Bürgermeister Dirk Tolkemitt ist Chef von drei Aufsichtsräten

Bad Salzuflen. Erstmals in der Geschichte des &bdquo;Konzerns Stadt" ist mit Dirk Tolkemitt (56, CDU) der Bürgermeister auch Aufsichtsratsvorsitzender der wichtigsten Töchter – der Wirtschaftsbetriebe Bad Salzuflen (WBS), der Stadtwerke und des Staatsbades. Die entsprechenden Wahlen haben jetzt hinter verschlossenen Türen stattgefunden.

SPD-Ratsherr tritt gegen Bürgermeister an

Dem Vernehmen nach gab es für den Aufsichtsratsvorsitz der WBS und der Stadtwerke einen Gegenkandidaten: Eduard Böger (79, SPD). Symbolische Kandidatur: Böger hatte diese Funktionen in der Vergangenheit inne. Für ihn votierten jedoch nur jeweils vier Aufsichtsratsmitglieder von insgesamt 15. &bdquo;Meine Kandidatur war eher symbolischer Natur", sagte Böger auf Nachfrage. Die SPD halte wenig davon, dass der Bürgermeister gleichzeitig Chef der Aufsichtsräte der städtischen Töchter sei. &bdquo;Da drohen aus unserer Sicht Interessenkonflikte." Letztlich müsse sich aber erst zeigen, wie sich die Arbeit in den Gremien entwickle.

Eduard Böger jetzt Stellvertreter

Tolkemitt selbst schlug den Aufsichtsräten von WBS und Stadtwerken vor, Böger zum stellvertretenden Vorsitzenden zu wählen, was dann auch geschah. &bdquo;Das fand ich sehr in Ordnung, so ist die SPD weiter gut vertreten", sagt der erfahrene Ratsherr. Den stellvertretenden Vorsitz beim Staatsbad-Aufsichtsrat übernimmt Dr. Eckhard Schreiber-Weber von den Grünen. Tolkemitt erhofft sich aus der Tatsache, dass alle drei Aufsichtsräte erstmals in der Geschichte der Stadt nahezu identisch besetzt sind, in erster Linie &bdquo;mehr Einigkeit". Dazu sind zwei Fachausschüsse des Rates auf die Themen von Staatsbad und Stadtwerke neu zugeschnitten worden. So gibt es künftig Gremien für &bdquo;Tourismus, Gesundheit und Kultur" sowie für &bdquo;Verkehr, Umwelt und Klima".

Neuer Staatsbad-Chef gesucht

Thema in der konstituierenden Sitzung des Staatsbad-Aufsichtsrats war zudem die Nachfolge des nach Grömitz an der Ostsee wechselnden Kurdirektors Stefan Krieger (wir berichteten). Die Position des Geschäftsführers der Staatsbad GmbH soll möglichst zum 1. Juli 2021 neu besetzt werden. Gesucht werde ein Fachmann für die Bereiche Tourismus und Gesundheit, der auch etwas von Kulturangelegenheiten verstehe, so Tolkemitt. Die Ausschreibung der Stelle und die anschließende Bewerberauswahl soll eine externe Personalagentur mit begleiten. In der Zwischenzeit führt WBS- und Stadtwerke-Chef Volker Stammer auch die Geschäfte des Staatsbades.

Corona prägt 2020

Neben diesen Personalien war auch die Geschäftsentwicklung der städtischen Töchter ein Thema in den Aufsichtsratssitzungen. Von dem Corona-Lockdown im Frühjahr und am Jahresende ist besonders das Staatsbad negativ betroffen. Es wird 2020 laut einer aktuellen Prognose mit einem Rekorddefizit von knapp 6 Millionen Euro abschließen. Für 2021 wird mit einem Minus von 4,9 Millionen Euro kalkuliert. Wobei Stand heute niemand genau sagen kann, wann und wie schnell sich der Tourismus und die Reha-Zahlen erholen. &bdquo;Allerdings hoffen wir für 2021 auf einen Nachholeffekt. Dieser war in Bad Salzuflen bereits in den vergangenen Sommermonaten zu spüren", sagt der Bürgermeister. Die Stadtwerke planen für 2021 mit einem Gewinn von knapp 4 Millionen Euro. Darin eingeschlossen ist ein Verlust von 1 Million Euro für den Betrieb des Bega-Bades und des Hallenbades Lohfeld.

Gespräche mit möglichem Investor

Wie berichtet, hat sich nach der europaweiten Ausschreibung der Parkstraßen-Immobilie Fürstenhof und des Grundstücks der ehemaligen Klinik am Kurpark ein potenzieller Investor gemeldet. Mit ihm sollen jetzt Gespräche geführt werden, sagt Tolkemitt. Weitere Details könnten zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens nicht genannt werden. In der europaweiten Ausschreibung zum Grundstück der Klinik am Kurpark hieß es wörtlich: &bdquo;Der Kaufvertrag sieht die Verpflichtung zum Bau und Betrieb eines Beherbergungsbetriebes mit mindestens 120 Übernachtungseinheiten, mindestens 3-Sternen nach DEHOGA/DTV-Klassifizierung (oder vergleichbar) und Gastronomie mit (auch) externem Zugang vor." Zum Fürstenhof hieß es in der Ausschreibung: &bdquo;Der Kaufvertrag sieht die Verpflichtung zum Bau und Betrieb einer medizinisch-therapeutischen Einrichtung (zum Beispiel Klinik, Ärztehaus) vor. Dabei ist die Erhaltung und Sanierung der Bausubstanz möglich, aber nicht zwingend. Denkmalschutz besteht nicht." Die Stadt ließ die 2007 außer Betrieb genommene Klinik am Kurpark 2014 abreißen. Und auch das benachbarte ehemalige Grandhotel Fürstenhof steht seit Jahren leer.

Das &bdquo;Wir" ist entscheidend Kommentar von Thomas Reineke

Der neue Bürgermeister hat sein Amt mit sehr konkreten Vorstellungen angetreten: Er will den &bdquo;Konzern Stadt" enger führen. Stadt, Stadtwerke und Staatsbad sollen an einem Strang ziehen. Das war in der jüngeren Vergangenheit nicht immer so. Insbesondere das Verhältnis der Spitzen von Staatsbad und Stadt war einigen Belastungsproben ausgesetzt. Und auch Mitglieder der Aufsichtsräte zeigten – je nach politischer Fasson – gerne mal mit dem Finger auf das jeweils andere Kontrollgremium. Der Ansatz, diese Reibereien durch nahezu personenidentische Aufsichtsräte in Zukunft zu unterbinden, verspricht mehr Einigkeit im Sinne der Stadt. Eine Garantie für den Erfolg ist sie aber nicht. Dieser hängt von vielen weiteren Faktoren ab, die die Stadt teilweise kaum beeinflussen kann. Beispielsweise wie sich die Tourismus-Branche 2021 entwickelt. Wobei der vergangene Sommer ein Hoffnungsschimmer war: Als die Corona-Zahlen heruntergingen, war Bad Salzuflen als Reiseziel zwischenzeitlich stärker gefragt als vor der Pandemie. Dass der neue Bürgermeister jetzt eine Machtfülle anhäuft, um allein zu regieren, ist ausgeschlossen. Er braucht für die Durchsetzung seiner Pläne immer eine politische Mehrheit – ob im Rat oder in den Aufsichtsräten. Die ist im Moment Schwarz-Grün, das muss aber nicht auf ewig so bleiben.

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