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Stehen Kursondergebiete in Bad Salzuflen vor dem Aus?

Sven Kienscherf

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Wie sieht die Zukunft der Parkstraße aus? Darüber gehen die Meinungen in Politik, Verwaltung, Hotellerie und Staatsbad auseinander. Eine entscheidende Rolle bei der Debatte spielen auch künftige Nutzungsmöglichkeiten für das Kurhaus (rechts im Bild). Foto: Thomas Reineke - © Thomas Reineke
Wie sieht die Zukunft der Parkstraße aus? Darüber gehen die Meinungen in Politik, Verwaltung, Hotellerie und Staatsbad auseinander. Eine entscheidende Rolle bei der Debatte spielen auch künftige Nutzungsmöglichkeiten für das Kurhaus (rechts im Bild). Foto: Thomas Reineke (© Thomas Reineke)

Bad Salzuflen. Was wird aus der Parkstraße? Ein Vorschlag der Verwaltung sieht vor, den Kernbereich inklusive Fürstenhof, Kurhaus, Kur- und Stadttheater sowie Konzerthalle als „urbanes Gebiet" auszuweisen und die strengen Lärmschutzrichtlinien aufzuheben. In der Folge wäre normales Wohnen dort ebenso möglich wie beispielsweise die Ansiedlung von Gewerbe.

Kurdirektor Stefan Krieger hatte sich auf einer Bürgeranhörung zu dem Thema strikt dagegen positioniert und verkündet, Interessenten für Fürstenhof und Klinikgelände zu haben (siehe Textende). Zunächst bis zum morgigen Freitag sammelt die Verwaltung noch Eingaben der Bürger, die dann Eingang in eine Beschlussvorlage für die Politik finden sollen. Wie stehen Bürgermeister, Parteien sowie Kur- und Touristikverein zu der Frage? Wir haben nachgefragt.

Bürgermeister Dr. Roland Thomas: „Die bestehende Rechtslage in der Parkstraße bedeutet Stillstand und damit Rückschritt", teilt Thomas in einer schriftlichen Stellungnahme mit. So könne zum Beispiel das Kurhaus auf Dauer nicht dafür genutzt werden, wofür es einst gebaut worden sei. Für die Weiterentwicklung des Staatsbades wichtige Immobilien lägen brach. „Regelmäßig springen interessierte Investoren ab, weil keine zeitgemäße Entwicklung möglich ist.

Deshalb hat es trotz vielfältiger Bemühungen für die in Toplage befindlichen Immobilien des Staatsbades bisher keine Nachfolgenutzung gegeben", so der Bürgermeister. Entwicklungsmöglichkeiten für Tourismus und Gesundheit gebe es nur, wenn innovativ gedacht werde. Allerdings stehe das Verfahren um die künftige Ausrichtung der Parkstraße erst ganz am Anfang. Vor und Nachteile der verschiedenen Szenarien sollten aufgezeigt und mit den Betroffenen diskutiert werden. Thomas: „Eine Entscheidung, wie sich der Bereich um die Parkstraße zukünftig entwickeln soll, ist derzeit nicht getroffen."

Volker Heuwinkel, CDU: Die Unionsfraktion sehe die Entwicklung eines urbanen Gebiets als Chance, den Stillstand in der Parkstraße zu überwinden, sagt Fraktionsvorsitzender Heuwinkel. „Allerdings muss Rücksicht auf die kurörtlichen Gegebenheiten genommen werden." Stadtverwaltung und Staatsbad sollten an einem Strang ziehen. „Reibungsverluste können wir nicht brauchen."

Eduard Böger, SPD: Die Sozialdemokraten wollen zwar die endgültige Beschlussvorlage der Verwaltung abwarten, könnten sich aber ein urbanes Gebiet vorstellen, sagt Fraktionsvorsitzender Eduard Böger. „Wir wollen in der Parkstraße kein großes Museum, sondern eine lebende Zone." Gleichwohl müssten die Nutzungsmöglichkeiten eines urbanen Gebiets vorab festgesetzt werden, um Wildwuchs zu verhindern. Die momentan geltenden Lärmschutzrichtlinien des Kursondergebiets würden der vernünftigen Nutzung von Theater, Kurhaus und Konzerthalle aber im Wege stehen.

