„Ein Wanderer stellt sich nicht an 20 Schautafeln“

Bad Salzuflen/ Wülfer-Bexten . Wie geht es mit dem Vogellehrpfad im Bexter Wald weiter? Wie berichtet, befindet sich der Weg in einem denkbar schlechten Zustand. Nun soll es einen neuen Anlauf geben, ihn wiederzubeleben (siehe beiger Kasten). Aber taugen solche Lehrpfade heute überhaupt noch, um Menschen für die Natur zu begeistern? Und welche Vögel gibt es in dem Areal überhaupt zu sehen? Darüber spricht Matthias Füller, Geschäftsführer der Biologischen Station Lippe, im Interview.

Herr Füller, der Vogellehrpfad im Bexter Wald ist Mitte der 1970er Jahre angelegt worden. Sind die Konzepte solcher Lehrpfade überhaupt noch zeitgemäß?

Matthias Füller: Solche Lehrpfade atmen oft den Zeitgeist vergangener Jahrzehnte und auch der Lehrpfad im Bexter Wald ist in die Jahre gekommen. Zum Teil zeigen die Schautafeln Vögel, die dort gar nicht mehr leben oder noch nie gelebt haben. Wenn der Pfad neu belebt werden soll, sollten die Initiatoren gemeinsam Vorstellungen entwickeln, was dort gezeigt werden soll und was die Zielgruppe ist.

Was ist das Hauptproblem von solchen Pfaden?

Füller: Der normale Wanderer stellt sich nicht an 20 Schautafeln, wenn er sie denn überhaupt wahrnimmt. Lange Texte werden ohnehin nicht gelesen, da hat auch das Internet die Bedürfnisse der Menschen verändert. Hinzukommt, dass man das, was auf den Tafeln zu sehen ist, nicht unbedingt sofort an der Stelle auch in der Natur beobachten kann. Dadurch stehen die Schilder dann oft gewissermaßen in einem luftleeren Raum ohne Anbindung an die tatsächlichen Gegebenheiten. Das ist langweilig und es ist schwierig, damit das Interesse der Menschen zu wecken.

Das gilt dann vermutlich auch für Schulklassen, die zumindest früher dort entlanggeführt wurden.

Füller: Schulklassen kann ich mir da ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, zumindest keine Grundschulklassen. Natürlich kann eine Naturerfahrung spannend sein, aber gerade für die Vogelbeobachtung braucht man Zeit und Geduld. Umweltbildung mit Kindern befasst sich deshalb in der Regel mit Arten und Lebewesen, die man unmittelbar beobachten kann und die bei einer Störung nicht einfach wegfliegen.

Sie stehen Lehrpfaden also grundsätzlich skeptisch gegenüber?

Füller: Nein, das will ich damit gar nicht sagen. Die Frage ist aber, wie viele verschiedene Informationen wollen die Menschen haben? Wir müssen uns fragen, welche Geschichte des Bexter Waldes wir erzählen wollen. Man könnte auch einfach grundsätzlich aufzeigen, wie sehr sich das Waldstück in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, und was das für die Vogelwelt bedeutet. Welche Arten sind dort nicht mehr zu finden und welche sind hinzugekommen? Vielleicht reicht es auch, an ein bis zwei Stellen etwas Grundsätzliches zum Wald zu erklären, was über Vögel und einzelne Bäume hinausgeht.

Wäre es eventuell eine Idee, mit QR-Codes auf den Schautafeln zu arbeiten, die man mit dem Smartphone scannt, um dann die Informationen darauf zu sehen?

Füller: Grundsätzlich ist das eine spannende Idee. Aber wenn wir bei der Vogelbeobachtung bleiben, brauchen Sie dafür ein gut überblickbares Gelände. Ein Beispiel: Sie haben ein Gewässer, auf dem diverse Wasservögel zu beobachten sind. Dann schauen Sie auf Ihr Handy und finden dort die Informationen zu den Vögeln, die Sie auch durchs Fernglas sehen. Wie das in einem Wald gehen soll, dafür fehlt mir allerdings die Fantasie.

Welche Vögel leben aktuell im Bexter Wald?

Füller: Die spannendste, weil seltenste Art, ist der Mittelspecht. Er ist vor allem an alte Eichen gebunden, die ein Merkmal des Bexter Waldes sind. Darüber hinaus sind dort die klassischen Bewohner des Buchenwaldes zu erwarten: Buchfinken, Meisen, Drosseln und Grasmücken, um nur einige zu nennen.

Was sind spezielle Charakteristika des Bexter Waldes?

Füller: Zunächst handelt es sich um ein relativ kleines Gelände. Ein Problem ist die große Beliebtheit als Naherholungsgebiet, durch die Wegeführung ist der Wald in viele Bereiche zergliedert. Das heißt, Vögel oder Tiere, die besonders sensibel auf Menschen reagieren, findet man dort eher nicht.

Info: Der Vogellehrpfad im Bexter Wald befindet sich in einem desolaten Zustand (die LZ berichtete). Auf Initiative der Grünen und der Salzufler Bürgerinitiative &bdquo;GiftmülldepoNIE“ will der Landesverband Lippe (LVL), dem der Bexter Wald gehört, einen runden Tisch einberufen, sobald es die Corona-Maßnahmen zulassen. Diskutiert werden soll die Zukunft der rund 1,5 Kilometer langen Strecke. Unter anderem die Finanzierung eines möglichen neuen Konzepts ist aber noch ungeklärt. An den Gesprächen sollen laut LVL Vertreter der Bürgerinitiative, des Heimatvereins Bexten sowie der Biologischen Station Lippe, der Forstabteilung des LVL, des Kreises Lippe und der Stadt Bad Salzuflen teilnehmen. ?

„Ein Wanderer stellt sich nicht an 20 Schautafeln“

Schutz für die Stachelkugel: Stadt Lemgo will Igel-Lehrpfad im Auenpark errichten

Besonderes Naturschauspiel: Schwärme von Bergfinken über Blomberg

Der Glockenturm von Großenmarpe wird aus dem Dornröschenschlaf erweckt

Zwischen hohen Buchen und brachem Boden: Wie Lippes Wald den Klimawandel meistern wird

Neue Tafeln erweitern den Gewässerlehrpfad in Lage

Jugend der Schützengesellschaft Schötmar bastelt Knusperhaus für Kinderheim

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €