kurz vor der Grenze noch geschnappt wurden, hier an den Taternpfahl ( Anmk. d. Red.: &bdquo;Tatern“ ist ein altes Wort für &bdquo;Zigeuner“ ) festgebunden wurden. Das wird in der Chronik berichtet.

Aus früheren Erzählungen war kolportiert worden, dass am Dören Pferdediebe und andere finstere Gestalten an den Pfahl gebunden und mit ihnen nicht gerade sanft umgegangen worden war. Diese gedanklichen Assoziationen wollte Struß für seinen Krug vermeiden und durfte nach einem Antrag an die Kammer auf hochgräfliche Gnaden, seinen Krug fortan Dörenkrug nennen.

Er zog also auf den Dören und wohnte während der Bauphase - so wird es überliefert - in einer Laubhütte über einem Erdloch. Der Krugbauer kam mit seinem Vorhaben aber wohl nicht in Gang: Es gab nur ein Fenster, Kammer und Stallung waren offen bis unters Dach. Holzbalken fehlten, und auch die Ernte von Kartoffeln und Möhren war dürftig. Der Bartoldskrüger Hackemack aus Hiddesen wollte ihm den Krug abkaufen, doch Struß wollte die Stätte nicht räumen - er habe Frau und Kinder. Er handelte eine Frist von einem Jahr heraus, woraus noch mehrere wurden, es aber zu keiner Einigung kam.

Struß’ Nachfolger Hagemann soll laut Chronik ein schlimmer Mensch gewesen sein, dem jedes Mittel Recht gewesen sein soll, zu Reichtum zu kommen. Die Chronik berichtet, dass von übernachtenden Fuhrleuten Fässer angezapft und Säcke entwendet wurden. Erkennbar reiche Reisende, denen eine Übernachtung zu ungeheuerlich erschien und die aus dem Krug flüchteten, wurden bis tief in den Teutoburger Wald verfolgt, aber in der Dunkelheit wohl oft nicht gefasst.

Besiedlung mit Fremden Zeitgleich gab es bereits Verhandlungen, am Dören eine Kolonie anzusiedeln. Graf Simon August bot anderen Interessierten unentgeltlich ein Grundstück zur Urbarmachung auf dem Dören oder in der Senne an. Bis zu zehn Jahre waren sie frei von Abgaben. Die neuen Bewohner kamen aus Lippe, Baden, der Pfalz, Rinteln und Stukenbrock. In der Küstermannschen Chronik von 1863 steht: &bdquo;Manche waren mehr Vagabunden als ordentliche Leute.“ Arm waren sie in jedem Fall. Die Neusiedler mussten nach Ablauf der zehn Freijahre dem Grafen Erbpachtzinsen zahlen, Grundsteuer und einen Beitrag zur Brandkasse.

Als Graf Simon 1782 starb, gab es auf dem Dören jedoch erst zwölf Kolonate, also Wohngebäude mit Landwirtschaft. Die Besiedlung vollzog sich langsam. 1789 erhielt die Ansiedlung am Dören den Namen &bdquo;Augustdorf“ – zur Erinnerung an den 1782 verstorbenen Grafen.

Ausbau zum Truppenübungsplatz 1890 legte die Militärverwaltung des Deutschen Reiches Augustdorf als Standort eines Truppenübungsplatzes fest, der 1892 in Betrieb genommen wurde und zunächst etwa 50 Quadratkilometer umfasste. Massive Erweiterungen erfolgten 1937 mit der Errichtung des Nordlagers, das nach dem Krieg als Sammellager für rund 18.000 befreite Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter diente. Ab 1956 wurde das &bdquo;Neue Lager Augustdorf“ zur Kaserne umgebaut und erhielt 1961 den Namen &bdquo;Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne“. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs steht das Übungsgelände unter britischer Verwaltung und wird heute sowohl von der britischen Armee als auch von der Bundeswehr und anderen Truppen der NATO genutzt.

Die heutige Fläche der Gemeinde beträgt 42 Quadratkilometer, davon werden 62 Prozent militärisch genutzt. Das Dorf entwickelte sich zu einer Großgemeinde mit rund 10.000 Einwohner, auch der Dörenkrug erweiterte seine bauliche Substanz. Bemerkenswert ist, dass es im 19. Jahrhundert eine Gebäude-Ähnlichkeit zwischen dem Dörenkrug und dem Gasthof zur Linde gab, die auf alten Bildern oft zu Verwechslungen führt. Im Gegensatz zum Dörenkrug wurde der Gasthof zur Linde aber vor einigen Jahren abgerissen.

Der Dörenkrug ist auf dem Weg zur Bundeswehr-Kaserne nicht zu übersehen. Immer noch finden hier Gäste in der Pension eine Übernachtungsmöglichkeit und können im Gasthaus Spartakus essen. Inzwischen führt die Familie Giannakis das Haus bereits seit 15 Jahren.

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