Regina Perunovic, FDP: Die Freien Demokraten sprechen sich gegen eine vollständige Ausweisung der Parkstraße als urbanes Gebiet aus. „Wir haben viel Geld in die kurörtliche Infrastruktur gesteckt, wir können da jetzt keine Amüsiermeile draus machen", betont Fraktionsvorsitzende Regina Perunovic. Zudem dürften Interessenten für Fürstenhof und Klinikgelände nicht verschreckt werden. Dennoch müsse es gelingen, das Kurhaus wieder vernünftig zu nutzen. „Vielleicht gibt es eine Lösung, bei der wir einen Teil der Parkstraße als urbanes Gebiet ausweisen und das Areal am Fürstenhof weiter als Kursondergebiet."

Katrin Klei, Grüne: „In der Tendenz findet unsere Fraktion die Pläne für ein urbanes Gebiet in dem Bereich nicht schlecht", sagt Fraktionsvorsitzende Katrin Klei. In dem Bereich müsse etwas passieren, damit das Kurhaus wieder genutzt werden könne, beispielsweise von Salzufler Schülern, die dort ihr Abitur feiern könnten.

Monika Prüßner-Claus, Freie Wähler: „Wir haben noch nicht abschließend beraten", sagt Fraktionsvorsitzende Monika Prüßner-Claus. Auf der einen Seite müsse man die Parkstraße als Kurgebiet erhalten, auf der anderen Seite aber auch die Nutzung von Kurhaus und Theater weiterentwickeln. „Für den Fürstenhof hoffe ich, dass der Kurdirektor liefert und Interessenten benennt."

Simon Welslau, Piraten: „Die Piraten unterstützen eine Überplanung der Parkstraße", sagt Fraktionsgeschäftsführer Simon Welslau. Ob die Ausweisung als urbanes Gebiet dabei die beste Möglichkeit sei, könne noch nicht abschließend beurteilt werden. Klar sei aber, dass eine Neuausrichtung notwendig sei, um Stadttheater, Konzerthalle und Kurhaus vernünftig nutzen zu können. „Davon würde auch das Staatsbad profitieren", sagt Welslau.

Michael Sasse, Verein Bad Salzuflen Kur- und Touristik e.V.:„Wir sind strikt gegen ein urbanes Gebiet an der Parkstraße", sagt Vorsitzender Stefan Sasse. Der Verein zählt nach eigenen Angaben gut 100 Mitglieder. „Die Lärmrichtwerte von 63dB(A) tagsüber sind viel zu laut", so Sasse. (Momentan gelten 45 dB(A), die Red.) Das widerspreche auch dem Gesundheits- und Tourismuskonzept, das von der Politik verabschiedet worden sei. „Ich erwarte, dass sich die Verwaltung mit allen Beteiligten zusammensetzt und eine Lösung findet, die die Bedeutung des Kurparks als Ort der Erholung nicht infrage stellt. Ich sehe auch nicht, dass die Veranstaltungskultur unter den gegenwärtigen Bestimmungen leidet, erst letztens war ich auf dem Max-Mutzke-Konzert in der Konzerthalle", sagt Sasse.

Oliver Risse, Maritim-Hotel: „Die Vorschriften im Kursondergebiet sollten dringend gelockert werden", meint Hoteldirektor Oliver Risse in einer schriftlichen Stellungnahme. Für Kurgäste und Touristen seien die strikten Einschränkungen der Öffnungszeiten in der Gastronomie und Hotellerie ein Ärgernis. „Wir sind sicher, dass die besondere Atmosphäre rund um den Kurpark auch mit weniger Vorschriften erhalten bleibt und Bad Salzuflen damit für viele Gäste noch attraktiver wird." Risse.

Info: Nach Ende der Frist der europaweiten Ausschreibung des Fürstenhofs und des Grundstücks der ehemaligen Klinik am Kurpark an der Parkstraße spricht Kurdirektor Stefan Krieger von einem positiven Ergebnis. Jetzt müssten weitere Gespräche mit potenziellen Investoren geführt werden. Einzelheiten will Krieger mit Rücksicht auf das laufende Verfahren nicht nennen.

