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Verein „Montessori-Schule Lemgo“ sieht Chance für Grundschule in Retzen

Sven Kienscherf

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Der Stadtrat hat sich dagegen ausgesprochen, in der ehemaligen Grundschule dauerhaft eine Kita einzurichten. - © Sven Kienscherf
Der Stadtrat hat sich dagegen ausgesprochen, in der ehemaligen Grundschule dauerhaft eine Kita einzurichten. (© Sven Kienscherf)

Bad Salzuflen-Retzen. Der Stadtrat hat am vergangenen Mittwoch entschieden, sich nicht auf eine dauerhafte Nutzung der ehemaligen Grundschule in Retzen als Kita festzulegen. Damit hat er maßgeblich mit den Stimmen der CDU gegen die Empfehlung des Jugendhilfeausschusses votiert. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass dort wieder eine Grundschule einzieht. Caroline Adolph ist Vorsitzende des Vereins „Montessori-Schule Lemgo", der in Retzen eine Montessori-Schule gründen will.

Frau Adolph, fühlen Sie sich sie nach der Entscheidung des Stadtrats erleichtert?

Caroline Adolph: Ja klar, somit geht der Weg für uns in Retzen weiter. Das freut uns sehr.

Allerdings hat die Verwaltung deutlich gemacht, dass sie gegen eine Montessori-Schule in dem Gebäude ist. Wie wollen Sie nun weiter vorgehen?

Adolph: Es ist ja aufgrund der Corona-Krise alles komplett durchgeschüttelt worden. Wir müssen uns daher ohnehin neu sortieren. Wir brauchen Leute , die hinter uns stehen und uns unterstützen – sowohl personell und politisch als auch finanziell. Uns diese Unterstützung zu suchen, wird jetzt der nächste Schritt sein. Darüber hinaus wird es in cirka zwei Wochen ein Gespräch mit dem Bürgermeister geben.

Der Ortsausschuss Grastrup-Retzen unterstützt Sie bereits, die Vereine dort scheinen auch aufgeschlossen, ebenso Freie Wähler, FDP und Grüne. Von wem erhoffen Sie sich noch Unterstützung?

Adolph: Wir planen eine Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen in Lippe. Ebenso können wir uns eine Begleitung einer FH im Bereich soziologischer Forschung vorstellen.

Caroline Adolph (33) ist Erzieherin und lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Lemgo. An der Montessori-Pädagogik schätzt sie, „dass Kinder sich individuell entwickeln können." Seit 2018 engagiert sie sich für eine Montessori-Grundschule. - © Katrin Kantelberg
Caroline Adolph (33) ist Erzieherin und lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Lemgo. An der Montessori-Pädagogik schätzt sie, „dass Kinder sich individuell entwickeln können." Seit 2018 engagiert sie sich für eine Montessori-Grundschule. (© Katrin Kantelberg)

Mein Eindruck ist, dass auch vor der Corona-Krise Ihr Bemühen um die Montessori-Schule ein bisschen feststeckte und es nicht so recht voranging. Ursprünglich wollten Sie ja 2021 mit der Schule starten...

Adolph: Das ist auch weiterhin unser Ziel. Mit jeder Woche, die während der Krise verstreicht und sich nichts bewegt, wird das allerdings schwieriger. Da müssten jetzt schon alle Zahnräder ineinandergreifen. Möglicherweise werden wir auf 2022 ausweichen müssen. Vor der Krise haben wir viel im Hintergrund gearbeitet. Und mit der Krise sind auch einige Anfragen zum Erliegen gekommen. Aber wir stehen alle in den Startlöchern, damit es bald wieder richtig losgeht.

Auf der Homepage Ihres Vereins sind schon Stellen für Pädagogen ausgeschrieben, aber Sie können den Bewerbern ja noch gar keine Zusage machen...

Adolph: Wir können aber zu einer gemeinsamen Vereinbarung kommen und die angehenden Lehrkräfte mit in den Aufbau der Schule einbeziehen.

Eine Ihrer Mitstreiterinnen, die für den Verein zumindest bis vor Kurzem Ansprechpartnerin für Bewerber war, hat in Bielefeld Demos gegen die Corona-Beschränkungen organisiert. An den Kundgebungen haben auch Rechtsextreme teilgenommen. Außerdem war sie bis vor ein paar Tagen Administratorin in einer Gruppe im Messenger-Dienst Telegram, in dem von Mitgliedern haufenweise teils rechtsextreme Verschwörungstheorien gepostet werden. Zwar distanzierten sich die Administratoren schriftlich von „politischen Extremen", ein klarer Riegel wurde dem aber nicht vorgeschoben. Die Begründung lautete: Es habe eben jeder seine ganz eigene Meinung. Ist so jemand für die Vereinsarbeit tragbar?

Adolph: Zunächst mal ist sie kein Mitglied unseres Vereins. Ihre Arbeit mit uns ist professionell. Auch sehen wir durch unsere persönliche Erfahrung keinerlei rechtsextremen Hintergrund bei ihr. Unser Verein distanziert sich ausdrücklich von jeder extremen politischen Haltung. Außerdem liegt es bei den Organisatoren, wie mit möglichen extremen politischen Strömungen im Zusammenhang mit den Demos für das Grundgesetz umgegangen wird. Das hat nichts mit unserem Schulverein oder mir zu tun.

Sie haben keine Sorgen, dass diese Aktivitäten ein negatives Licht auf Ihren Montessori-Verein werfen?

Adolph: Nein! Wir gründen eine politisch neutrale Schule. Jeder der Sorge oder Bauchschmerzen in diese Richtung hat, ist herzlich eingeladen, sich mit uns in Verbindung zu setzten. Wie gesagt: Das hat nichts mit uns zu tun!

Trotzdem stellt sich doch die Frage, ob die Frau an der richtigen Stelle sitzt, um Bewerbungen für ihre Schule entgegenzunehmen, wenn sie sich nicht klar gegen Verschwörungstheorien abgrenzt...

Adolph: Es gibt eine Meinungsfreiheit! Wir sind darauf bedacht, professionell zu arbeiten. Dazu gehört auch, dass man Ehrenamt und Privates trennt. Ebenso begegnen wir uns mit Respekt und Akzeptanz. Im Fokus stehen die Stärken jedes einzelnen, die wir für die Schulgründung brauchen können. Noch mal: Die Organisation der Demo für Grundrechte hat mit unserer Schulgründung keinerlei Verbindung!

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