Bad Salzuflen. Den ersten Haarschnitt verpasste sie ihrer zwei Jahre jüngeren Nichte. Damals war Samira Yousef gerade mal sieben Jahre jung, deshalb ging das Spiel mit der Schere auch ordentlich in die Hose. „Ich habe zwar Ärger bekommen, aber mein Berufswunsch stand damit fest", erinnert sich die 26-jährige Salzuflerin schmunzelnd.
Logisch, dass ein späteres Schulpraktikum beim Friseur absolviert wurde. Die Salzufler Friseurmeisterin Monika Steffen erkannte sofort das große Talent und Engagement der 14-jährigen Schülerin, die fortan nach der Schule und in den Ferien ihre Freizeit in deren Friseursalon verbrachte. Den Ausbildungsplatz gab es später nur unter der Bedingung, dass Samira Yousef noch bis zum Realschulabschluss die Schulbank drückte.
Es sollte nicht der einzige Ratschlag von Monika Steffen bleiben, der die junge Frau auf ihrem Weg zum großen Glück voranbrachte. Ein Führerschein? Der musste warten bis zum 23. Lebensjahr, weil Samira Yousef, deren jesidische Eltern vor 27 Jahren vor der Islamisierung aus Syrien geflohen sind, ihr ganzes Geld in ihre berufliche Fortbildung investierte. Nach bestandener Gesellenprüfung und einigen Berufsjahren besuchte sie 2012 die Meisterschule und ließ sich gleichzeitig zur Trainerin ausbilden, um Seminare für Friseure geben zu können.
Doch auch das reichte der ehrgeizigen jungen Frau nicht. Der Wunsch nach einem eigenen Salon wurde immer größer. Nachdem sie in anderen Betrieben weitere Berufserfahrung gesammelt hat, folgte jetzt der vorläufige Höhepunkt in Samira Yousefs Berufsleben. Im November eröffnete sie den „Salon DElegance" am Markt. Ihre Ex-Chefin hat keinen Zweifel, dass die 26-Jährige ihren Weg meistern wird. „Samira ist sehr begabt und war schon immer zielstrebig, ehrgeizig und überaus fleißig", sagt Monika Steffen. Das Gefühl, dass ein ehemaliger Schützling flügge wird und mit einem eigenen Salon indirekt auch ihr Konkurrenz macht, ist für sie nicht neu – nach ihrer Zählung haben sich allein in Bad Salzuflen drei Ex-Mitarbeiter selbstständig gemacht, ein weiterer fungiert als Salonleiter.
„Wenn ich gute Leute habe und gut ausbilde, ist das normal", findet Monika Steffen, die ihren Betrieb vor 46 Jahren ebenfalls in jungen Jahren und aus kleinsten Anfängen entwickelt hat. Heute zählt ihr Salon mit 22 Mitarbeitern zu den größten der Region – neben ihrer Tochter greifen hier mittlerweile auch zwei Enkeltöchter zu Schere und Kamm. Die Entwicklung in der Branche betrachtet sie allerdings insgesamt mit Skepsis: „Der Friseurmarkt in Bad Salzuflen ist absolut gesättigt."
Keine Wartezeit bis zum Meister
Exakte Zahlen für die Friseurbranche in Bad Salzuflen konnte Volker Haimann gestern beim Anruf der LZ nicht aus dem Ärmel schütteln. Allerdings sieht der Obermeister der Friseur-Innung Lippe den Markt auch in der Kurstadt als „gut gesättigt" an. Als kritisch empfindet es der Detmolder, dass vor einigen Jahren die Wartezeit bis zum Meistertitel abgeschafft worden sei. Während früher erst eine bestimmte Berufserfahrung nachgewiesen werden musste, können sich die Kandidaten heute theoretisch direkt nach der Gesellenprüfung zur Meisterschule anmelden. Dass das Durchschnittsalter bei der Meisterprüfung momentan um die 23 Jahre liegt, findet er aber noch ausreichend. „Gerade in einem gesättigten Markt ist Berufserfahrung für Existenzgründer wichtig", sagt Volker Haimann.