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Bad Salzuflen

Tintelnot reicht Staffelstab bei Linnenbecker nach 41 Jahren weiter

„Mister Fliese“ geht von Bord

Bad Salzuflen. Mit 800 Mitarbeitern an 23 Standorten ist der Baustoffspezialist Linnenbecker weit über die Grenzen Bad Salzuflens hinaus bekannt. Jetzt steht mit Julian Tintelnot (36) die vierte Generation des Familienunternehmens in der Verantwortung.
 Die LZ sprach mit dem neuen, alleinigen Geschäftsführer der Wilhelm Linnenbecker GmbH & Co. KG sowie seinem Vater Hans-Henrich Tintelnot (68), der die Geschicke des Betriebs seit 1973 bestimmt hat – und nebenbei in der deutschen Fliesenbranche tiefe Fußspuren hinterlassen hat.
Herr Tintelnot, seit dem Jahreswechsel sind sie offiziell im Ruhestand. Haben Sie den Absprung schon geschafft oder juckt es noch in den Fingern?
Hans-Henrich Tintelnot: Zumindest habe ich schon keinen Schreibtisch mehr hier. Beim Ausräumen des Büros liege ich in den letzten Zügen. Es ist unglaublich, was sich in 40 Jahren alles so ansammelt, von dem man sich nicht hat trennen wollen oder können.
Julian Tintelnot: (lacht) Mein Vater ist ein bisschen wie ein Hamster. Vieles könnte eins zu eins ins Archiv wandern. Wir hätten aus seinem Büro auch gleich die Firmenchronik schreiben können.
Sie haben sich dazu entschlossen, den radikalen Schnitt zu machen. Quasi von 100 auf null. Warum?
Hans-Henrich Tintelnot: Alles andere funktioniert nicht. Wir haben das Unternehmen seit 2010 zusammen als Geschäftsführer geleitet. Das Loslassen fällt mir insofern leicht, weil ich merke, dass mein Sohn unsere Unternehmensphilosophie einer Familiengesellschaft weiterlebt und dass die Verantwortung bei ihm in guten Händen liegt. Wir haben verabredet, dass ich den Schritt in den Ruhestand richtig mache. Sonst sind die Schwierigkeiten programmiert. Auch die nachfolgende Führungsriege muss die Gelegenheit haben, sich und ihre Ideen zu entwickeln. Wenn ich gefragt werde, werde ich aber noch beratend zur Seite stehen.
Ein Fachmagazin hat Sie zum Abschied als „Mister Fliese“ betitelt, weil Sie unter anderem als Vorsitzender des Verbands Deutscher Fliesengroßhändler die vergangenen Jahrzehnte mit geprägt haben. Das Produkt Fliese hat eine unglaubliche Entwicklung genommen, oder?
Hans-Henrich Tintelnot: Auf jeden Fall. Als ich 1973 anfing, gab es meist nur einfarbige Fliesen in kleinen Größen – 15 mal 15 Zentimeter oder 10 mal 20. Damals wurden die Fliesen von den Herstellern eher verteilt als verkauft – man war fast froh, wenn man genug Ware erhielt. Heute sind beispielsweise 30 mal 60 oder 60 mal 60 Standardformate. Das kann bei Bedarf hochgehen bis auf ein mal drei Meter. Das sieht zum Beispiel im Badezimmer einfach toll aus. Wir haben im Moment so schöne Fliesen, wie es sie noch nie auf der Welt gegeben hat.
Wird Ihnen als Händler aber nicht manchmal Angst und Bange, dass Sie bei so vielen Innovationen auf ein falsches Pferd setzen könnten?
Julian Tintelnot: Es gibt in der Tat eine Flut an Produkten, da man heute jedes beliebige Motiv mit einer digitalen Drucktechnik auf die Fliese bringen kann. Durch den technischen Fortschritt ist das Angebot quasi unendlich. Wir sehen unsere Aufgabe auch darin, dem Endverbraucher zu helfen und setzen auf unsere gut geschulten Mitarbeiter. Ein großer Trend sind beispielsweise Fliesen in Holzoptik, die aussehen wie Parkett. Da zeigen wir in unseren Ausstellungen aber nicht alle 57 Varianten, sondern präsentieren bewusst nur eine Auswahl.
Viele Menschen suchen derzeit ihr Heil in „Betongold“. Immobilien und Sanierungen stehen hoch im Kurs. Davon dürften auch Sie profitieren, oder?
Julian Tintelnot: Wir machen 50 Prozent unserer Umsätze im Bereich Fliese, 40 Prozent mit den verschiedenen Baustoffen und zehn Prozent mit unseren vier Hagebau-Märkten. Wenn die Menschen heute mehr in ihre Eigenheime investieren, spüren wir das sicherlich auch.
Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Jetzt könnten Sie doch in Ruhe erst mal Ihr Badezimmer renovieren...
Hans-Henrich Tintelnot: (lacht) Vielleicht sollten wir jetzt nicht schreiben, dass bei meinem Badezimmer der übliche Renovierungs-Zyklus von 20, 25 Jahren schon leicht überschritten ist. Okay, die Fliesen im Bad sind schon 40 Jahre drin. Das wird jetzt Zeit.
Das Interview führte LZ-Redakteur Stefan Backe.

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