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Bad Salzuflen

"Darstellung unserer Werte" soll Flüchtlingen Integration erleichtern

Bad Salzuflen. Seit fünf Monaten leben Flüchtlinge in der ehemaligen Britensiedlung. 368 Menschen, deren Zusammenleben für die Asylbewerber selbst, aber auch für die städtischen Mitarbeiter und Nachbarn jeden Tag eine neue Herausforderung ist.

37 von 54 Wohneinheiten sind belegt, zehn bis zwölf Menschen teilen sich eine Wohnung mit fünf bis sechs Räumen. Rückzugsmöglichkeiten gibt es nicht: Nur die gemeinsame kleine Teeküche oder auch die Toilette. „Natürlich bringt das Probleme mit sich", sagt Jörg Herrmann, Fachdienstleiter für Integration und Soziales. Nicht nur, dass die Menschen auf engstem Raum, ohne konkrete Perspektive festhängen - auch die einzelnen Fluchtschicksale der unterschiedlichen Ethnien und die Sprachbarrieren bergen Probleme. Und dennoch - die großen Konflikte blieben bislang aus.

Das ist auch den drei Sozialarbeitern zu verdanken, die vor Ort für die Stadt die psycho-soziale Betreuung übernehmen, ebenso wie der Quartiersmanagerin der AWO. Sie sind täglich vor Ort, so wie auch Sozialarbeiterin Juliane Rönnau: Sie guckt, wer mit wem in einer Wohnung untergebracht werden kann, hilft bei Formularen, Arztbesuchen und vermittelt Kinder an Kitas und Schulen.

„Wir sind auf einem guten Weg", sagt auch ihr Kollege Axel Wendel. Alle Kinder über drei Jahren seien in umliegenden Kitas untergebracht, die älteren auf Schulen und Berufskollegs verteilt. Problematisch sei noch die Beschäftigung der Erwachsenen. „Sie sind zum Nichtstun verurteilt", sagt Juliane Rönnau - und das über Jahre.

Die Asylverfahren ziehen sich hin, können zwei Jahre und länger dauern. Doch einen Anspruch auf Sprachkurse oder auch Zugang zum Arbeitsmarkt haben die Flüchtlinge meist erst mit dem positiven Asylverfahren. Vielen ist das nicht bewusst, „immer wieder gibt es Tränen, wenn sie erfahren, dass sie für längere Zeit hier bleiben müssen", berichtet die Sozialarbeiterin von ihren Erfahrungen und hofft jetzt auf neue Regelungen des Arbeitsamtes, die die Möglichkeiten für ein Praktikum erleichtern sollen.

Vorab aber ist es wichtig, dass die Asylbewerber mehr über Deutschland erfahren, sagt Jörg Herrmann, der mit seinen Mitarbeitern die Reihe „Darstellung unserer Werte" plant. „Woher sollen sie unsere Werte kennen?" Viele Konflikte könnten so vermieden werden. So gebe es derzeit immer wieder Probleme mit den Nachbarn, weil die muslimischen Flüchtlinge nach Sonnenuntergang das Fastenbrechen im Ramadan feiern. „Sie sind das aus ihren Heimatländern gewohnt und müssen erst lernen, dass das Zusammenleben hier anders funktioniert."

Ein Wachdienst soll abends für Ruhe sorgen, bei wiederholtem Nichteinhalten der Regeln, so Herrmann, werden die Flüchtlinge auf andere Quartiere verteilt. Auch die Mittagsruhe mussten die Mitarbeiter den Flüchtlingen erst erklären. „Muss ich da auch schlafen?", wurde Juliane Rönnau gefragt. „Vielen war gänzlich neu, dass manche Menschen nur schlafen können, wenn es ruhig ist."

Auch die Verkehrsregeln stehen auf der Agenda. „Da müssen wir dringend ran", erklärt Herrmann, ebenso wie er sich verstärkt um eine Gruppe junger Männer kümmern will. „Denen müssen wir verdeutlichen, welche Außenwirkung ihr Auftreten hat." Wichtig ist Jörg Herrmann und seinen Mitarbeitern auch die direkte Ansprache. „Anwohner, die Probleme haben, sollten direkt zu uns an die Königsberger Straße 18 kommen oder sich auch nicht scheuen, die Flüchtlinge anzusprechen." Entlastung verspricht er sich vom neuen Versammlungshaus, das bis zu den Herbstferien fertig sein soll. Doch eines ist klar: „Verhältnisse, wie sie noch zu Zeiten der Briten herrschten, die können wir hier nicht mehr bieten."

Neue Angebote für die Integration
Da es derzeit keine neuen Zuweisungen gibt, will die Stadt die Zeit nutzen, die Angebote vor Ort zu erweitern, um die Menschen zu beschäftigen und sie mit den Gepflogenheiten in Deutschland bekannt zu machen. Die Reihe „Darstellung unserer Werte" ist ebenso geplant wie ein Fahrrad- und Verkehrsregelkursus.

Darüber hinaus werden weiterhin Ehrenamtler gesucht, die Lust haben, sich vor Ort zu engagieren. Sie könnten zum Beispiel Sprachkurse geben, Hausaufgabenhilfe, Bastel-, Spiel-,  Musik-  oder auch Gartenkurse anbieten. Auch Hilfen unter anderem beim Ausfüllen von Formularen werden gerne angenommen. Weitere Infos gibt es bei Jörg Herrmann unter der Telefonnummer 952-994.

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