Er geht aber davon aus, in der Frage bis spätestens Mitte 2020 Klarheit zu haben.Es gehe um die mögliche Ansiedlung eines Hotels auf dem leer stehenden Grundstück und eines Gesundheitszentrums im Fürstenhof. Das 1908 erbaute ehemalige Grandhotel und Sanatorium steht seit 2007 leer. Die Klinik am Kurpark wurde 2014 abgerissen, seitdem wächst auf dem Grundstück Unkraut.

Beide Grundstücke haben eine Gesamtgröße von 15.000 Quadratmetern, das sind annähernd zwei Fußballplätze. Die Stadt hat im Doppelhaushalt 2020/21, der kommende Woche vom Rat verabschiedet werden soll, einen Verkaufserlös von 2,5 Millionen Euro für den Fürstenhof und das Grundstück der Klinik am Kurpark eingestellt.


"Ruhe im Kurzentrum ist ein hohes Gut"

Redakteur Thomas Reineke plädiert für den Erhalt der Kursondergebiete

Im Monopoly-Spiel ist sie die zweitwertvollste Straße, die Parkstraße. Und auch für Bad Salzuflen hat sie eine besondere Bedeutung. Hier stehen viele der repräsentativen Kurpensionen und Hotels, die Bad Salzuflen zu dem machen, was es ist: eines der bedeutendsten Heilbäder der Republik. Viele der Stammgäste, die sich hier Jahr für Jahr einquartieren und von denen nicht wenige Selbstzahler sind, schätzen an der Parkstraße vor allem eins: die Ruhe.

Deswegen ist das Schrauben an dem Planungsrecht eine Angelegenheit, die höchste Sensibilität und viel Fingerspitzengefühl erfordert. Sicher, der Bereich sollte planerisch neu geordnet werden. Zumal hier verschiedene Bebauungspläne mit unterschiedlichen Festsetzungen existieren, die möglicherweise zum Teil nicht gerichtsfest sind, wie eine Anwaltskanzlei festgestellt hat.

Aber der Parkstraße ihren besonderen Status gänzlich zu nehmen, wäre der falsche Weg. Wer Lust auf „urbanes Leben" hat und shoppen will, der findet dies in der Stadt an anderen Stellen. Und das dank der zentralen Lage des Kurzentrums in wenigen Minuten zu Fuß. Was ebenfalls ein Faustpfand von Bad Salzuflen ist.

"Kursondergebiete haben ausgedient"

Redakteur Sven Kienscherf ist gegen Kursondergebiete

Die Kursondergebiete sind aus der Zeit gefallen. Eine Möglichkeit, die Parkstraße zeitgemäß zu entwickeln, ist die Ausweisung als urbanes Gebiet. Die Schreckgespenste, die von Gegnern an die Wand gemalt werden, halten sachlichen Argumenten kaum stand. Möglich wären statt jetzt 45 dann tagsüber 63 dB(A):

Das entspricht dem Geräuschpegel eines lauten Gesprächs. Damit würde kaum der Untergang des Kurorts eingeläutet. Im Gegenteil: Kein Mensch will aus der Parkstraße eine Reeperbahn machen. Endlich könnten aber Konzerthalle, Kur- und Stadttheater sowie das Kurhaus vernünftig genutzt werden. Das kulturelle Angebot, über das die Stadt an der Parkstraße verfügt, ist ein Pfund, mit dem sie wuchern kann.

Dass Kurgäste nur kommen, wenn Friedhofsruhe herrscht, darf bezweifelt werden. Eher ist davon auszugehen, dass Konzerte und Aufführungen mehr Gäste in die Stadt ziehen. Aus gutem Grund ist die neue Wandelhalle auch nicht einfach im Stil der 60er Jahre restauriert worden, sondern wirbt mit einem Erlebnisraumkonzept. Als kultureller Erlebnisraum und nicht als vorletzte Ruhestätte sollte sich auch ein moderner Kurort begreifen.

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